UN-Klimakonferenz Wie sich das Klima retten lässt

Zum Beginn des Klimagipfels wird deutlich: Das Ziel der Weltenretter, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, ist kaum noch zu erreichen. Was nun?

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Schnelle Wege aus der Klimafalle
Klimaexperten haben mehr als 400 Methoden zur Bekämpfung des Klimawandels unter die Lupe genommen. Im Fokus der im Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlichten Untersuchung stand ausnahmsweise nicht der Klimakiller CO2, sondern das Treibhausgas Methan sowie Ruß, der in der Atmosphäre dafür sorgt, dass weniger Sonnenstrahlung ins All reflektiert wird. Schon mit einigen einfachen Maßnahmen, so die Wissenschaftler, ließe sich der Ausstoß von Methan und Ruß so stark reduzieren, dass der globale Temperaturanstieg bis zum Jahr 2050 um ein Drittel geringer ausfallen würde als bislang vorhergesagt. Die zehn wichtigsten Maßnahmen im Überblick. Quelle: dpa
Durch eine bessere Filterung bei der Entlüftung von Kohleminen würde deutlich weniger Methan freigesetzt. Quelle: dpa
Lecke Gaspipelines sind eine weitere Treibhausgas-Quelle, die sich mit relativ geringem Aufwand schließen ließe. Quelle: dpa
Deponie-Gas, dessen Hauptbestandteil Methan ist, entsteht durch den bakteriologischen und chemischen Abbau von organischen Inhaltsstoffen des Mülls. Seine Freisetzung zu verhindern und es nutzbar zu machen, würde dem globalen Klimawandel entgegenwirken, so die Forscher. Quelle: dpa
Durch unkontrolliertes Abblasen bei der Ölförderung gelangen ebenfalls große Mengen Methan in die Atmosphäre, die durch verbesserte Fördertechnik eingefangen werden könnten. Quelle: dpa
Auch durch eine bessere Aufarbeitung der bei der Nutztierhaltung anfallenden Exkremente – etwa durch Vergärung in Biogasanlagen – ließe sich der Methanausstoß deutlich verringern. Quelle: dpa
Keine andere Kulturpflanze setzt soviel Methan frei wie Reis. Durch verbesserte Anbaumethoden, weniger Dünger und eine weniger intensive Bewässerung ließe sich der Methanausstoß beim Reisanbau reduzieren. Quelle: dpa

Es sieht nicht gut aus für unsere Zukunft. Dass die Gletscher schmelzen, hat sich bereits herumgesprochen. Doch nun kommt heraus, dass auch die Pandas verhungern, weil der Bambus die steigenden Temperaturen nicht verträgt. Klimaforscher warnen gar, den Pflanzen des wilden Arabica-Kaffees drohe der Hitzetod. Ein Drama für Espresso-Fans.

Kurz vor Beginn des 18. Klimagipfels in Doha sind die Zeitungen voll von derartigen Meldungen. Den Hamburger Meteorologen und Klimaexperten Hans von Storch überrascht das nicht. Er erkennt darin den alten Reflex vieler Klimaforscher: Sie warnen mit düsteren Szenarien vor Katastrophen und hoffen, die Delegierten aus 192 Ländern so dazu zu bringen, sich auf verbindliche Ziele zur Reduktion von Kohlendioxid, dem CO2, zu einigen.

Storch hält diesen politischen Eifer vieler Forscher für einen Fehler. Sie verspielten damit ihr wichtigstes Kapital: ihre Glaubwürdigkeit. Es sei absurd, jede negative Entwicklung mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen. Genau das aber passiere. „Diese Katastrophenrhetorik“, fürchtet Storch, bewirke beim Publikum eher Widerwillen als Aufmerksamkeit.

Der Klimawandel in Zahlen

Denn grundsätzlich haben die Forscher ja recht: Dass sich die Erde erwärmt und der Mensch dabei eine wichtige Rolle spielt, lässt sich wissenschaftlich kaum noch widerlegen. „Umstritten ist nur noch, in welchem Ausmaß der CO2-Anstieg die Temperaturen hochtreibt“, sagt Storch.

