




Wasser aus dem Wasserhahn sieht klar und sauber aus, doch laut der Öko-Test ist es genau das nicht. Bei der stichprobenhaften Entnahme des Trinkwassers in 69 deutschen Städten wurden in vielen Proben Rückstände von Gadolinium gefunden, das als Kontrastmittel in der Magnetresonanztomografie (MRT) angewendet wird. Doch nicht nur dieses Metall tummelt sich im deutschen Trinkwasser. Oft wird das Wasser auch durch Pestizide und Antibiotika belastet. Besonders betroffen sind Städte an Rhein und Ruhr aber auch in Nürnberg, Münster und Fürth wurden die Tester fündig.
Wo das Trinkwasser am stärksten belastet ist
Anbieter: Stadtwerke Duisburg
Herkunft: Grundwasser, Uferfiltrat (Rhein)
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände (laut Versorger): ja
Gadoliniumbelastung: gering
Anbieter: Stadtwerke Essen
Herkunft: Uferfiltrat (Ruhr)
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: ja
Gadoliniumbelastung: erhöht
Anbieter: Infra Fürth
Herkunft: Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: nein
Gadoliniumbelastung: erhöht
Anbieter: Wasserwerke Westfalen
Herkunft: künstliche Grundwasseranreicherung, Uferfiltrat (Ruhr)
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: ja
Gadoliniumbelastung: erhöht
Anbieter: Stadtwerke Bochum
Herkunft: Grundwasser, Uferfiltrat
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: ja
Gadoliniumbelastung: erhöht
Anbieter: Berliner Wasserbetriebe
Herkunft: Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: k.A.
Gadoliniumbelastung: erhöht
Anbieter: Stadtwerke Münster
Herkunft: Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: nicht regelmäßig
Gadoliniumbelastung: erhöht
Anbieter: Wahnbachtalsperrenverband
Herkunft: Wahnbachtalsperre, Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: ja
Gadoliniumbelastung: leicht erhöht
Krankenhäuser haben an der Trinkwasserbelastung in Deutschland allerdings nur eine Teilschuld. Auch das Verbraucherverhalten verursacht Verunreinigungen. So sollen laut Dagmar Vohburger von der Deutschen Krankenhausgesellschaft rund 80 Prozent Arzneimittelrückstände im Abwasser von den privaten Haushalten stammen, in denen abgelaufene Medikamente oft über die Toilette und den Ausguss entsorgt werden. Dieses Entsorgungsverhalten stellt die Kläranlagen im Land vor enormen Herausforderungen, die kaum zu bewältigen sind. Denn konzeptionsbedingt sind Medikamente nur schwer abzubauen. So müssen die Mittel auf dem Wirkungsweg im menschlichen Körper zunächst der Magensäure und anschließend den Verdauungsenzymen widerstehen.
Welche Folgen die Belastung des Trinkwassers für die Menschen und die Umwelt haben, ist schwer abzuschätzen. Studien zu diesem Thema sind rar. Klar ist, dass die unmittelbaren therapeutischen Effekte auf den Menschen nach dem Genuss von Trinkwasser nahe Null sind. Der Grund: Die Konzentrationen von Medikamenten und Kontrastmittelrückständen im Trinkwasser sind allgemein sehr niedrig. Doch die langfristigen Folgen sind nahezu unerforscht. Auch die Kombinationswirkung verschiedener Stoffe im Wasser werfen Fragen auf.
Wasserwerke stecken in einem Dilemma
Von Seiten der Wissenschaftler handelt es sich bei der Trinkwasserbelastung in Deutschland allerdings nicht um ein ernsthaftes toxikologisches Problem. Gerd Hamscher vom Institut für Lebensmittelchemie und -biotechnologie der Universität Gießen spricht vielmehr von hygienischen Problemen der deutschen Wasserversorger und nimmt sie gleichzeitig in Schutz. Denn auch mithilfe modernster Filtertechnologie ließen sich die Rückstände im Wasser nicht vollständig entfernen. Deswegen bleibt vielen Wasserwerken nichts weiter übrig, als sich am gesundheitlichen Orientierungswert (GOW) der Trinkwasser-Verordnung zu halten. Dieser Grenzwert gilt auch für das MRT-Kontrastmittel Gadolinium, auf das Öko-Test hin im Trinkwasser getestet hat.
