Wenn auf den knappen und dicht bebauten Küstenregionen Japans kein Platz mehr für Solarzellen ist, warum installieren wir sie dann nicht auf dem Wasser? Die Idee leuchtete den Ingenieuren des japanischen Technologiekonzerns Kyocera ein, und so schwimmen seit Kurzem schimmernde Siliziumscheiben auf einem Bewässerungsteich für Reisfelder nahe der japanischen Stadt Kasai. Die weltgrößte Anlage dieser Art mit 9100 Zellen – jede nur einen halben Millimeter dick – bedeckt die Fläche von rund zwei Fußballfeldern. Sie liefert 2,7 Megawattstunden Strom pro Jahr, genug für 820 Haushalte. Und sie hat Vorbildcharakter: Ein sechs Mal größeres Kraftwerk entsteht gerade auf dem Yamakura-Stausee südöstlich von Tokio.
Beiden gemein sind zahlreiche Vorteile gegenüber vergleichbaren Anlagen an Land. Sie erzeugen fast 60 Prozent mehr Strom, weil das Wasser die Fotovoltaikzellen kühlt. Zudem dringt weniger Licht ins Wasser, dadurch wachsen Algen langsamer, die sich sonst bei Hitze rasch vermehren. Weil zugleich weniger des kostbaren Nass verdunstet, eignen sich die Kraftwerke für Länder wie Japan, in denen Grund und Boden teurer sind, aber auch für von Dürren geplagte Gebiete wie Kalifornien oder Afrika. Und schließlich lassen sich die schwimmenden Stromlieferanten aus dem Kunststoff Polyethylen am Ende ihrer Lebenszeit vollständig wiederverwenden.
Nutzungsdauer von Elektrogeräten
Das Umweltbundesamt untersucht in Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut und der Universität Bonn, wie lange Elektro- und Elektronikgeräte genutzt werden. Außerdem wird erhoben, wann die Geräte das erste Mal Defekte aufweisen und warum sie ausgetauscht werden. Erste Zwischenergebnisse wurden am 1. März 2015 vorgestellt, die Studie soll bis Ende 2015 abgeschlossen sein.
Schneller, größer, mehr Funktionen: Besonders bei TV-Geräten ist die Bereitschaft der Verbraucher hoch, nach kurzer Zeit ein neues anzuschaffen - auch, wenn es der alte noch tut. Im Jahr 2012 wurden mehr als 60 Prozent der noch funktionstüchtigen Flachbildfernseher durch ein besseres Gerät ersetzt. Nur ein Viertel der Neukäufe wurde getätigt, weil das alte Gerät kaputt war. Durchschnittlich waren die ausgetauschten Fernseher 2012 gerade einmal 5,6 Jahre alt. Zum Vergleich: Der gute alte Röhrenfernseher brachte es im Schnitt auf zehn bis zwölf Jahre Nutzungsdauer.
Hierzu zählen etwa Waschmaschine, Trockner oder Kühlschrank. Die durchschnittliche "Erst-Nutzungsdauer" hat sich im Untersuchungszeitraum 2004 bis 2012 um ein Jahr verkürzt: Im Schnitt sind die Produkte ab Kauf 13 Jahre im Einsatz. Ein Drittel der Geräte war zum Zeitpunkt des Ersatzkaufs noch funktionstüchtig. Die Verbraucher trieb vor allem der Wunsch nach einem besseren Gerät an. Zugleich hat sich aber auch der Anteil der Geräte, die wegen eines Defekts schon innerhalb von fünf Jahren ersetzt werden mussten, mehr als verdoppelt: Von 3,5 auf 8,3 Prozent.
Die tragbaren Computer stellen eine Ausnahme dar. Ihre "Erst-Nutzungsdauer" blieb über die Jahre nahezu konstant. Im Schnitt ist ein Laptop fünf bis sechs Jahre im Einsatz. Die Gründe für den Neukauf haben sich aber trotzdem gewandelt: Während im Jahr 2004 noch 70 Prozent der funktionsfähigen Notebooks wegen einer technischen Neuerung ausgetauscht wurden, war der Wunsch nach einem besseren Gerät 2012/13 nur noch bei einem Viertel ausschlaggebend. Technische Defekte hingegen waren für ein Viertel der Neukäufe verantwortlich.
Die außergewöhnlichen Wasser-Kraftwerke entsprechen genau dem Geschmack ihrer Erfinder von Kyocera: Denn wie weltweit kein anderes Unternehmen konzentriert sich der japanische Technologiekonzern – der Name ist die Abkürzung von Kyoto Ceramic – darauf, Produkte zu entwickeln, die sich möglichst nachhaltig produzieren lassen. Der Chemiker Kazuo Inamori gründete Kyocera 1959 mit dem Ziel, faire Geschäfte im Einklang mit der Natur zu machen. Er versucht so, all jene zu widerlegen, die glauben, ökonomischer Erfolg und ökologische Rendite widersprächen sich. Mit welchen Techniken schaffen die Japaner ihr Ökowunder?