Verhängnisvolle Entwicklung

Trotz einer seit zwei Jahrzehnten andauernden Klimadebatte blasen die Menschen jedes Jahr mehr CO2 in die Atmosphäre: 34 Milliarden Tonnen waren es 2011 – gegenüber 22,7 Milliarden Tonnen 1990. Setzt sich dieser Trend fort, wird schon 2020 die 40-Milliarden-Marke geknackt. Wir müssen uns also eher darauf einstellen, dass die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um vier Grad steigt.

Anlässlich des Klimagipfels in Doha haben WirtschaftsWoche-Mitarbeiter die verbleibenden Handlungsoptionen analysiert. Die wichtigste Frage: Wie können wir den Klimaschutz effizienter gestalten?

Fossile Brennstoffe

Dass wir diese Möglichkeiten genauer ansehen, ist dringend geboten. Denn die Rückschläge nehmen zu. Dank moderner Technologien, die neue Quellen wie Schiefergestein erschließen, erleben die USA einen Öl- und Gasboom. Die USA könnten im Zuge dieser Renaissance so große Mengen fossiler Brennstoffe fördern, dass sie laut der Internationalen Energieagentur (IEA) schon 2017 Saudi-Arabien als größtes Ölförderland ablösen. Die Preise für Öl und Gas sind in den USA seither im freien Fall.

Und je mehr fossile Brennstoffe verheizt werden, desto mehr CO2 entsteht. „Die Knappheit des 21. Jahrhunderts liegt nicht in den fossilen Energieträgern“, sagt Ottmar Edenhofer, Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, „sondern im begrenzten Deponieraum für Treibhausgase in der Atmosphäre, den Ozeanen und den Wäldern.“

Vergessene Klimakiller


Die gute Nachricht: Es gibt immer noch viele Punkte, an denen Politiker, Forscher und Unternehmer ansetzen können. So ist in Vergessenheit geraten, dass es neben dem CO2 auch andere Klimakiller gibt: Ruß und Methan sind für 30 Prozent des Treibhauseffekts verantwortlich – erhalten aber nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit von Klimaschützern. Dabei ließen sich die vergessenen Klimakiller oft viel leichter eindämmen als der Staatsfeind Nummer eins, Kohlendioxid.

In dieser Gemengelage schwenken nun auch immer mehr einstige Klimaskeptiker um, Richard Muller zum Beispiel. Der Physiker und wissenschaftliche Direktor der kalifornischen Universität Berkeley hielt die Angaben des Weltklimarats IPCC zur Erderwärmung zunächst für überzogen; vor allem auch deshalb, weil seiner Ansicht nach zu viele Messpunkte in der Nähe von Großstädten lagen, wo es ohnehin wärmer ist.

Die Erwärmung ist real

Mittlerweile hat Muller mit mehr Messstationen aus ländlichen Regionen nachgerechnet – und keine Zweifel mehr: Die Erwärmung ist real. Weiter zu streiten, welchen Anteil der Mensch daran hat, hält er für fruchtlos. Er schlägt eine Strategie vor, die Klimaschutz in Verbindung mit grünem Wachstum profitabel macht. Verzicht auf Wohlstand bedeutet der Kampf gegen den Klimawandel damit nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Er fördert ihn sogar. Darauf sollten sich alle einigen können, schrieb Muller jüngst im „Wall Street Journal“.

Die dreckigsten Flüsse der Welt
Murray-Darling River Quelle: Hindaandjohn
Nil Quelle: AP
Rio de la Plata Quelle: dpa/dpaweb
Rio Grande Quelle: Fotolia
Donau Quelle: dpa
Indus Quelle: AP
Ganges Quelle: dapd

Tatsächlich schwenken mehr und mehr Länder auf diesen Kurs in Richtung Green Economy ein (siehe Seite 72). Südkorea etwa will 2015 zu den großen vier Exportnationen für grüne Technologien gehören. Gerade hat die Regierung rund 45 Millionen Euro als Anschubfinanzierung für Elektroautos genehmigt. Vor der Küste soll für sieben Milliarden Euro ein Offshore-Windpark entstehen.