Diese Mineralwassersorten empfiehlt Stiftung Warentest
Geschmacklich gut, ohne Nachweis oberirdischer Verunreinigungen, verlässlich gekennzeichnet und für Immunschwäche gut geeignet – das schaffen im Test von Stiftung Warentest nur sechs der 30 Medium-Mineralwasser.
Quelle: Stiftung Warentest
30 natürliche Mineralwässer mit mittlerem Kohlensäuregehalt – „Medium“ genannt –, davon 13 Hersteller- und 17 Eigenmarken des Handels, 27 in PET- und drei in Glasflaschen.
Quelle und Quellort laut Deklaration: Mariusquelle, Aspach
Preis pro Liter / pro Flasche: 0,24 / 0,24 Euro
Testkommentar: Hoher Mineralstoffgehalt, wenig Natrium, sehr viel Kalzium, viel Magnesium und sehr viel Sulfat.
Geschmack (Besonderheiten und Fehler): Deutlich sprudelnd
Acetaldehyd in µg/l: 1,2
Testurteil: gut (2,0)
Quelle und Quellort laut Deklaration: Lüner Quelle, Lüneburg
Preis pro Liter / pro Flasche: 0,51 / 0,76 Euro
Testkommentar: Wenig Mineralstoffe, wie ausgelobt natriumarm
Geschmack (Besonderheit und Fehler): Keine Auffälligkeiten
Acetaldehyd in µg/l: 4,1
Testurteil: gut (2,0)
Quelle und Quellort laut Deklaration: Mierbach Quelle, Wolfhagen
Preis pro Liter / pro Flasche: 0,13 / 0,19 Euro
Testkommentar: Wenig Mineralstoffe, wie ausgelobt natriumarm
Geschmack (Besonderheiten und Fehler): Keine Auffälligkeiten
Acetaldehyd in µg/l: 5,1
Testurteil: gut (2,0)
Quelle und Quellort laut Deklaration: Saskia Quelle, Wörth am Rhein
Preis pro Liter/ pro Flasche: 0,13 / 0,19 Euro
Testkommentar: Wenig Mineralstoffe, wie ausgelobt natriumarm
Geschmack (Besonderheiten und Fehler): Keine Auffälligkeiten
Acetaldehyd in µg/l: 5,1
Testurteil: gut (2,0)
Quelle und Quellort laut Deklaration: Saskia Quelle, Jessen
Preis pro Liter / pro Flasche: 0,13 / 0,19 Euro
Testkommentar: Wenig Mineralstoffe
Geschmack (Besonderheiten und Fehler): Keine Auffälligkeiten
Acetaldehyd in µg/l: 5,0
Testurteil: gut (2,0)
Quelle und Quellort laut Deklaration: Paulusquelle, Bad Rippoldsau
Preis pro Liter / pro Flasche: 0,13 / 0,19 Euro
Testkommentar: Sehr wenig Mineralstoffe, wie ausgelobt natriumarm
Geschmack (Besonderheiten und Fehler): Sehr leicht bitter, wenig sprudelnd
Acetaldehyd in µg/l: 5,4
Testurteil: gut (2,0)
Das Metall wirkt in seiner freien Form äußerst toxisch auf die menschliche Muskulatur, die Mitochondrien und die Blutgerinnung. Vor Untersuchungen im MRT wird Gadolinium in die Blutbahn gespritzt, dass später über die Nieren ausgeschieden werden und über die Toilettenspülung ins Abwasser und die Klärwerke gelangt. Die laut Öko-Test am stärksten mit diesem Kontrastmittel belasteten Trinkwasser kamen dabei aus den Wasserwerken in Mülheim, Oberhausen und Bochum. Keinerlei Gadolinium-Rückstände waren in Aachen, Bremen und Dresden zu finden.
Wirklich gefährlich waren die Trinkwässer aus den besonders belasteten Wasserwerken allerdings nicht. Mit einem Anteil von 34 bis 40 Nanogramm pro Liter ist man noch weit vom GOW entfernt, der bei 100 Nanogramm pro Liter liegt. Doch laut Öko-Test darf das nicht zu Bedenkenlosigkeit verleiten. Denn die Langzeitwirkung geringer Gadolinium-Verschmutzung im Trinkwasser auf die Umwelt und den Menschen sind weitgehend unbekannt.
