Luftfahrt Kampf gegen den Fluglärm

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Präzisere Routen für weniger Lärmbelästigung

Egon Behle, Vorstandsvorsitzender der MTU Aero Engines, will mit neuen Triebwerken nicht nur den Spritverbrauch, sondern auch den Lärm drastisch senken Quelle: dapd

Daher bauen die Planer im Rhein-Main-Gebiet Hilfssender, wie sie bereits in Bremen getestet wurden. Damit können Piloten präziser Routen wählen, auf denen sie weniger Anwohner stören. Außerdem können die Lotsen die Flugzeuge auf mehr Wege verteilen, die sich erst kurz vor der Bahn treffen. „Dieses Point Merge genannte Verfahren schafft zwar den Lärm nicht aus der Welt, aber weil es viele Routen gibt, werden alle seltener beflogen – und die Betroffenen seltener gestört“, sagt der Hamburger Flugexperte Heinrich Großbongardt.

Weitere fünf Prozent weniger Lärm bringen steilere Flugwege. Dabei landen die Maschinen in einem etwas höheren Winkel als den bisher üblichen drei Grad. Der Vorteil: Die Maschinen fliegen höher über an den Flughafen grenzende Stadtgebiete.

Den Effekt verstärkt ein ganz einfaches Mittel: Seit gut einem Monat dürfen Piloten in Frankfurt ihre Triebwerke quasi in den Leerlauf stellen und weitgehend zur Landebahn segeln. Das in der Fachsprache Continuous Descent Approach genannte Verfahren ist bis zu einem Fünftel leiser als beim heute üblichen Treppenanflug, bei dem die Flugzeuge auf jeder Stufe eine Weile geradeaus fliegen und auf jedem Absatz laut Zwischengas geben müssen.

Den Grundschülern in Frankfurt-Sachsenhausen mögen die Entlastungen vorerst kaum auffallen. Doch die Kinder, die diesen Sommer den ersten Schultag haben, werden noch vor dem Wechsel auf das Gymnasium den Unterschied bemerken, auch weil 2014 eine revolutionäre Triebwerksgeneration auf den Markt kommt.

Der ewige Zweikampf
An employee walks past an A320 plane under construction at the final assembly line of Airbus factory Quelle: REUTERS
 A Boeing 737 MAX airplane is pictured in this undated handout photo Quelle: REUTERS
A Bombardier employee installs parts Quelle: REUTERS
787 Dreamliner Quelle: REUTERS
Christoph Franz, chairman and CEO of Deutsche Lufthansa AG, poses for a picture beside a model of the Lufthansa Boeing 747-8 Intercontinental Quelle: dpa
Ein Airbus 380 faehrt ueber das Rollfeld des Flughafens Muenchen "Franz Josef Strauss" Quelle: dapd
 Die EADS Co-Chefs Tom Enders, links, und Louis Gallois posieren mit einem Model eines Airbus A350 Quelle: AP

Fliegende Getriebe

Wer Egon Behle besucht, hat nicht den Eindruck, dass in seinem Büro eine Revolution steigt. Behle ist Chef des Münchner Triebwerksherstellers MTU, und an seinem Arbeitsplatz ist alles grau: die Schränke, die Regale und der Tisch. Dabei hat MTU vor gut zehn Jahren einen Umsturz losgetreten. Das Unternehmen hat begonnen, ein Getriebe für einen Flugmotor mit mehreren Zehntausend PS zu bauen. Bislang sind alle Triebwerksteile über eine Art Stange miteinander verbunden. Dadurch drehen sich alle Teile gleich schnell, obwohl sie effizienter wären, wenn sich der hintere Teil schneller drehen würde als der vordere. Genau das wird mit dem Getriebe möglich.

Das sollte anfangs nur den Verbrauch senken. „Doch damit halbieren wir auch den Lärm“, sagt Behle über das PW1000G genannte Kraftpaket, das er mit dem US-Triebwerkshersteller Pratt & Whitney baut. Als erster Getriebeflieger soll Ende 2013 die C-Series des kanadischen Herstellers Bombardier die ersten Passagiere befördern. Ab Oktober 2015 liefert Airbus den Mittelstreckenjet A320 Neo aus. Bei beiden zählt die Lufthansa zu den ersten Kunden.

Für Behle und seine Konkurrenz wie den britischen Motorenbauer Rolls-Royce oder General Electric aus den USA ist das erst der Anfang. Sie wollen die Technik nicht nur auf größere Triebwerke übertragen. Sie basteln auch an windschnittigeren und damit leiseren Triebwerksschaufeln.

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