Landwirtschaft Angriff der Krabbelkrieger

Schädlinge können ganze Ernten vernichten. Um sie zu bekämpfen, entwickelten die Agrarkonzerne bisher vor allem chemische Spritzmittel. Doch jetzt haben sie neue Verbündete für sich entdeckt: Marienkäfer, Tigerfliegen und Raubwanzen.

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Schlupfwespe: Terminator. Bekämpft erfolgreich Fliegen und ist dabei noch günstiger als chemische Spritzmittel. Quelle: Fotolia

Wir haben uns schon lange daran gewöhnt: Mitten im Winter gibt es frische Paprika, Tomaten und Gurken, die Gemüse- und Obsttheken in den Supermärkten sind gut gefüllt. Von Holland bis nach Spanien sind dafür riesige Treibhäuser entstanden, in denen das Grünzeug reift. Doch nicht nur der Mensch freut sich über Auberginen oder Erdbeeren im Januar – auch für Blattläuse, Spinnmilben oder Fadenwürmer sind sie ein gefundenes Fressen. Unternimmt der Bauer nichts, zerstören sie ganze Ernten.

Nun wollen die Verbraucher aber nicht nur knackiges Gemüse zu jeder Jahreszeit, sondern auch Karotten, Spinat und Salatköpfe, die möglichst frei von Schadstoffen sind. Doch Schädlinge nur mit herkömmlichen, chemischen Pflanzenschutzmitteln zu bekämpfen wird angesichts strengerer Grenzwerte und wachsender Widerstandskraft der Tiere immer schwieriger.

Diese Lebensmittel sollten Sie besser Bio kaufen
Saftig, knackig, gesund? Obacht, meint die Umweltorganisation Greenpeace, denn frisches Obst und Gemüse enthält nicht nur viele Vitamine, Ballast- und Mineralstoffe, sondern bringt auch unerwünschte Substanzen auf den Tisch. Das ergab eine aktuelle Auswertung von mehr als 22.000 Proben der deutschen Lebensmittelüberwachung aus den Jahren 2009 und 2010. Die Ergebnisse, in einem Einkaufsratgeber für Obst und Gemüse zusammengefasst, sind nicht immer appetitlich... Quelle: AP
PaprikaAuch wenn momentan darüber diskutiert wird, dass Bio-Lebensmittel nur wenig gesünder als konventionelles Essen sind: Sicher ist, dass sie bei der Belastung mit Pestiziden deutlich besser abschneiden. Die Auswertung von Greenpeace hat ergeben, dass vor allem Paprika aus der Türkei die gesundheitlich bedenklichen Konzentrationen besonders häufig überschreitet. Über 20 Pestizide fanden die Experten in dem Gemüse. Das Online-Magazin „Utopia“ berichtet davon, dass beim Paprikaanbau oft die gefährliche Chemikalie Ethephon verwendet wird, um das Gemüse schneller einzufärben. Im menschlichen Körper soll Ethephon wie ein Nervengift wirken. Quelle: dpa
TafeltraubenAuch Tafeltrauben aus der Türkei enthalten im Schnitt zu viele Pestizide. Darauf weist neben Greenpeace auch das Bundesamt für Verbraucherschutz hin. Nicht selten lassen sich Spuren von zehn Pestiziden in den Trauben nachweisen. Bei Tafeltrauben aus Deutschland sind es im Schnitt weniger als fünf. Quelle: dpa
BirnenUnd auch in Birnen, die aus der Türkei importiert werden, finden sich Substanzen, die den Umweltschützern Sorgenfalten auf die Stirn treiben. In ihrer Analyse konnten die Greenpeace-Experten im Schnitt zehn Pestizide finden. Quelle: ZB
GrünkohlAuch wenn das Wintergemüse Grünkohl nicht jedermanns Sache ist: spätestens wenn man sich die Belastungen mit Pestiziden ansieht, kann einem der Appetit vergehen, denn häufig werden die gesetzlichen Höchstmengen für Pflanzenschutzmittelrückstände überschritten. Quelle: dpa
WeinblätterOb türkisch, griechisch oder orientalisch: Weinblätter bereichern die mediterrane Küche. Allerdings sind auch sie besser mit Vorsicht zu genießen. Darauf weist die Zeitschrift „Ökotest“ hin. Das Fazit ihrer Untersuchung: Häufig lauern in den grünen Blättern so viel chemische Stoffe, dass sie den unbeschwerten Genuss völlig verderben. Die Zeitschrift sprach ein vielen Fällen sogar eine Nicht-Kauf-Empfehlung aus. Wer trotzdem darauf zurückgreifen möchte, sollte es auf jeden Fall Bio kaufen. Quelle: dpa
Kirschen Hohe Rückstände von Pflanzenschutzmitteln tauchen regelmäßig auch in Süß- und Sauerkirschen auf. Von Kirschen aus konventionellem Anbau sollte man lieber die Finger lassen und sie statt dessen aus Nachbars Garten oder vom Biomarkt naschen. Quelle: gms