Die Untersuchungen von Öko-Test haben ergeben, dass vor allem Wasserwerke, die ihr Trinkwasser durch Uferfiltration gewinnen, die höchsten Gadoliniumwerte vorweisen. An der Ruhr wird diese Technik besonders oft von den anliegenden Wasserwerken verwendet. Aber auch in Münster, Regensburg und Ulm waren die Werte erhöht, wo die Trinkwassergewinnung mittels Grundwasser stattfindet.
Zu wenig Tests
Neben dieser Art der Trinkwassergewinnung ist auch das Untersuchungsverhalten vieler deutscher Wasserwerke bedenklich. Oft wird das Trinkwasser nach einmaliger Untersuchung, bei der keinerlei gefährlichen Rückstände gefunden wurden, später keinen weiteren Tests unterzogen. Die Wasserwerke in Mainz haben zum Beispiel ihr Trinkwasser zuletzt 2008 hinsichtlich Arzneimittelrückständen untersucht. Aus Mönchengladbach heißt es: Wie wir [...] bereits beschrieben haben, sind Screenings und bekannte Hauptbelastungen von Arzneimittelrückständen untersucht worden. Diese Messungen waren wie erwartet unterhalb der Nachweisgrenze, sodass in Absprache mit dem Gesundheitsamt auf weitergehende Beprobungen verzichtet werden konnte.“
Wo das Grundwasser am saubersten ist
Anbieter: Stadtwerke Göttingen
Herkunft: Sösetalsperre, Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: nein (einmalige Untersuchung)
Gadoliniumbelastung: nein
Anbieter: Ingolstädter Kommunalbetriebe
Herkunft: Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: ja
Gadoliniumbelastung: nein
Anbieter: Stadtwerke Hannover
Herkunft: Grundwasser, Talsperre
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: k.A.
Gadoliniumbelastung: nein
Anbieter: DREWAG-Stadtwerke Dresden
Herkunft: Grundwasser, Uferfiltrat (Elbe), Talsperre
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: ja
Gadoliniumbelastung: Spuren
Anbieter: Stadtwerke Bremen – SWB
Herkunft: Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: stichprobenhaft
Gadoliniumbelastung: nein
Anbieter: BS-Energy-Braunschweiger Versorgungsgesellschaft
Herkunft: Talsperren, Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: nein
Gadoliniumbelastung: Spuren
Anbieter: Berliner Wasserbetriebe
Herkunft: Grundwasser
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: k.A.
Gadoliniumbelastung: Spuren
Anbieter: STAWAG Stadtwerke Aachen
Herkunft: Grundwasser, Talsperren
Untersuchung auf Arzneimittelrückstände: stichprobenhaft
Gadoliniumbelastung: nein
Einige der betroffenen Wasserwerke wollten sich zu den Ergebnissen der Öko-Test nicht äußern. Andere hingegen zeigten etwas mehr Kreativität. Die Braunschweiger Wasserwerke BS-Energy und die Stadtwerke Münster machten verunreinigte Wasserrohre hinter den Hausanschlüssen als Schuldige aus.
Auch die verchromten Armaturen im Bad können für eine Gadoliniumbelastung verantwortlich sein. Die Experten der Öko-Test zeigten sich von diesen Erklärungsversuchen überrascht. Sie hatten von solchen Effekten auf das Trinkwasser noch nie gehört.
Öko-Test rät Verbrauchern deswegen bei der Verwendung von Trinkwasser die Qualität des jeweiligen Wassers bei den örtlichen Wasserwerken oder im Gesundheitsamt zu erfragen. Außerdem weist das Verbrauchermagazin darauf hin, dass von den gemessen Gadoliniumbelastungen keinerlei unmittelbare gesundheitliche Risiken ausgehen.
Darüber hinaus sollten die Haushalte beachten, dass abgelaufene Medikamente mit dem Restmüll und nicht über die Toilette oder den Ausguss entsorgt werden sollte, um die Arzneimittelbelastung des Abwassers beziehungsweise des Trinkwassers zu reduzieren.