Rohstoffe Turbobäume sollen Deutschland vor Holznot bewahren

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Wärme und Strom aus Biomüll

Das sind die größten Stromverbraucher weltweit

Der besondere Charme der Pflanzenrösterei liegt darin, dass sie den Druck auf die Holzvorräte mindert. „Mit dieser Technologie können Reststoffe von Pflanzen verwertet werden, die momentan zum größten Teil auf dem Kompost landen“, sagt Bernd Epple, Kraftwerkstechniker von der TU Darmstadt. Rasenschnitt, Laub, Abfälle aus der Lebensmittelherstellung: Aus Biomüll wird jetzt Wärme und Strom. Da der Energiegehalt des Brennstoffs in Relation zum Volumen sehr hoch ist, kann er auch über weite Strecken mit Lkw oder Schiff wirtschaftlich transportiert werden.

Neben der Ausweitung des Angebots gibt es einen weiteren Weg, dem Holzmangel zu begegnen: indem Unternehmen mehr Energie aus der gleichen Menge Brennstoff holen. Diese Mission verfolgt Wolfgang Wimmer, Geschäftsführer des Biomassehofs im oberbayrischen Achental, idyllisch gelegen zwischen Chiemsee und den dicht bewaldeten Flanken von Kampenwand und Hochgern.

„Wir wollen den Strom- und Wärmebedarf des Achentals bis 2020 vollständig durch erneuerbare Energien aus eigenen Ressourcen decken. Das heißt vor allem, das Potenzial unserer Wälder zu nutzen“, sagt Wimmer. Der von umliegenden Gemeinden und lokalen Betrieben gegründete Biomassehof hat dafür einen Handel mit Holzbrennstoffen aufgebaut und ein Biomasseheizwerk errichtet.

Kräftig Gas geben

Allerdings klagen auch im waldreichen Achental die Sägebetriebe über den neuen Wettbewerb um das Holz. Den Konflikt entschärfen könnte eine Technologie, die im Zweiten Weltkrieg Hunderttausende Autos und Lastwagen antrieb: die Holzvergasung. Dabei werden Hackschnitzel in einem Zylinder bei Temperaturen von 900 Grad verschwelt, sodass eine Art Erdgas entsteht. Nach Kriegsende geriet das Verfahren in Vergessenheit. Erst mit der Suche nach Ersatz für Benzin und Diesel entdeckten Energieversorger und Anlagenbauer die Holzvergasung wieder.

Wimmer hat kürzlich eine der weltweit ersten Großanlagen dieser Art in Betrieb genommen. Das Holzgas wird in einem benachbarten Blockheizkraftwerk (BHKW) verfeuert, um damit Heizenergie für das lokale Fernwärmenetz sowie Strom zu erzeugen. Das ist besonders effizient: „Ein großer Vorteil der Technologie ist der hohe Stromertrag, den wir damit erzielen“, sagt Wimmer. Der Biomassehof gewinnt aus einer Tonne Holz etwa zwei Drittel mehr Strom, als es mit einem konventionellen Holzkraftwerk möglich wäre.

Wer nur Wärme erzeugen will, kann weiterhin klassisch Holz verbrennen. „Wenn man aber hocheffizient Strom erzeugen will, ist die Vergasungstechnik künftig das Mittel der Wahl“, sagt Marco Klemm vom Deutschen Biomasseforschungszentrum in Leipzig. Für die Technologie spreche zudem, dass das Holzgas überall dort eingesetzt werden könne, wo sonst Erdgas zum Zuge kommt: etwa in Heizungsanlagen oder als Treibstoff für Fahrzeuge mit Gasmotor.

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