
Dass die Energiewende ohne neue Stromtrassen nicht möglich sein wird, ist bekannt. Die großen Windparks in Norddeutschland produzieren Strom, der auch im Süden der Republik benötigt wird. Gleichzeitig gilt Deutschland als Stromtransitland in der EU. Entsprechend dringend ist der Ausbau des Stromnetzes, der von der Politik vorangetrieben wird.
Etwa 3800 Kilometer neue Stromtrassen müssten bis 2022 gebaut werden, prognostizierten die Stromnetzbetreiber der Bundesregierung bereits vor über einem Jahr. Inklusive der Kosten für die Aufrüstung der 400 Kilometer vorhandenen Trassen kämen Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Euro auf die Bundesrepublik zu.
Zum Ärger vieler Bürger wird ein Großteil der Leitung nicht unterirdisch verlegt. Erdkabel sind zum einen deutlich teurer als Überlandleitungen, zum anderen ist der Boden nicht überall geeignet. Entsprechend werden vermehrt die 50 bis 60 Meter hohen Strommasten gebaut. So auch auf der Strecke von Wesel ins niederländische Doetinchem.





Um die 380-Kilovolt-Leitung am Niederrhein attraktiver zu gestalten, hat der Übertragungsnetzbetreiber Amprion aus Dortmund ein neues Design entwickelt. „Bei Bürgerveranstaltungen wurde immer wieder angemerkt, dass die Masten auf der anderen Seite der Grenze viel schöner sind als unsere Stahlgittermasten“, sagt Amprion-Sprecher Andreas Preuß. Entsprechend soll sich der neue Masttyp optisch den niederländischen Masten anpassen. Vor zwei Jahren hat das Unternehmen angefangen, den neuen Vollwandmast zu entwickeln. Nun ist das Konzept fertig.
Zum Einsatz kommen sollen die Masten zunächst nur auf der sechs Kilometer langen Strecke von Millingen am Niederrhein bis zur Landesgrenze. Dabei werden sie lediglich zwei 380-Kilovolt-Stromkreise führen. Das nur zwei Kreise enthalten sind, ist eine Ausnahme. In vielen Regionen müssen die über einhundert Jahre alten Stahlgittermasten vier oder mehr Stromkreise führen, um die Haushalte zu versorgen. Gerade wegen ihrer langen Lebensdauer und betrieblichen Flexibilität haben sie sich so lange am Markt gehalten.
Ob die neuen Vollwandmasten aus Dortmund sich durchsetzen, bleibt abzuwarten. „Bisher ist das Ganze noch ein Pilotprojekt, um technische Erfahrungen mit der neuen Bauart zu sammeln“, sagt Preuß. Anders als die niederländischen Stahlmasten hätten die Entwickler darauf geachtet, die Traversen zur Befestigung der elektrischen Leiter an den Freilastungsmasten soweit auseinander zu bauen, dass an dem einen gearbeitet werden kann, während der andere noch in Betrieb ist.
Bisher ist lediglich das Verfahren für den Bau der Leitungen eingeleitet. Die Arbeiten werden voraussichtlich frühestens 2014 beginnen. Auch wie teuer das Projekt werden könnte, ist noch nicht klar. „Das hängt unter anderem davon ab, ob die Masten aus Stahl oder Beton gebaut werden“, sagt der Sprecher. Vermutlich werden die schicken Trassen aber teurer als die bisherigen.