Heute haben Bauern oft gar keine andere Wahl mehr, als biologische Pflanzenschutzmittel zu nutzen. Die Furcht vor Gesundheitsschäden wie Krebs lässt weltweit immer mehr Chemikalien vom Markt verschwinden. Vor 1991 gab es etwa 850 zugelassene Pestizidwirkstoffe auf dem europäischen Markt, heute sind es nur noch knapp 450.
4. Neue Resistenzen
Anfang der Achtzigerjahre wurden fremde Fransenflügler-Arten in den US-Bundesstaat Florida eingeschleppt. Seither bangen etwa Tomatenbauern um ihre Ernte und spritzen reichlich Chemie gegen die Blattsauger. Doch die bildeten schon nach kurzer Zeit Resistenzen gegen die Substanzen, mittlerweile helfen sie kaum noch. Biologischer Pflanzenschutz ist in solchen Fällen oft der einzige Ausweg. Bayer experimentiert daher mit der Kombination zweier Mittel auf Basis von Mikroben und Pflanzenextrakten. Mit Erfolg, immer mehr Landwirte schwenken nun auf die wenn auch in diesem Fall teurere Alternative um.
Resistenzbildung kennen viele aus der Medizin, wo Antibiotika nicht mehr gegen Keime wirken. Derselbe Effekt tritt aber auch bei chemischen Spitzmitteln und Insekten auf. Beim Einsatz nützlicher Sechs- und Achtbeiner passiert das seltener, Räuber und Beute bilden stabile Populationen.
„Bio ist die Ware trotzdem nicht“, stellt Rewe-Manager Breloh klar. Denn gegen Unkräuter und Pilzkrankheiten spritzen die Arbeiter weiter Chemikalien, die den Insekten aber nicht schaden. Denn bisher gibt es zum einen nur wenige biologische Mittel gegen Pilze und so gut wie gar keine gegen unliebsames Grün. Zum anderen erhöhen chemische Dünger und Pflanzenschutzmittel die Erträge, weshalb „Biopräparate Chemikalien nie ganz verdrängen werden“, ist sich Breloh sicher.
Das volle Potenzial des biologischen Pflanzenschutzes ist aber noch lange nicht erschlossen: „Bei diesen Mitteln steckt die Forschung in den Kinderschuhen“, sagt Philipp Rosendorfer, Leiter der Pflanzenschutzforschung und -entwicklung bei BASF. „Die Qualität wird deutlich besser und die Produktvielfalt wachsen.“
Sogar die bisher wenig beliebte Gentechnik kommt dabei wieder ins Spiel. So arbeitet das britische Unternehmen Oxitec mit gentechnisch veränderten Olivenfruchtfliegen, um diesen Schädling in Olivenhainen zu dezimieren. Auch gegen diesen Schädling gibt es kaum noch wirksame chemische Mittel, da sich Resistenzen ausbreiten und ältere Produkte verboten sind.
Der Clou: Oxitec setzt massenhaft Männchen frei, deren weiblicher Nachwuchs stirbt, weil ein Gen verändert ist. Da sich die manipulierten Männchen mit wild lebenden Weibchen paaren, schrumpft die Schädlingspopulation, bis sie schließlich zusammenbricht. 2014 möchte die Firma in Europa einen ersten Freilandversuch in einem Olivenhain in Spanien starten. Noch haben die Behörden dem Freisetzungsantrag aber nicht zugestimmt.
Die Technik sei laut Oxitec besonders für Gewächshäuser, aber auch für offene Felder geeignet. Die Firma stützt sich auf Erfahrungen mit der massenhaften Freilassung veränderter Insekten auf der Insel Sansibar.
Dort konnten Forscher die Tsetsefliege komplett ausrotten. Sie überträgt die gefährliche Schlafkrankheit. Funktioniert die Methode auch in der Landwirtschaft, wären die Olivenbauern die lästigen Fruchtfliegen endgültig los.