Vor allem China sieht Handlungsbedarf

Die Asiaten haben die USA kürzlich mit 8,9 Milliarden Tonnen CO2-Ausstoß als größten Umweltsünder abgelöst. Auch weil dort jedes Jahr rund 50 neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen. Inzwischen aber investiert das Reich der Mitte wie kein zweites Land in erneuerbare Energien.

Ob der Klimagipfel in Doha helfen wird, diese Entwicklungen zu unterstützen? Wohl kaum. In den nächsten Tagen wird erst einmal nur über neue verbindliche Ziele für den CO2-Ausstoß diskutiert. Beschlüsse sind nicht vorgesehen. Wieder einmal.

Wenn also die politische Karte nicht sticht, welche Optionen gibt es dann? Lesen Sie auf den nächsten Seiten, wie sich das Klima wirklich retten lässt.

Option 1: Anpassung


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Höhere Dämme, das Anpflanzen von Küsten schützenden Wäldern und bessere Vorhersagen machen den Klimawandel beherrschbar.

Manhattan ohne Strom, von Wassermassen überschwemmte Subway-Tunnel und Zehntausende Menschen auf der Flucht: Es waren die Folgen von Hurrikan Sandy, angesichts derer der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg Anfang November Taten forderte: „Das Klima verändert sich, und alle Regierenden im Land müssen umgehend handeln.“

Zwar hat der Klimawandel Sandy nicht ausgelöst – aber verstärkt, wie Wissenschaftler glauben. Das wird künftig immer häufiger passieren. Damit drohen der Welt heftigere Überflutungen, zudem Hitzewellen und Dürren mit gravierenden Folgen für Städte, Ernährung, Gesundheit und Billionen Euro Kosten für die Wirtschaft.

Investitionen zahlen sich aus

Trotz der düsteren Aussichten haben Forscher und Politiker „Anpassungen an den Klimawandel in ihren Planungen lange Zeit nicht berücksichtigt“, sagt Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Das ändert sich gerade. So sollen in wenigen Jahren zwei insgesamt 17 Milliarden Dollar teure, verschließbare Seemauern New York vor Überschwemmungen schützen.

Folgen des Klimawandels in Deutschland

Solche Investitionen zahlen sich aus. Laut einer britischen Studie könnten höhere Deiche, Frühwarnsysteme für Krankheiten und neue Ackermethoden die gigantischen Folgekosten des Klimawandels um bis zu ein Drittel reduzieren. „Viele Entscheider haben begriffen, dass der Klimawandel kommt, selbst wenn wir die CO2-Emissionen senken“, sagt Ralf Schüle, der am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie forscht.

Skeptiker wie der Ex-RWE-Manager Fritz Vahrenholt weisen darauf hin, dass die Erde sich in den vergangenen 15 Jahren kaum erwärmt habe und eine Anpassung wenig dringlich sei. Forscher aber halten dagegen, dass auch früher ähnlich lange Erwärmungspausen üblich waren und die Temperatur danach immer wieder stieg.

Deutsche Politiker setzen auf Anpassung

Je unwahrscheinlicher es wird, dass die Klimawissenschaftler irren, desto mehr setzen Politiker auf die Option Anpassung. Auch in Deutschland. So haben überflutungsgefährdete Städte die Bordsteine ihrer Straßen erhöht, um Abflusskorridore zu schaffen: Bei Starkregen fließt das Wasser wie in einem Flussbett in Richtung Freifläche ab. Stuttgart hat ein Bauverbot für die Hügel am Stadtrand ausgesprochen. So findet im Sommer kühle Luft einen Weg ins Zentrum und glättet Hitzewellen.

