Studie zu Offshore-Plänen Windkraft auf See droht ein Desaster

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Möglichkeiten der Kostensenkung

Kuriose Folgen der Energiewende
Schwierige Löschung von Windrad-BrändenDie schmalen, hohen Windmasten sind bei einem Brand kaum zu löschen. Deshalb lassen Feuerwehrleute sie meist kontrolliert ausbrennen – wie im April in Neukirchen bei Heiligenhafen (Schleswig-Holstein). Quelle: dpa
Tiefflughöhe steigtDie Bundeswehr hat die Höhe bei nächtlichen Tiefflügen angepasst. Wegen Windradmasten kann die Tiefflughöhe bei Bedarf um 100 Meter angehoben werden. Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt, dass dadurch Bauhöhen von bis zu 220 Meter realisiert werden können. Die Höhe des derzeit höchsten Windradtyps liegt bei etwa 200 Metern. Quelle: dpa
Dieselverbrauch durch WindräderViele neue Windkraftanlagen entstehen – ohne ans Netz angeschlossen zu sein. Solange der Netzausbau hinterherhinkt, erzeugen die Windräder keine Energie, sondern verbrauchen welche. Um die sensible Technik am Laufen zu halten, müssen Windräder bis zu ihrem Netzanschluss mit Diesel betrieben werden. Das plant etwa RWE bei seinem im noch im Bau befindlichen Offshore-Windpark „Nordsee Ost“. Quelle: AP
Stromschläge für FeuerwehrleuteSolarzellen lassen sich meist nicht komplett ausschalten. Solange Licht auf sie fällt, produzieren sie auch Strom. Bei einem Brand droht Feuerwehrleuten ein Stromschlag, wenn sie ihren Wasserstrahl auf beschädigte Solarzellen oder Kabel halten. Diese Gefahr droht nicht, wenn die Feuerwehrleute aus sicherer Entfernung den Wasserstrahl auf ein Haus richten – aber, wenn sie dabei ins Haus oder aufs Dach gehen. Stromschlagsgefahr gibt es ebenso für Feuerwehrleute, wenn sie nach einem Straßenunfall Personen aus einem beschädigten Elektroauto bergen müssen. Quelle: AP
Störende SchattenWindräder werfen Schatten – manche Anwohner sehen darin eine „unzumutbare optische Bedrängung“, wie es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausdrückte. Es gab einer Klage recht, die gegen ein Windrad in Bochum gerichtet war. Im Februar wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision des Investors ab. Das Windrad wird nun gesprengt. Quelle: dpa
Gestörte NavigationAuf hoher See wird es voll. Windparks steigern nicht nur das Kollisionsrisiko mit Schiffen. Die Rotoren stören auch das Radarsystem. Der Deutsche Nautische Verein schlägt daher vor, dass Windparks nur genehmigt werden, wenn die Betreiber auch neue Radaranlagen an den Masten installieren. Quelle: dapd
Windrad-LärmWindräder drehen sich nicht nur, dabei machen sie auch Geräusche. Je stärker der Wind, desto lauter das Windrad – und das wollen viele Bürgerinitiativen nicht hinnehmen. Ein Beschwerdeführer aus dem westfälischen Warendorf erreichte im September 2011 vorm Verwaltungsgericht Münster zumindest, dass eine Windkraftanlage nachts zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet wird. Quelle: dpa

Das hat zur Folge, dass Deutschland für Offshore-Investoren immer unattraktiver wird. Die Bundesregierung hofft nun, den Stillstand mit einem Netzentwicklungsplan beseitigen zu können: Noch 2011 will sie Orte und Größe künftiger Netzanschlüsse der Parks ans Land frühzeitig und verbindlich festlegen. Wind:research-Chef Briese hält das für einen wichtigen Schritt. „Die Sicherheit des pünktlichen Netzanschlusses würde bei den Investoren Vertrauen schaffen.“

Doch das reicht nicht. Ebenso wichtig sei es, sagt Briese, durch bessere Abläufe, eine Industrialisierung der Produktion und technologische Neuerungen die Parks deutlich billiger aufbauen zu können.

Heute kostet die Erzeugung einer Kilowattstunde (kWh) Offshore-Stroms rund zwölf Cent. Windstrom vom Land ist fünf Cent billiger; Kohle- und Gasstrom sind gar schon für fünf bis sieben Cent zu haben. Briese zufolge dürfte der Meeresstrom nicht mehr als zehn Cent kosten, um gegenüber anderen erneuerbaren Energien bestehen zu können. Fraunhofer-Forscher erwarten jedoch, dass diese Schwelle erst 2025 unterschritten wird.

Das größte Kostensenkungspotenzial sehen die wind:research-Experten bei den Anlagen selbst. Sie ließen sich um 40 Prozent billiger produzieren. Wichtigster Hebel: längere Rotorblätter. Denn nach einer Faustformel vervierfacht sich die Leistung eines Windrads mit jeder Verdoppelung der Fläche, die der Rotor durchstreicht.

Gerade bringen Hersteller wie Siemens, Repower oder Areva die ersten Windmühlen der Sechs-MW-Klasse auf den Markt. Dafür fertigt Siemens das mit 75 Metern längste Glasfaser-Rotorblatt der Welt – es wird dank eines neuen Verfahrens erstmals in einem Stück gegossen. Dadurch entfallen Naht- und Klebestellen, die anfällig für Korrosion und Schäden durch aufprallende Regentropfen sind.

Ausbaupläne der Bundesregierung zur Meereswindenergie und tatsächliche Entwicklung Quelle: wind:research

Das ist erst der Anfang. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Bremerhaven, Andreas Reuter, hält in Zukunft 20- MW-Anlagen für realistisch. „Die ersten Räder könnten 2020 stehen.“ Siemens will nach 2015 erste Turbinen mit zehn MW anbieten. Heutige Standardmühlen sind höchstens halb so leistungsstark.

Bei neuen Anlagen gibt es praktisch keine Denkverbote. So entwickelt das britische Unternehmen Wind Power eine Turbine mit revolutionärem Konzept: Die Rotoren des Aerogenerators X streichen parallel zu den Wellen übers Meer. Ihre Spannweite kann bis zu 230 Meter erreichen. Dabei ragen sie dank des neuen Designs nur halb so hoch aus dem Wasser wie klassische horizontale Mühlen. Daher können ihre Fundamente kleiner ausfallen. Das spart Transportkosten, vor allem aber wird weniger Stahl und Beton benötigt.

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