
Für die meisten Menschen sind Kühlschrankmagneten nur jene bunten Mitbringsel aus dem Urlaub, mit denen sie Postkarten und Einkaufszettel an die Tür ihres Eisschranks heften. Für Alessandro Pastore aber sind sie eine Innovation, die die Welt verändern soll.
Der Chef des britischen Startups Camfridge will eine gänzlich neue Kühltechnik etablieren. Sie ist deutlich effizienter als die gängigen Kompressoren, die seit 180 Jahren in Kühlschränken verbaut werden und die sich technisch kaum noch optimieren lassen. Die Schlüsselrolle spielt dabei ein Magnet. Das klingt nach Esoterik – doch dahinter stecken wegweisende Durchbrüche in Physik und Materialforschung.
Pastore ist alles andere als ein Spinner. Inzwischen ist der Mittvierziger so etwas wie ein Star der Branche. Hausgerätehersteller wie der US-Konzern Whirlpool testen seine Technik bereits in ihren Geräten.





Neues Verfahren
Mit einem Prototyp präsentiert der Gründer derzeit auf Messen und Kongressen sein neues Verfahren. Von außen sieht das Gerät aus wie jeder andere Kühlschrank auch. Die Innovation verbirgt sich auf seiner Rückseite: Wo sonst ein Kompressor und ein Gitter aus feinen Rohren sitzen, durch die ein chemisches Kältemittel fließt, ist bei Pastores Froster ein Magnet montiert. Der ähnelt in Größe und Form einem halbierten Gugelhupf-Kuchen. In seiner Mitte dreht sich ein kleiner Rotor aus einem Spezialmaterial, der dank eines physikalischen Effekts Kälte erzeugt.
Die neue Magnettechnik hat mehrere bahnbrechende Vorteile: Sie macht Kühlschränke sehr effizient – ihr Stromverbrauch unterbietet künftig die heute sparsamste Effizienzklasse A+++ noch einmal um 20 Prozent. „Es wird eine A++++-Kategorie geben“, ist Pastore überzeugt.
Zudem kommt die innovative Technik ganz ohne herkömmliche Kältemittel wie etwa fluorierte Kohlenwasserstoffe aus. Die greifen die Ozonschicht an und tragen zur Erderwärmung bei, wenn sie in die Atmosphäre gelangen.
Obendrein funktionieren die Geräte geräuschlos, da sie ohne brummenden Kompressor auskommen. Sogar ganz neue Bauformen – etwa Kommoden mit kalten und warmen Schubladen – werden möglich.
Wie sich der Energiebedarf für Kältetechnik in Deutschland aufteilt
Der Jahresverbrauch an Primärenergie für Kältetechnik beträgt 85 Terawattstunden (TWh).
(Quelle: VDMA, Stand: 2009)
Sechs Prozent der 85 Terrawattstunden Energiebedarf für Kältetechnik werden im Gewerbe benötigt.
Die deutsche Industrie (ohne Nahrungsmittelindustrie) verbraucht zwölf Prozent der jährlich für Kühltechnik in Deutschland gebrauchten Primärenergie.
Klimaanlagen sind Stromfresser: Nach den Kühl- und Gefrierschränken bilden sie die nach dem Stromverbrauch zweitgrößte Gruppe der Kühltechnik-Geräte. 27 Prozent machen Klimaanlagen vom jährlichen Gesamtverbrauch in der Kältetechnik aus. Zusammen mit den Kühl- und Gefrierschränken verbrauchen Klimaanlagen knapp über die Hälfte der Primärenergie, die im Jahr für Kühltechnik in Deutschland genutzt wird.
Kühl- und Gefrierschränke machen mit 28 Prozent des gesamten Primärenergieverbauchs in der Kältetechnik den größten Einzelposten aus. Das heißt, 28 Prozent der 85 Terawattstunden, die in Deutschland in der Kältetechnik im Jahr verbraucht werden, fallen auf Kühl- und Gefrierschränke zurück.
Auch energieintensiv: Nahrungsmittelherstellung. Immerhin acht Prozent des Jahresverbrauchs an Primärenergie in der Kältetechnik entsteht durch die Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln.
Supermarktkühltheken verbrauchen im Jahr in Deutschland etwas über acht Terawattstunden. Das sind zehn Prozent des Gesamtprimärenergiebedarfs für Kältetechnik in Deutschland im Jahr.
Wärmepumpen tauchen auch in der Statistik über den Verbrauch von Energie für Kühltechnik auf. Drei Prozent der Primärenergie in dieser Sparte werden für die Nutzung von Wärmepumpen gebraucht.
"Sonstige Geräte" verbrauchen weitere sechs Prozent des jährlichen Gesamtprimärenergiebedarfs in der Kühltechnik.
Gewaltiges Umsatzpotenzial
Das Umsatzpotenzial der neuen Technik ist gewaltig: Der Weltmarkt für Klimaanlagen umfasste 2011 immerhin 88 Milliarden Dollar, hat das britische Beratungsunternehmen BSRIA errechnet. Allein deutsche Verbraucher kauften ein Jahr zuvor Kühlgeräte im Wert von rund 1,4 Milliarden Euro, ermittelte der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie.
Der milliardenschweren Branche steht nun eine Zeit der Innovationen bevor. Denn inzwischen haben fast alle großen Hausgerätehersteller das Potenzial der Technik erkannt und testen sie in ihren Laboren – darunter Weltmarktführer Haier aus China oder der japanische Elektronikkonzern Toshiba. Mehr als 40 Prototypen haben Branchenexperten gezählt.
Und in ersten Nischenprodukten sind Magnetaggregate sogar schon im Realeinsatz: Das US-Technologieunternehmen Astronautics etwa konstruiert magnetische Klimaanlagen für amerikanische U-Boote.