Aber nicht nur Städte reagieren. Die Holzwirtschaft verwendet für Nutzwälder statt Fichten und Buchen vermehrt nordamerikanische Douglasien – sie kommen besser mit Trockenheit klar. Die Niederlande investieren bis 2050 rund 80 Milliarden Euro, um 1200 Kilometer Deiche zu erhöhen und Strände aufzuschütten. Das US-Transportministerium wiederum rät, für den Highway-Bau hitzeresistenten Asphalt zu verwenden, weil das Reparaturen spart.

Das Problem der teuren Anpassungsmaßnahmen: „In Entwicklungsländern fehlt es an Geld, Wissen, Technik und Institutionen, um sie umzusetzen“, sagt Wuppertal-Forscher Schüle. Darum wollen die Industriestaaten armen Ländern bis 2020 rund 100 Milliarden Dollar überweisen – für stabilere Häuser, den Küstenschutz, neue Pflanzensorten oder Systeme, die Krankheiten vorhersagen.

Bis es so weit ist, setzen die aufstrebenden Staaten auf gute Ideen und Low Tech – mit ausländischer Hilfe. So legen asiatische Küstenschützer zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Vietnam und den Inselstaaten im Südpazifik riesige Mangrovenwälder gegen Sturmfluten an. Und in Zentral-Bangladesch verlegen Bauern ihre Beete in schwimmende Gärten und halten statt Hühnern zunehmend Enten. Der französische Architekt Vincent Callebaut will sogar ganze schwimmende Städte bauen, die Menschen aus überfluteten Regionen eine neue Heimat bieten.

Anderswo ist nicht zu viel, sondern zu wenig Wasser das Problem: Bis 2020 werden laut UN allein in Afrika bis zu 220 Millionen mehr Menschen unter Wasserknappheit leiden als heute. Im afrikanischen Burkina Faso entdecken Bauern darum die uralte Zai-Technik wieder: Sie graben zwischen Feldern Höhlen für Termiten. Die Tiere untertunneln die Äcker, die dann wie ein Schwamm Regenwasser aufsaugen – ein Reservoir, aus dem sich die Feldpflanzen in der Trockenzeit ernähren.

Option 2: Emissionshandel


In diesen Städten fahren die meisten Autos
Platz 14 - BerlinAnzahl der privat zugelassenen PKWs: 1.012.467   Einwohner: 3.501.872   Dichte PKW (privat) pro 1.000 Einwohner: 289 Quelle: dpa
Platz 13 - HannoverAnzahl der privat zugelassenen PKWs: 167.627   Einwohner: 523.515   Dichte PKW (privat) pro 1.000 Einwohner: 320 Quelle: dpa
Platz 12 - Frankfurt am MainAnzahl der privat zugelassenen PKWs: 220.476   Einwohner: 679.664   Dichte PKW (privat) pro 1.000 Einwohner: 324 Quelle: dpa
Platz 11 - HamburgAnzahl der privat zugelassenen PKWs: 594.843   Einwohner: 1.799.144   Dichte PKW (privat) pro 1.000 Einwohner: 331 Quelle: dpa
Platz 10 - LeipzigAnzahl der privat zugelassenen PKWs: 177.716   Einwohner: 525.245     Dichte PKW (privat) pro 1.000 Einwohner: 338 Quelle: dapd
Platz 9 - DresdenAnzahl der privat zugelassenen PKWs: 183.203   Einwohner: 526.395      Dichte PKW (privat) pro 1.000 Einwohner: 348 Quelle: dpa/dpaweb
Platz 8 - MünchenAnzahl der privat zugelassenen PKWs: 483.451   Einwohner: 1.382.273   Dichte PKW (privat) pro 1.000 Einwohner: 350 Quelle: obs

Bisher haben CO2-Zertifikate den Ausstoß von Klimagasen nicht reduziert. Jetzt nehmen Staaten einen neuen Anlauf.

Kurz vor dem Klimagipfel in Doha ist noch einmal Betriebsamkeit ausgebrochen. Die EU will die Zahl der Klimazertifikate verknappen, die Unternehmen protestieren. Und während der Streit über Emissionszertifikate für den Luftverkehr anhält, geht Kalifornien als erster US-Staat voran und steigt in den Emissionshandel ein.