Was tun? Die großen Anbieter von Pflanzenschutzmitteln wie BASF, Bayer und Syngenta besinnen sich auf eine alte Kriegslist: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

Und so züchtet die lange für ihre chemischen Keulen gescholtene Branche nun immer öfter selbst Insekten, die den Schädlingen den Garaus machen sollen: Marienkäfer, die lästige Blattläuse auf Tomatenpflanzen vertilgen, Tigerfliegen, die gefräßige Heuschrecken jagen, und Raubmilben, die Weiße Fliegen verspeisen, die Kohlpflanzen verschimmeln lassen.

Dabei wollen sie die chemischen Spritzmittel nicht ersetzen, ganz im Gegenteil. „Beide Ansätze gehören zusammen“, versichert Melvin Fidgett, Chef der britischen Zentrale von Syngenta Bioline. Die Tochter des Agrarriesen züchtet eine Vielzahl nützlicher Insekten und Spinnentiere.

Dabei haben die Konzerne den biologischen Pflanzenschutz lange nicht ernst genommen. Zu teuer und zu wenig wirksam erschienen den Managern dort die Produkte. Doch seit konventionell wirtschaftende Landwirte sie verstärkt nachfragen, gehen die Umsätze massiv nach oben. So erlösten die Anbieter der Nützlinge 2011 in der Europäischen Union nach Auskunft des Branchenverbandes International Biocontrol Manufacturers Association rund 200 Millionen US-Dollar, vier Mal so viel wie 2000.

Der Umsatz mit biologischen Pflanzenschutzmitteln, wie nützlichen Insekten, hat kräftig zugelegt. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Daneben zählen Mikroorganismen zum Arsenal wie Bakterien, die Schädlinge bekämpfen. Damit machen die Anbieter EU-weit weitere 70 Millionen US-Dollar Umsatz. Hinzu kommen Sexuallockstoffe, die Insekten von der Paarung abhalten.

Zwar ist der Anteil des biologischen Pflanzenschutzes am Gesamtmarkt von 7,5 Milliarden Euro in der EU noch bescheiden. „Doch das Segment wächst viel schneller als der Rest der Branche“, sagt Bayer-Manager Peter Lüth. Folglich haben die Agrarriesen in den vergangenen zwei Jahren reihenweise kleinere innovative Anbieter übernommen. So auch Lüths 2013 von Bayer übernommenes Unternehmen Prophyta auf der Ostseeinsel Poel.

