Trockenheit in Kalifornien Mit Sprühfarbe gegen die Dürre

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Grüne Farbe statt natürliches Grün

„Wir haben früher schon mal einen Brief bekommen als unsere Sprinkleranlage kaputt war“, erinnert sich ein Anwohner aus Fontana, einem kleinen Ort eine Autostunde von Los Angeles. Die braunen Flecken riefen gleich den Nachbarschaftsrat auf den Plan. „Darin stand, wir sollten uns zeitnah bemühen, dass unser Vorgarten wieder den Nachbarschaftsregeln entspräche, sonst müsste das leider Konsequenzen haben.“ Auch trotz Dürre, blieb die Schönheitsklausel lange in der Nachbarschaft bestehen.

Jetzt, nachdem nicht mehr nur von Trockenheit, sondern lebensgefährlicher Dürre die Rede ist, lockerte die Nachbarschaft ihre Regeln – man sollte zwar einen gepflegten Garten haben, grün muss er aber nun zumindest nicht mehr sein. Trotzdem ist fast an jedem Haus die Rasenfläche weiterhin wunderschön begrünt – Wasserknappheit hin oder her.

Kanisterweise grüne Farbe verkaufen und versprühen Unternehmen mittlerweile für und auf kalifornischen Vorgärten, damit es weiterhin zumindest optisch grünt. Quelle: imago images

Wobei da ein genauer Blick häufig lohnt - sind es wirklich die Sprinkler, die den Rasen grün halten? Wer die Wasserfontänen im Vorgarten auslässt, aber trotzdem prachtvolles Grün wünscht, greift in Kalifornien mittlerweile auf Farbspray zurück. Das hat Jim Power zur Geschäftsidee gemacht. Der Gründer von LawnLift bietet die entsprechenden Produkte an, um den braunen Rasen wieder grün zu bekommen und verspricht dabei lange, grüne Farbpracht umweltverträglich und für bis zu einem halben Jahr. "Jeder will einen perfekten Rasen", wirbt Power. "Niemand möchte auf toten Rasen gucken, sondern grünen." Das hat den Umsatz des Geschäftsmanns laut eigenen Angaben allein im vergangenen Jahr verdreifacht.

Mit etwas grüner Farbe wird der getrocknete Rasen schnell wieder zum grünen Vorzeigeobjekt kalifornischer Vorstädter. Quelle: imago images

Um die Anwohner zum Wassersparen zu erziehen, erhöhen die Behörden mittlerweile die Wasserpreise. Deutlich.

Holly Hartwig lebt mit ihrer Familie in Rancho Cucamonga. Fünf Kinder, zwei Erwachsene, ein Hund, ein Pool, ein Garten, ein Vorgarten. All das verbraucht nicht zu knapp Wasser. Doch obwohl der Vorgarten mittlerweile eine braun-grüne Mischung ist - die Hartwigs wässern alle paar Tage -, ist die Wasserrechnung der Hartwigs im vergangenen halben Jahr um mehr als 30 Prozent gestiegen. Nicht weil sie mehr verbraucht haben, sondern weil die Preise stark anziehen. „Als die Wasserrechnung kam, war ich ernsthaft geschockt und musste erstmal genau hinsehen, wie diese Summe zustande kommt. Ich hätte nie gedacht, dass wir so viel nur für Wasser zahlen könnten“, sagt Holly Hartwig.

Böse Briefe für Wasserverschwender

In Long Beach geht man einen Schritt weiter. Dort können Bürger per E-Mail, Telefon, über ein Webformular oder sogar per App Wasserverschwender anschwärzen. Die bekommen dann Post. „Das Wasseramt schickt dann höfliche Briefe, in dem die Person oder das Unternehmen gebet wird, seinen Wasserverbrauch zu reduzieren“, erklärt Kevin Wattier, Geschäftsführer des Long Beach Wasseramts. Dem Briefempfänger wird sogar Hilfe angeboten, herauszufinden, wie man am besten Wasser sparen kann.

Die Methode hat nur mäßigen Erfolg. Die wenigen Wasserverschwender in der Bevölkerung sind stur. „Diese zwei Prozent hören von uns immer wieder“, so Wattier. „Manche haben schon 30 oder mehr Briefe von uns bekommen.“ Jetzt wollen die Behörden mit intelligenten Wasserzählern und härteren Strafen für Sparbewusstsein sorgen. „Wir haben einiges mit Aufklärung und freiwilligem Einsparen erreicht, aber Kalifornien braucht einen Zwang um echte Wasserersparnis zu erreichen“, sagt Wattier.

Er trifft damit den entscheidenden Punkt. Maßnahmen wie Wasserrecycling und Entsalzungsanlagensind wichtig. Und auch die ersten Veränderungen im Alltag der Kalifornier sind richtig. Etwa, dass manche Städte, Parks und Unternehmen Kakteen und andere Wüstengewächse in öffentlichen Anlagen pflanzen, die nicht gewässert werden müssen, aber trotzdem ansehnlich sind.

Aber das ist alles zu wenig. Die Maßlosigkeit einiger Wasserverschwender bleibt ein Problem. In viel zu vielen Städten und Nachbarschaften gehen viel zu oft die Sprinkleranlagen an und werden Parkwege weiterhin mit Wasserschläuchen saubergespritzt. So gut wie jede Gemeinde und jedes Ressort, das etwas auf sich hält, hat einen riesigen Golfplatz mit wunderschöner Grünfläche – mitten in der Wüsten-ähnlichen Landschaft.

Das Problem beginnt schon im Kleinen: Wer in der Wüste, oder zumindest wüstenähnlichen Region lebt, sollte sich keinen grünen Rasenvorgarten zulegen. Wenn das Umdenken im eigenen Vorgarten nicht anfängt, ist Kaliforniens Kampf gegen die Dürre trotz enthusiastischer Maßnahmen und großer Ideen, verloren.

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