Diese Ereignisse zeigen, dass der Emissionshandel für Politik und Wirtschaft immer noch das bedeutendste Instrument im Kampf gegen den Klimawandel ist – aber bisher kein besonders erfolgreiches. Denn der Handel mit Verschmutzungs-zertifikaten ist weit davon entfernt, sein eigentliches Ziel zu erreichen: Anreize für alle Beteiligten zu schaffen, die Erderwärmung zu bremsen.

Ein höchst politischer Prozess

Dabei klingt das Konzept einleuchtend: Man gebe dem ausgestoßenen Kohlendioxid einen Preis – und schon haben alle einen Anreiz, weniger Emissionen zu verursachen. Allerdings ist die Umsetzung keinesfalls so einfach wie die Idee.

Die Probleme beginnen schon damit, dass CO2 keinen natürlichen Preis hat. Er muss künstlich festgelegt werden. Und das ist ein höchst politischer Prozess.

So hat etwa die EU zwar das erste grenzüberschreitende Handelssystem für CO2-Emissionsrechte etabliert, um das Klima zu schützen. Zugleich aber will die EU auch etwas anderes: Sie will den europäischen Markt im weltweiten Wettbewerb stärken. Da würden Zusatzkosten, die durch den Ankauf von Verschmutzungsrechten entstehen, stören.

Deshalb entschied sich die EU zunächst für die harmloseste aller Lösungen – sie verteilte zwar Zertifikate, aber kostenlos. Ihr Argument: Weil die Wirtschaft wächst, würden die Zertifikate bald nicht mehr ausreichen. Daraufhin werde sich von selbst ein Handel etablieren, ein Preis werde entstehen. 2012 sollte der bei 30 Euro pro Tonne CO2 liegen, so der grobe Fahrplan.

Dann folgte die Wirtschaftskrise. Und mit ihr ein Produktionseinbruch, der weniger anstatt mehr Zertifikate nötig machte. Die Unternehmen nutzten diese Phase und bunkerten die Emissionsrechte. Laut einer Studie der Umweltorganisation BUND hortete allein ThyssenKrupp rund 250 Millionen Verschmutzungsrechte. Heute liegt der Preis pro Zertifikat bei nur sieben Euro.

Experten wollen noch weiter gehen

Vielleicht ändert sich das bald. Gerade hat die EU-Kommission angekündigt, ab nächstem Jahr 900 Millionen Zertifikate weniger als geplant zu versteigern. Das dürfte den Preis kräftig antreiben.

Experten wie der Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, wollen noch weiter gehen. Edenhofer fordert einen weltweiten Emissionshandel. Dafür soll jedes Land ein kleines Stück Atmosphäre zugewiesen bekommen. Das darf es dann mit CO2 verschmutzen. Pusten die Industrieländer zu viel Klimagas in die Atmosphäre, müssen sie den ärmeren, aber saubereren Ländern Platz abkaufen.

In den Industriestaaten würde ein solches Handelssystem klimafreundliche Technik fördern, hoffen die Befürworter. Arme Empfängerstaaten in Afrika könnten mit dem Geld wiederum ihre wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben.

Umsetzungsschwierigkeiten

So sinnvoll die Idee klingt: Sie ist schwierig umzusetzen. Das zeigt die aktuelle Debatte um den Flugverkehr: Die EU plant, jede Fluglinie, die in europäischen Flughäfen landet, zum Erwerb von Emissionszertifikaten zu verpflichten. Doch China und die USA protestieren gegen die Idee. Darum ist diese Regelung erst einmal ausgesetzt.

Eine Politik der kleinen Schritte ist nun gefragt. „Wenn man einen weltweiten Emissionshandel nicht von oben anstoßen kann“, sagt Klimaökonom Edenhofer, „dann eben von unten – indem regionale Emissionshandelssysteme nach und nach zusammenwachsen.“ Das könnte klappen: Australien hat beschlossen, sich dem EU-Emissionshandel anzuschließen, Kalifornien hat als erster US-Bundesstaat seinen eigenen Handel gestartet. Und im Jahr 2015 folgen Südkorea und vielleicht gar China.