Für ein produzierendes Unternehmen ist der Umweltschutz verblüffend tief in den Abläufen verankert. So verfolgt das Management das Ziel, die relativ zur Produktion eingesetzte Energie pro Jahr um ein Prozent zu verringern. „Unser Brainstorming für neue Produkte beginnt immer damit, dass sie der Gesellschaft etwas bringen müssen“, erklärt Entwicklungschef Katsuhiko Onitsuka. „Erst danach prüfen wir, ob die Geschäftsidee funktionieren und Gewinn einbringen kann.“ Das ist eine ganz andere Denkweise als in vielen westlichen Unternehmen, in denen die Entwickler erst nachträglich überlegen, wie sie negative Auswirkungen eines Produktes auf die Umwelt minimieren.
„In Japan müssen Sachen traditionell lange halten“, erklärt Konzernchef Goro Yamaguchi, der über 230 Firmen, knapp 70 000 Mitarbeiter und fast elf Milliarden Euro Umsatz wacht. „Wir vermeiden Ressourcenverschwendung, auch wenn Investitionen in Umweltschutz nicht sofort Gewinn abwerfen; einige kaufen unsere Produkte nur deshalb.“
So entstand die Idee, Bürodrucker so weit wie möglich zu schrumpfen, um Material und Platz zu sparen. In den Regalen der Elektronikläden unterscheiden sich die sichtbar kleineren Geräte dann von der Konkurrenz und fallen so auf – was wiederum gut für den Absatz ist.
Geduld schafft Gewinn
Kyocera-Manager handeln extrem langfristig: Schon 1975 begannen die Ingenieure, Solarzellen zu verbessern. „Damals versorgten sie nur Verkehrssignale und Telefonzellen in den Bergen“, erinnert sich Nobuo Kitamura, Chef der Solarsparte, an die Anfänge. Der Frühstart machte sich später bezahlt: 1998 wurde Kyocera weltgrößter Hersteller von Fotovoltaikanlagen. Heute liegt der Konzern auf Platz zehn, aber technisch blieb er führend: Im Vorjahr steigerten seine Entwickler den Effizienzrekord für den gängigsten Typ von Solarzellen auf 18,6 Prozent.
Auch das Beispiel des schwierigen Werkstoffs Keramik zeigt, wie konsequent das Management den Umweltgedanken verfolgt: Bei der Verarbeitung gehen nur 0,5 Prozent des Materials verloren. Beim Mahlen, Erhitzen, Sintern, Pressen oder Formen achten die Techniker auf den Energieverbrauch und vermeiden problematische Chemikalien. In der Produktion genutztes Wasser wird gereinigt und ist anschließend zehn Mal sauberer, als es das Gesetz verlangt. Im Abwasserteich in einer südjapanischen Fabrik leben Glühwürmchen, die empfindlich auf Verunreinigungen reagieren. Neben diesen freuen sich auch sensible Investoren: Die Aktie ist in vielen Nachhaltigkeitsfonds enthalten.
Die Produkte selbst helfen, die Natur zu entlasten. Keramikfilter aus dem Material vertragen hohe Temperaturen in der Müllverbrennung, es bleiben weniger Rückstände in den Abgasen. Festoxidbrennstoffzellen für Erdgas erlauben die Stromproduktion zu Hause. Messer und Zerspanungsbohrer aus Keramik halten länger und lassen sich nach Gebrauch noch bei der Zementherstellung recyceln. Piezoelektrische Elemente, die beim Anlegen elektrischer Spannung ihre Form verändern, optimieren die Spriteinspritzung in Motoren und senken Benzin- und Dieselverbrauch.
Die Autobranche betrachtet das Management als wichtigstes Wachstumsfeld und hat dazu vergangenes Jahr eine eigene Sparte gebildet. „Bereits heute fährt kein Auto ohne Kyocera-Teil“, sagt Firmenchef Yamaguchi. So lassen keramische Glühkerzen der Japaner Dieselautos im Winter schneller anspringen. Und LED-Leuchten im Scheinwerfer sorgen für mehr Licht auf der Fahrbahn.
Dabei schonen sie auch noch die Umwelt, weil sie deutlich weniger Energie benötigen als konventionelle Glühlampen.
Auch an der Automatisierung des Fahrens arbeiten die Entwickler, was die Verkehrssicherheit drastisch erhöhen soll. Kameramodule helfen den Robo-Autos, sich auf der Straße zu orientieren und Gefahren zu erkennen. In diesem Bereich arbeitet Kyocera mit dem deutschen Zulieferer Bosch zusammen.
Bleibt die Frage, ob sich der Drang zum Musterknabentum rechnet? „Wir fragen uns nicht zuerst, wie wir mehr Geld machen können, sondern was wichtig für die Menschen ist“, sagt Konzernchef Yamaguchi. Er wolle als Geschäftsmann natürlich auch Gewinn machen. „Aber wir verfolgen Profit nicht kurzfristig.“ Was nicht heißt, dass langfristig nichts verdient wird. „Wir haben in 55 Jahren immer schwarze Zahlen geschrieben“, sagt Yamaguchi, „selbst in der Finanzkrise.“