Handfeste Gründe

Goldschildfliege ist Insekt des Jahres 2014
2014: GoldschildfliegeDie Goldschildfliege ist das Insekt des Jahres 2014. Ausgewählt wurde die Fliege von einem Kuratorium, dem namhafte Insektenkundler angehören. „Wir haben die Goldschildfliege genommen, weil sie als schillerndes Insekt aus den mehreren tausend Fliegenarten herausragt und recht selten ist“, erklärte Kuratoriumssprecher Wohlert Wohlers vom Julius-Kühn-Institut. Männliche Goldschildfliegen haben rote Augen, einen golden schimmernden Rücken und orangefarbene Flügel. Mit einem Zentimeter Körperlänge und mehr als zwei Zentimetern Flügelspannweite seien die Tiere zudem relativ groß. „Das ist ein richtiger Prachtbrummer, wenn sie die Fliege einmal zu Gesicht bekommen“, sagte Wohlers. Die weiblichen Tiere sind nicht so prächtig gefärbt, aber auch sie haben die markanten roten Augen. Die Goldschildfliege (Phasia aurigera) lebt an sonnigen Waldrändern, wo sie sich von Blütennektar ernährt. Die bunten Brummer legen ihre Eier in lebende Wanzen. Die Larven ernähren sich zunächst von der Körperflüssigkeit und Fettzellen ihrer Wirtstiere, bevor sie auch die inneren Organe aufzehren und sie damit töten. Wo die Fliegenlarven sich später verpuppen und überwintern, ist nicht bekannt. Der Lebenszyklus ist noch nicht völlig erforscht.Quelle: Joachim Ziegler, Museum für Naturkunde Berlin Quelle: PR
2013: Die Gebänderte FlussköcherfliegeDie Gebänderte Flussköcherfliege ist das Insekt des Jahres 2013. Köcherfliegen sind unscheinbare, graubraune Insekten, die sich tagsüber in Moos und Totholz verbergen, auch unter Blättern ufernaher Pflanzen. Gegen Abend tanzen sie am Wasser in Schwärmen und werden dann häufig mit Mücken verwechselt. Faszinierend sind ihre Larven, denn sie leben im Wasser und viele bauen sich einen Köcher - daher der Name. Der Köcher ist eine Schutzhülle, die aus Sandkörnern oder Pflanzenstängeln zusammen geklebt wird, aus der nur der Kopf der Larve und die sechs Beine herausschauen.Quelle: Brigitta Eiseler, Roetgen Quelle: PR
2012: Hirschkäfer2012 entschieden sich die Kuratoren für einen der bekanntesten Käfer, der gleichzeitig vom Aussterben bedroht ist. Sie sind bis zu neuen Zentimetern groß und die größten Käfer in Mitteleuropa überhaupt. Nur die Männchen haben die gewaltigen, großen Geweihe, mit denen sie miteinander kämpfen. Die etwas kleineren Weibchen kann man aufgrund ihrer Größe von sechs Zentimetern trotzdem sofort als Hirschkäfer erkennen. Mit den riesigen, drei Zentimeter langen Oberkiefern nehmen die Männchen keine Nahrung auf. Nur bei Rivalenkämpfen und zum Festhalten der Weibchen während der Paarung werden sie gebraucht. Die Hirschkäfer schwärmen von Mitte Juni bis Ende Juli an lauen Abenden mit lautem Brummen in Laubwäldern herum. Sie lieben besonders alte Eichen.Quelle: Ralf Bekker, Oberförsterei Elsterwerda Quelle: PR
2011: Die Große KerbameiseDas sieben bis acht Millimeter große Tier tritt nie einzeln auf und ist alleine auch gar nicht überlebensfähig, denn wie alle Ameisen bildet die Große Kerbameise Staaten, die bei ihr riesig sind mit mehreren hunderttausend Individuen. Mit der Wahl dieser Ameise will das Kuratorium Insekt des Jahres auf eine besonders geschützte Art aufmerksam machen, die gefährdet ist und deren Ameisenhaufen nicht gestört werden dürfen. Die Große Kerbameisen und alle anderen Waldameisen stechen nicht; sie haben keinen Stachel. Feinde werden mit den kräftigen, gezähnten Mundwerkzeugen gebissen. Dann wird aus einer Giftblase am Hinterleib Ameisensäure in die Wunde zu spritzen. Das wirkt wie ein Stich.Quelle: Dieter Bretz Quelle: PR
2010: Der AmeisenlöweEr ist ein Räuber, der Ameisen und andere kleine Tiere mit einer verblüffenden Methode fängt: Er baut im sandigen Boden Trichter. Wenn Beute dort hineinläuft, kommt sie nicht wieder heraus, weil sie mit dem lockeren Sand zum Trichtergrund rutscht. Dort wartet mit seinen großen Zangen der Ameisenlöwe und injiziert ein lähmendes Gift. Der Ameisenlöwe ist eine bis zu 17 Millimeter große Larve mit bräunlicher Färbung. Das erwachsene Tier ist grazil mit vier durchsichtigen, 3,5 Zentimeter langen Flügeln und heißt Ameisenjungfer. Der Ameisenlöwe ist zwar vielen bekannt, aber gesehen hat ihn kaum jemand, da er sich immer im Sand versteckt.Quelle: Johannes Gepp, Graz Quelle: PR
2009: Die gemeine BlutzikadeDer Name klingt gefährlicher als dieser Falter ist. Die Blutzikade saugt nur an Pflanzen. Der Name des neun bis elf Millimeter großen, schwarzen Tieres kommt von dem auffallend roten Muster auf den Flügeln, die dachförmig zusammengelegt werden. Sie ist wie bisher die meisten Insekten des Jahres recht häufig und soll mit ihrer schönen Färbung für Sympathie für alle Insekten werben. Die Blutzikade hat sich in den letzten Jahren nach Norden bis nach Süddänemark verbreitet. Kindern als Kuckucksspucke bezeichnet wird. Der klebrige Schaum schützt sie vor Feinden und sie trocknen nicht aus. Die Larven der Blutzikade leben unterirdisch an Wurzeln in nicht zu trockenen Magerrasen, Weiden, Waldlichtungen und Weg- und Grabenrändern, sogar in Gärten, allerdings kaum auf Mähwiesen. Blutzikaden überwintern als Larven im Boden in zehn bis 15 Zentimeter Tiefe. Anfang Mai bis Juli sind dann die rotschwarzen Tiere zu sehen.Quelle: Jürgen Rodeland Quelle: PR