Option 3: Grünes Wachstum


Wer bei der Nachhaltigkeit punktet
Gelsenkirchen Quelle: obs
Oberhausen Quelle: dpa/dpaweb
Krefeld Quelle: AP
Herne Quelle: dpa/dpaweb
Hamm Quelle: dapd
Mönchengladbach Quelle: dpa/dpaweb
Essen Quelle: AP

Der effiziente Umgang mit Rohstoffen und Energie spart der Industrie Kosten und kommt zugleich dem Klima zugute.

Anfangs waren es ein paar wenige Idealisten. Dann stiegen die Ölpreise, schließlich die Kosten für Rohstoffe. Und auf einmal ist es eine Massenbewegung: Unter den Unternehmen ist ein wahrer Wettbewerb ausgebrochen, wer am effizientesten und sparsamsten produziert. Laut einer Studie der Analysten von KPMG haben vergangenes Jahr 95 Prozent der 250 größten Unternehmen über ihr Nachhaltigkeitsmanagement berichtet und sich nachweislich in dem Feld engagiert. 1999 waren es nur 35 Prozent.

Diese Zahlen markieren den Beginn des Zeitalters der Green Economy. Ressourcen effizient zu nutzen ist kein Thema mehr nur für Biobauernhöfe, es entpuppt sich als wirtschaftlich höchst rational – und wird in einigen Branchen gar zur Überlebensfrage. Denn Strom, Wärme, Stahl und Kunststoffe werden künftig immer teurer werden.

Und so vermelden die Unternehmen stetig neue Diäterfolge: Gerade hat der Technologiekonzern Siemens einen neuartigen Lichtbogenofen vorgestellt, der die bis zu 1700 Grad Celsius heißen Abgase bei der Stahlschmelze nutzt, um Strom zu erzeugen. Den Münchnern zufolge sinkt der jährliche CO2-Ausstoß eines typischen Ofens mit 120 Tonnen Kapazität dank der neuen Technik um rund 30 000 Tonnen.

Kleine Maßnahmen riesige Effekte

So kommt der japanische Wärmepumpen-Hersteller Daikin in seinem Werk im belgischen Ostende mit 90 Prozent weniger Energie aus, seit er die Geräte nicht mehr mit Druckluft-, sondern Elektroschraubern montiert. Der Aachener Softwarespezialist Magma wiederum hat den Gießprozess von Aluminiumteilen optimiert: Es entsteht weitaus weniger Abfall, und die Energie- und Materialeffizienz steigt allein dadurch um 15 Prozent.

Sparsame Fertigungsverfahren, Rückgewinnung von Materialien, höhere Steuern auf Rohstoffe und mehr regenerative Energien – die Experten der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) sehen in dieser Kombination den Königsweg, den Klimawandel aufzuhalten – ohne den Wohlstand zu gefährden. Würde dieses grüne Wachstumsmodell konsequent umgesetzt, ließe sich gar das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, noch erreichen, glaubt OECD-Generalsekretär Angel Gurría.

Bei diesem Wandel in eine grüne Wirtschaft nehmen deutsche Unternehmen eine weltweite Vorreiterrolle ein (siehe auch Seite 6 des Sonderhefts WirtschaftsWoche Green Economy). Als erstes Automobilunternehmen der Welt will etwa BMW in wenigen Jahren seine mehr als 1,6 Millionen jährlich gefertigten Fahrzeuge mit grünem Strom produzieren. Schlichte Kostenkalkulation befeuere das Umdenken, meint Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Schließlich brächten Investitionen in energiesparende Techniken bis zu 20 Prozent Rendite – und einen positiven Klimaeffekt.

Das Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat das Einsparpotenzial einer effizienten Nutzung von Rohstoffen für ganz Deutschland hochgerechnet. Es ist riesig: jährlich 80 Millionen Tonnen weniger Material, 75 Milliarden Kilowattstunden weniger Strom und 60 Millionen Tonnen weniger CO2.

