Koordinator des Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums „Als Autos die Straßen eroberten, hatte die Feuerwehr noch Experten für Pferdekutschen“

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Konkrete Pläne

Und woran scheitern Sie?
Technisch wäre das längst machbar. Aber auch da klemmt es wieder beim Rechtlichen. Denn autonom agierende Drohnen, sind bisher auch nicht zugelassen. Wir versuchen nun, die Technologie trotzdem zur Einsatzreife zu bringen. Zum Beispiel, indem wir zusätzliche Ortungs- und Kommunikationstechniken nutzen, wie etwa eine Peilung über das LTE-Funknetz. Dazu kommen zusätzliche automatische Warnungen an die übrigen Luftfahrzeuge in der Umgebung. Das testen wir am Deutschen Rettungsrobotik-Zentrum, das gerade hier in Dortmund auf einem alten Industriegelänge entsteht. 

Was konkret planen sie da?
Ziel ist, im Verbund mit vielen Partnern aus Forschung und Industrie den Einsatz von Robotersystemen bei der Gefahrenabwehr in menschenfeindlichen Umgebungen voran zu bringen. Wir konzentrieren uns auf vier große Szenarien: Feuer, Einsturz und Verschüttung, Erkennung von Gefahrstoffen und Hochwasser. Auf unserem Versuchsgelände bauen wir ein sogenanntes „Living Lab“ auf, also ein Labor, auf dem wir den Robotereinsatz in realistischen Testumgebungen prüfen können.

Was unterscheidet denn die Anforderungen der Feuerwehr beim Einsatz von Drohnen von denen professioneller Drohnenpiloten?
Zunächst einmal profitieren wir enorm davon, dass die Technik durch den zivilen Einsatz in kurzer Zeit so viel leistungsfähiger und zugleich so viel günstiger geworden ist. Zudem sind die Innovationszyklen viel kürzer als in unserer Rettungswelt. Allein bis eine Norm für ein Löschfahrzeug überarbeitet ist, braucht es oft Jahre. Also müssen wir schauen, dass wir das, was von der Industrie kommt, an unseren Bedarf anpassen. Im Fall der Drohnen haben wir kürzlich erlebt, wie die zivile Technik an Grenzen stieß. Bei den Wald- und Flächenbränden im April an der deutsch-niederländischen Grenze hatten Kollegen eine Drohne zur Luftaufklärung im Einsatz. Die lieferte zwar Luftbilder, aber die Positionsbestimmung anhand der hinterlegten Karten versagte, weil der Boden keine Konturen mehr zeigte, sondern einheitlich schwarz verbrannt war. Solche speziellen Probleme beispielsweise wollen wir mit unseren Projektpartnern am DRZ lösen. 

Finden Sie überhaupt das Personal, das Sie für die digitale Zukunft der Rettung brauchen? Bisher hatte man ohne handwerkliche Ausbildung oder ein Chemie-, Physik oder Maschinenbaustudium doch kaum Chancen eine Stelle bei der Feuerwehr zu bekommen.
Die Zeiten sind vorbei, dass wir nur solche Berufe gesucht haben. Inzwischen schauen wir viel breiter und stellen, neben den traditionellen Qualifikationen, auch Menschen mit ganz anderen Ausbildungen ein – vom Kaufmann bis zur Informatikerin. Das hilft uns, für die Zukunftsaufgaben fit zu werden. Aber es ist ein langwieriger Prozess.

Wagen Sie mal eine Prognose: Wann werden denn autonome Rettungsgeräte – Drohnen oder Roboter – bei deutschen Feuerwehren zur Ausrüstung gehören, wie heute Leitern oder Strahlrohre?
Sicher nicht, bis ich in acht Jahren in Ruhestand gehe. Aber ich denke auch gar nicht, dass es das Ziel sein muss, dass jede Feuerwehrfrau und jeder Feuerwehrmann mit digitalen Assistenten arbeitet. Und erst recht nicht, dass die Maschinen die Menschen in der Rettung ersetzen. Wichtiger ist, dass wir die anspruchsvolle Technik grundsätzlich für die Feuerwehren erschließen und sie etwa in spezialisierten Einheiten verfügbar machen. So wie das heute beispielsweise schon bei den Teams der Analytischen Taskforce ATF für Chemieeinsätze der Fall ist.

Was machen die?
Die gibt es bundesweit an mehreren Berufsfeuerwehren mit speziellem Gerät und besonders geschulten Einsatzkräften. Die werden dann etwa bei Chemieunfällen gerufen. Genau sowas stelle ich mich auch in der Rettungsrobotik vor: Ein bundesweites Netz von Expertinnen und Experten, die eine Robotik-Taskforce bilden und die jede Feuerwehr anfordern kann, wenn sie besonderes autonomes Rettungsgerät braucht. Sowas würde ich in den kommenden Jahren gerne noch als aktiver Feuerwehrmann erleben.

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