Zukäufe und Forschung in dem Segment haben sich die Konzerne weit über eine Milliarde Euro kosten lassen. Für diese Investitionen in die Grüne Raubwanze, den Siebenpunkt-Marienkäfer und Co. gibt es vier handfeste Gründe.

1. Druck vom Handel

2006 geriet der Discounter Lidl in die Schlagzeiten. Greenpeace hatte publik gemacht, dass spanische Paprika in den Geschäften der Handelskette weit über die gesetzlichen Grenzwerte mit Spritzmitteln belastet waren. Die Folge waren massive Umsatzeinbußen.

„Die riesige öffentliche Diskussion damals und die Kritik am Einzelhandel haben zum Umdenken geführt“, entsinnt sich Ludger Breloh, gelernter Landwirt und Manager für den Einkauf bei der Rewe-Gruppe. Die sechs großen deutschen Handelsketten – Rewe, Edeka, Aldi, Lidl, Metro und Tengelmann – verpflichteten ihre Lieferanten daraufhin auf eigene, strengere Grenzwerte für chemische Spritzmittel. Meist dürfen die Erzeuger maximal 70 Prozent des gesetzlich festgelegten Wertes erreichen; Lidl gestattet sogar nur 30 Prozent.

„Wir haben den Erzeugern von Gurken, Tomaten und Paprika zudem ins Pflichtenheft geschrieben, neben chemischen Verfahren den biologischen Pflanzenschutz zu nutzen. So kam die Methode in den konventionellen Anbau“, berichtet Breloh. Verstöße gegen die internen Standards werden streng geahndet. Im Wiederholungsfall kündigen die Einzelhändler den Bauern die Lieferverträge.

Aber auch die andalusische Regionalregierung reagierte auf den Skandal. Zu wichtig ist der Gemüseanbau für die Region Almeria. Rund drei Millionen Tonnen Paprika, Tomaten, Zucchini und Auberginen reifen hier unter 300 Quadratkilometer Treibhausplastikplanen; eine Fläche unter der ganz München verschwinden könnte.

Marienkäfer: Blattlausschreck. Besonders gefräßige Exemplare verspeisen pro Tag mehr als 250 Blattläuse. Quelle: dpa

Riesige Werbetafeln links und rechts der Straßen informieren heute über Nützlinge, die Schädlinge fressen. Bauern werden im Umgang mit den Tierchen geschult. „Die ganze Produktion in Almeria wurde von chemischen Insektiziden auf 80 Prozent biologischen Pflanzenschutz umgestellt“, sagt der Agrarexperte Lucius Tamm, der am privaten Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau arbeitet. Tausende Marienkäfer fressen seither in den Gewächshäusern Läuse von Paprika- und Auberginenblättern; Tigerfliegen jagen Heuschrecken.

2. Mehr Treibhäuser

Ideal für den biologischen Pflanzenschutz sind Treibhäuser. „Denn auf dem Acker fliegen oder rennen die Nützlinge eher davon“, sagt Sabrina Sieger, Managerin beim niederländischen Weltmarktführer für Nützlinge, Koppert Biological Systems. In abgeschotteten Kulturen dagegen können sie nicht ausbüchsen. Deshalb lohnt ihr Einsatz gerade dort.

Analysten zufolge wird der Umsatz mit Produkten aus dem Gewächshaus bis 2016 auch darum weltweit um zehn Prozent jährlich zulegen. Bei einigen Nutzpflanzen ist der Freilandanbau bereits auf dem Rückzug. So pflücken Arbeiter in den USA bald mehr Tomaten in Treibhäusern als auf dem Feld.