Ein entscheidender Wettbewerbsfaktor

Die Technologien dafür seien entwickelt, betont der frisch gewählte Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer. Sie einzusetzen hält er für „einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor“. Denn schon eine Reduktion des Rohstoffeinsatzes um nur sieben Prozent würde die deutsche Industrie um jährlich 48 Milliarden Euro entlasten. Und das wäre nicht der einzige positive Effekt: Eine Studie des Bundesumweltministeriums sieht die Zahl der Beschäftigten in Umwelttechnikbranchen bis 2025 von 1,4 auf 2,4 Millionen klettern. Der Umsatz soll pro Jahr um 10,6 Prozent wachsen.

Ganz ohne Schmerzen würde der Umstieg auf eine grüne, CO2-arme Wirtschaft indes nicht verlaufen. Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) würde es die Welt bis 2050 etwa drei Prozent Wirtschaftswachstum kosten, das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten. Für PwC-Chef-Ökonom John Hawksworth ein nicht allzu großes Opfer: „Der gleiche Wohlstand wird einfach ein Jahr später erreicht.“ So weiter zu wirtschaften wie bisher hält er dagegen für keine Alternative. Dann drohe sich der Globus im schlimmsten Fall um sechs Grad aufzuheizen – und würde zum unwirtlichen Ort.

Welche finanziellen Einbußen dann drohen, lassen die Folgen zweier Wetterkatastrophen aus jüngster Zeit erahnen: Die Dürreperiode diesen Sommer in weiten Teilen der USA hat nach Schätzungen von Ökonomen Schäden von zwölf Milliarden Dollar verursacht. Hurrikan Sandy, der die Ostküste der USA Anfang November traf, hat nach Schätzungen des Versicherungsdienstleisters Eqecat sogar Werte in Höhe von 50 Milliarden Dollar vernichtet.

Und das, so warnen Wissenschaftler, waren nur Vorboten dessen, was der Klimawandel künftig noch anrichten kann.

Option 4: Geo-Engineering


Kuriose Folgen der Energiewende
Schwierige Löschung von Windrad-BrändenDie schmalen, hohen Windmasten sind bei einem Brand kaum zu löschen. Deshalb lassen Feuerwehrleute sie meist kontrolliert ausbrennen – wie im April in Neukirchen bei Heiligenhafen (Schleswig-Holstein). Quelle: dpa
Tiefflughöhe steigtDie Bundeswehr hat die Höhe bei nächtlichen Tiefflügen angepasst. Wegen Windradmasten kann die Tiefflughöhe bei Bedarf um 100 Meter angehoben werden. Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt, dass dadurch Bauhöhen von bis zu 220 Meter realisiert werden können. Die Höhe des derzeit höchsten Windradtyps liegt bei etwa 200 Metern. Quelle: dpa
Dieselverbrauch durch WindräderViele neue Windkraftanlagen entstehen – ohne ans Netz angeschlossen zu sein. Solange der Netzausbau hinterherhinkt, erzeugen die Windräder keine Energie, sondern verbrauchen welche. Um die sensible Technik am Laufen zu halten, müssen Windräder bis zu ihrem Netzanschluss mit Diesel betrieben werden. Das plant etwa RWE bei seinem im noch im Bau befindlichen Offshore-Windpark „Nordsee Ost“. Quelle: AP
Stromschläge für FeuerwehrleuteSolarzellen lassen sich meist nicht komplett ausschalten. Solange Licht auf sie fällt, produzieren sie auch Strom. Bei einem Brand droht Feuerwehrleuten ein Stromschlag, wenn sie ihren Wasserstrahl auf beschädigte Solarzellen oder Kabel halten. Diese Gefahr droht nicht, wenn die Feuerwehrleute aus sicherer Entfernung den Wasserstrahl auf ein Haus richten – aber, wenn sie dabei ins Haus oder aufs Dach gehen. Stromschlagsgefahr gibt es ebenso für Feuerwehrleute, wenn sie nach einem Straßenunfall Personen aus einem beschädigten Elektroauto bergen müssen. Quelle: AP
Störende SchattenWindräder werfen Schatten – manche Anwohner sehen darin eine „unzumutbare optische Bedrängung“, wie es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausdrückte. Es gab einer Klage recht, die gegen ein Windrad in Bochum gerichtet war. Im Februar wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision des Investors ab. Das Windrad wird nun gesprengt. Quelle: dpa
Gestörte NavigationAuf hoher See wird es voll. Windparks steigern nicht nur das Kollisionsrisiko mit Schiffen. Die Rotoren stören auch das Radarsystem. Der Deutsche Nautische Verein schlägt daher vor, dass Windparks nur genehmigt werden, wenn die Betreiber auch neue Radaranlagen an den Masten installieren. Quelle: dapd
Windrad-LärmWindräder drehen sich nicht nur, dabei machen sie auch Geräusche. Je stärker der Wind, desto lauter das Windrad – und das wollen viele Bürgerinitiativen nicht hinnehmen. Ein Beschwerdeführer aus dem westfälischen Warendorf erreichte im September 2011 vorm Verwaltungsgericht Münster zumindest, dass eine Windkraftanlage nachts zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet wird. Quelle: dpa