Billiger als Chemie

Was steckt in unserem Essen?
Gestreckter KaffeeUm mehr Geld zu verdienen kommt es immer wieder vor, dass Hersteller ihren Kaffee strecken. Dafür mischen sie laut einer NDR-Reportage den gemahlenen Bohnen zu etwa zehn Prozent den Stoff Maltodextrin bei. Dabei handelt es sich um eine Zuckerart, die in der Lebensmittelindustrie als günstiger Füllstoff eingesetzt wird. Auch Karamell wird zum Strecken verwendet. Kunden sollten im Supermarkt bei der Aufschrift "Melange" hellhörig werden. Auch im Kleingedruckten geben die Hersteller an, ob sie das Produkt gestreckt haben. Damit gibt es keine rechtlichen Konsequenzen. Quelle: dpa
Ewig frisches FleischSeit Tagen liegt das Hackfleisch im Kühlschrank und noch immer sieht es frisch aus. Die Lebensmittelindustrie macht es möglich, indem sie einfach ein Gasgemisch mit viel Sauerstoff in die Verpackung pumpt. Dadurch bleibt das Fleisch optisch frisch. Am Geschmack lässt sich das Alter dann aber doch erkennen. Das Max-Rubner-Institut hat herausgefunden, dass derartig behandelte Ware ranzig schmeckt. Außerdem soll das Gasgemisch das Wachstum bestimmter Bakterien fördern. Quelle: dpa
Gefärbte OlivenIm Handel werden sowohl schwarze als auch grüne Oliven vertrieben. Schwarze Oliven gelten dabei als besondere Delikatesse, da sie schon reif und damit vollmundiger im Geschmack sind. Die grünen Oliven sind noch sehr jung und damit eher herb und säuerlich im Geschmack. Weil sich die schwarzen Exemplare besser verkaufen lassen, sind findige Hersteller auf die Idee gekommen, grüne Oliven einfach schwarz zu färben. Rein optisch ist es sehr schwer die echten von den gefälschten schwarzen Oliven im Glas unterscheiden zu können. Wer wissen will, welche Oliven er kauft, muss einen Blick auf die Zutatenliste werfen. Sind die Stabilisatoren Eisen-2-Gluconat oder Eisen-2-Lactat aufgelistet, handelt es sich um Trickserei. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Natürliche AromenVielen Verbrauchern ist es wichtig, dass in Produkten keine oder zumindest wenig Chemie enthalten ist. Wer aber darauf vertraut, dass in einer Erdbeermarmelade mit "natürlichen Aromen" nur Erdbeeren und Zucker enthalten sind, der kann sich täuschen. Natürliche Aromen können nämlich auch pflanzliche Öle sein, die dem Obstgeschmack nahe kommen. Quelle: dpa
PestoSo beklagt die Verbraucherorganisation Foodwatch, dass beispielsweise im Pesto Verde der Marke Bertolli (Unilever) Cashewnüsse, Pflanzenöl, Aroma und Säuerungsmittel enthalten sind. Dabei wirbt Unilever mit "original italienischer Rezeptur", "nur die besten Zutaten", "feinstes Bertolli Olivenöl" und Pinienkernen. Mehr als ein Fingerhut voll Olivenöl muss aber gar nicht drin sein und auch die teuren Pinienkernen müssen nur zu einem geringen Teil enthalten sein. Quelle: Fotolia
PuddingAuch im Pudding muss nicht drin sein, was draufsteht: So reicht es beispielsweise, wenn im Schokoladenpudding ein Prozent echtes Kakaopulver enthalten ist. Der Rest darf eine bunte Mischung aus Aromen, Zucker, Fett und Gelatine sein. Nur wenn weniger als ein Prozent Kakao - also Schokolade - im Schokopudding ist, muss das entsprechend deklariert werden. Quelle: dpa/dpaweb
FruchtsaftgetränkeAuch bei Fruchtsäften müssen Verbraucher aufmerksam sein. Nur, wenn auf der Packung "Fruchtsaft aus 100 Prozent Frucht" steht, ist tatsächlich nichts anderes drin. Die deutsche Fruchtsaftverordnung erlaubt allerdings auch die Verwendung von Fruchtsaftkonzentrat und 15 Gramm zusätzlichem Zucker pro Liter Saft. Saft aus Zitronen, Limetten, Bergamotten und schwarzen, roten oder weißen Johannisbeeren darf mehr Zucker zugesetzt werden. Beim Fruchtnektar handelt es sich dagegen um eine Mischung aus Fruchtsaft und/oder Fruchtmark, Wasser und Zucker. Der Fruchtanteil beträgt 25 bis 50 Prozent. Noch niedriger ist der Fruchtanteil bei Fruchtsaftgetränken: Bei Orangensaft liegt dieser bei sechs Prozent, bei Traubensaft und Apfelsaft bei 30 Prozent. Bei Eistees reicht es, wenn Obst auf der Packung abgebildet ist, enthalten sein muss keins. So beanstandet Foodwatch den Pfanner-Eistee "Zitrone-Physalis", in dem die Menge an Physalis ist so gering ist, dass sie nicht einmal deklariert werden muss. Im zwei-Liter-Karton sind außerdem enthalten: 44 Stück Würfelzucker, 15 Prozent gelber Tee, Aromen und E330 (Zitronensäure). Quelle: dapd

Die Vorteile der Glashäuser: Der Anbau ist kaum vom Wetter abhängig, die klimatischen Bedingungen lassen sich optimal regeln. Der Landwirt kann in sonnenverwöhnten Gegenden das ganze Jahr produzieren. „Alles wächst schneller, weil die Luft mit Kohlendioxid angereichert wird und die Pflanzen so gedüngt werden“, erklärt Felix Wäckers, Forschungschef des belgischen Nützlingsproduzenten Biobest.

Im klimatisch nicht gerade verwöhnten Berliner Umland könnte der Tomatenanbauer Havelia ohne Treibhäuser überhaupt nicht produzieren. Für ihn bedeutet der biologische Pflanzenschutz sogar eine Arbeitserleichterung: Einmal im Treibhaus angesiedelt, verrichten die Nützlinge selbstständig ihren Job. In den leeren, endlos scheinenden Hallen sind im Winter Tausende Florfliegen am Werk: Sie vertilgen verbliebene Läuse und bereiten die Flächen so auf die nächste Saison vor. „Die Tiere schuften gratis für uns“, freut sich Havelia-Controller Sebastian Schornberg. Kämen dagegen Chemikalien zum Einsatz, müssten die alle zwei Wochen von speziell ausgebildeten Arbeitern in teuren Schutzanzügen versprüht werden.

Es waren in erster Linie solch wirtschaftliche Gründe, die das Unternehmen vor sechs Jahren sukzessive auf Hummeln, Raubwanzen und Schlupfwespen umstellen ließen. Biologischer Pflanzenschutz sei schlicht billiger als Chemie, argumentiert Schornberg.

Mit dem Treibhausboom wächst nicht nur die Armada, sondern auch das Können der Nützlinge. So kommen ausgewählte Milbenarten zum Einsatz, die besonders schnell unterwegs sind – der Spitzenwert liegt bei mehr als einem Meter je Minute. So erreichen sie die Schädlinge schneller als bisher. Und die inzwischen eingesetzten Marienkäfer vertilgen mehr als 250 Läuse pro Tag.

Und auf der Messe Fruit Logistica in Berlin stellte Biobest 2013 sogar eine Art fliegende Ärzte vor, Hummeln die bei ihrer Arbeit einen Tunnel mit Sporenpuder passieren, das dann am haarigen Körper und den Beinen haftet. Diese Sporen eines Pilzes bekämpfen als Biopestizid den gefürchteten Grauschimmel bei Erdbeeren und Himbeeren, der zu schweren Ernteeinbußen führt. Beim Bestäuben bringen die Tiere die gesamte Blüte zum Vibrieren und verpassen ihr so verlässlich eine Portion Pflanzenschutz, versichert Forschungschef Felix Wäckers.

Hummel: Fliegender Doktor. Die Insekten verteilen Pilzsporen gegen den gefürchteten Grauschimmel der Erdbeere. Quelle: dpa

3. Rigide Verbote

In den Achtzigerjahren gerieten Bananen in Verruf, weil Bauern ihre Plantagen tonnenweise mit hochgiftigen Chemikalien spritzten. Diese töteten unter anderem Nematoden, Würmer, die die Wurzeln der Stauden zerfressen. Unbehandelt fielen die Bananenpflanzen beim kleinsten Windstoß um. Die meisten der damals verwendeten Spritzmittel sind heute verboten, weil sie das menschliche Nervensystem schädigen können. Neuerdings empfiehlt selbst Hersteller Bayer nur während der Wachstumsphase chemische Mittel einzusetzen, kurz vor der Ernte dagegen ein biologisches Produkt. Es enthält die Sporen eines Pilzes, der die Eier der Fadenwürmer zerstört.

Bei Tests auf den Philippinen kletterten die Erträge mit diesem Biomittel um fünf bis zehn Hektar je Staude – ohne giftige Rückstände. „Da es sehr spezifisch wirkt, ist die Gefahr von Resistenzen gering“, erklärt Bayer-Manager Lüth. Die Pilzsporen haben kürzlich in der EU eine Zulassung erhalten, um wurzelschädigende Würmer an Weinstöcken zu bekämpfen.

Das volle Potenzial ist noch lange nicht erschlossen

Die besten Insekten-Snacks
AmeisenDie kleinen Tiere eignen sich gut als Snack. In Kolumbien mögen die Menschen besonders die Blattschneiderameise, denn die schmeckt nach Speck. Wer auch in Deutschland einmal einen Ameisen-Snack probieren möchte, kann mit der Einsteiger-Variante beginnen. Zwei Schalen Ameisen aus der Biozucht auf ein eingefettetes Backblech legen und bei 150 Grad knusprig backen (etwa 30 Minuten). Gleichzeitig Schokolade im Wasserbad schmelzen, über die fertigen Ameisen gießen und auf der Arbeitsfläche aushärten lassen. Quelle: dpa
SkorpioneIn China gelten Skorpione als eine Delikatesse. Unser eins denkt bei den Tierchen eher an heruntergekommene Hotelzimmer und Schreckenserlebnisse aus dem Urlaub. Die Tiere können aber auch unser Essen verfeinern. Aber Vorsicht: Skorpione müssen speziell gezüchtet sein, damit sie vor dem Verzehr nicht mehr giftig sind. Sie schmecken angebraten im Wok besonders gut. Dazu Reis und Sojasoße. Aber auch frittiert sind die kleinen Tiere leckerer, als man erwartet. Quelle: AP
Raupen Viele kennen Raupen nur so: Klein, leicht grünlich und draußen im Wald, wo sie Blätter durchlöchern. Raupen machen aber auch auf dem Tisch eine gute Figur. Wachsmottenlarven lassen sich einfach und schnell im Backofen rösten. Anschließend können die knusprigen Raupen mit Studentenfutter gemischt werden. Die leicht nussigen Insekten passen perfekt zu Erdnüssen und Rosinen. Aber auch als Beilage zu Reis und Gemüse machen sich die Insekten gut. Zehn Stück kosten 1,60 Euro. Quelle: dpa/dpaweb
HonigbienenlarvenHonigbienen können mehr als nur Frühstücksaufstrich produzieren. Ihre weißen Baby-Maden eigenen sich perfekt als Snack für Zwischendrin. In Erdnussöl anbraten und im Anschluss in eine süßsaure Soße dippen. Oder aber als Einlage in einer klaren Gemüsesuppe. Erwachsene Bienen aber bitte nicht verspeisen. Zehn Larven können für weniger als einen Euro beim Imker oder in Angelshops erworben werden. Quelle: obs
GrillenInsekten statt Schokolade: Wer mal wieder Lust auf selbstgemachte Chocolate-Chip-Cookies hat, kann auf eine alternative Variante mit essbaren Grillen zurückgreifen. Einfach Schokoteig anrühren und anstelle von Schokostückchen geröstete Grillen unterrühren. Vorher müssen allerdings die Flügel und die Beine entfernt werden. Grillen schmecken leicht süßlich und versorgen den Körper mit Proteinen. 100 Gramm Grillen haben 12,9 Gramm Protein. Zehn Stück kosten 1,50 Euro. Quelle: dpa
MehlwürmerWer sich nach einem ungewöhnlichen Zwischensnack sehnt, sollte Mehlwürmer (ganz rechts) ausprobieren. Im Backofen können die Insekten bei 180 Grad knusprig gebraten werden. Wer nicht auf süß verzichten möchte, kann die Würmer danach in geschmolzene Vollmilchschokolade tauchen - Schokofondue der besonderen Art. Kaufen kann man die Tiere zum Beispiel in der Zoohandlung. Dort kosten zehn Stück etwa 0,25 Euro. Quelle: dpa
Larve vom Riesen-SchwarzkäferEine ganz besonderer Snack sind auch Zophobas - oder nicht ganz so kompliziert: Larven vom Riesen-Schwarzkäfer. Im Internet gibt es einige Online-Shops, auf denen kuriose Köstlichkeiten verkauft werden. Zum Beispiel Insekten-Lollis mit Zitronengeschmack, die Stefan Krauß über seinen Internethandel vertreibt. Ameisen-Lollis mit mit Bananengeschmack kann man auf trau-dich-shop.com für 2,69 Euro pro Stück erwerben. Quelle: dpa

Heute haben Bauern oft gar keine andere Wahl mehr, als biologische Pflanzenschutzmittel zu nutzen. Die Furcht vor Gesundheitsschäden wie Krebs lässt weltweit immer mehr Chemikalien vom Markt verschwinden. Vor 1991 gab es etwa 850 zugelassene Pestizidwirkstoffe auf dem europäischen Markt, heute sind es nur noch knapp 450.

4. Neue Resistenzen

Anfang der Achtzigerjahre wurden fremde Fransenflügler-Arten in den US-Bundesstaat Florida eingeschleppt. Seither bangen etwa Tomatenbauern um ihre Ernte und spritzen reichlich Chemie gegen die Blattsauger. Doch die bildeten schon nach kurzer Zeit Resistenzen gegen die Substanzen, mittlerweile helfen sie kaum noch. Biologischer Pflanzenschutz ist in solchen Fällen oft der einzige Ausweg. Bayer experimentiert daher mit der Kombination zweier Mittel auf Basis von Mikroben und Pflanzenextrakten. Mit Erfolg, immer mehr Landwirte schwenken nun auf die wenn auch in diesem Fall teurere Alternative um.

Resistenzbildung kennen viele aus der Medizin, wo Antibiotika nicht mehr gegen Keime wirken. Derselbe Effekt tritt aber auch bei chemischen Spitzmitteln und Insekten auf. Beim Einsatz nützlicher Sechs- und Achtbeiner passiert das seltener, Räuber und Beute bilden stabile Populationen.

Tomaten im Spalier: Treibhäuser sind Paradiese für Schädlinge jeder Art. Quelle: dpa

„Bio ist die Ware trotzdem nicht“, stellt Rewe-Manager Breloh klar. Denn gegen Unkräuter und Pilzkrankheiten spritzen die Arbeiter weiter Chemikalien, die den Insekten aber nicht schaden. Denn bisher gibt es zum einen nur wenige biologische Mittel gegen Pilze und so gut wie gar keine gegen unliebsames Grün. Zum anderen erhöhen chemische Dünger und Pflanzenschutzmittel die Erträge, weshalb „Biopräparate Chemikalien nie ganz verdrängen werden“, ist sich Breloh sicher.

Das volle Potenzial des biologischen Pflanzenschutzes ist aber noch lange nicht erschlossen: „Bei diesen Mitteln steckt die Forschung in den Kinderschuhen“, sagt Philipp Rosendorfer, Leiter der Pflanzenschutzforschung und -entwicklung bei BASF. „Die Qualität wird deutlich besser und die Produktvielfalt wachsen.“

Sogar die bisher wenig beliebte Gentechnik kommt dabei wieder ins Spiel. So arbeitet das britische Unternehmen Oxitec mit gentechnisch veränderten Olivenfruchtfliegen, um diesen Schädling in Olivenhainen zu dezimieren. Auch gegen diesen Schädling gibt es kaum noch wirksame chemische Mittel, da sich Resistenzen ausbreiten und ältere Produkte verboten sind.

Der Clou: Oxitec setzt massenhaft Männchen frei, deren weiblicher Nachwuchs stirbt, weil ein Gen verändert ist. Da sich die manipulierten Männchen mit wild lebenden Weibchen paaren, schrumpft die Schädlingspopulation, bis sie schließlich zusammenbricht. 2014 möchte die Firma in Europa einen ersten Freilandversuch in einem Olivenhain in Spanien starten. Noch haben die Behörden dem Freisetzungsantrag aber nicht zugestimmt.

Die Technik sei laut Oxitec besonders für Gewächshäuser, aber auch für offene Felder geeignet. Die Firma stützt sich auf Erfahrungen mit der massenhaften Freilassung veränderter Insekten auf der Insel Sansibar.

Dort konnten Forscher die Tsetsefliege komplett ausrotten. Sie überträgt die gefährliche Schlafkrankheit. Funktioniert die Methode auch in der Landwirtschaft, wären die Olivenbauern die lästigen Fruchtfliegen endgültig los.

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