Können Reparaturen die Erderwärmung stoppen, wenn der CO2-Ausstoß sich schon nicht aufhalten lässt?

Forscher diskutieren die Idee seit Längerem: Man dünge die Weltmeere mit Eisen, auf dass sich das Plankton vermehre – jene Kleinstlebewesen, die sich von Kohlendioxid ernähren. Und umso mehr Plankton im Meer, desto weniger CO2 in der Luft.

Für den US-Geschäftsmann Russ George sollte diese Klimaschutzstrategie nicht länger Theorie bleiben. Der Millionär ließ auf eigene Kosten mehr als 100 Tonnen Eisen in den Pazifik kippen. Und siehe da: Auf rund 10 000 Quadratkilometern explodierte der Planktonbestand. Anstelle von Dank erntete George für die Aktion aber heftige Kritik. Denn kein Mensch weiß, was geschieht, wenn Ökosysteme durch Massendüngung aus dem Gleichgewicht geraten.

Und das ist der Kern des Problems: So groß die Verlockung sein mag, den Klimawandel durch globale Reparaturarbeiten zu stoppen – so groß sind auch die Risiken. Dabei ist die Eisen-Düngung der Meere nicht einmal die kühnste Vision. So schlagen andere Klimaklempner vor, Tausende Spiegel in den Erdorbit zu bringen, um die Sonnenstrahlen ins All zu reflektieren. Nötig wären rund 20 Millionen Raketenstarts.

Wie ein Vulkanausbruch

Kostengünstiger ist der Vorschlag, tonnenweise Schwefel in der Stratosphäre zu verbrennen. Wie bei Vulkanausbrüchen würde sich ein dunstiger Schleier in der Atmosphäre verteilen, der ebenfalls die Kraft des Sonnenlichts verringert. Acht Milliarden Dollar würde es kosten, so schätzen US-Experten, um die Erde auf diese Weise auf präindustrielles Niveau abzukühlen.

Wieder andere Forscher wollen Wolken manipulieren. Diese Idee wird zum Beispiel von John Latham an der Universität von Manchester erforscht: Mikroskopisch kleine Partikel, etwa aus Meersalz, sollen bewirken, dass die Wassertropfen, aus denen sich Wolken bilden, schrumpfen. Dadurch würden Wolken weißer und könnten mehr Sonnenlicht reflektieren.

Wie realistisch sind diese Visionen? „Machbar ist das vielleicht alles“, sagt Andreas Oschlies von Geomar, dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. „Aber bisher kann man weder die genaue Wirkung noch die Risiken abschätzen.“ Der Physiker nimmt das Climate Engineering in einem gerade anlaufenden Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft unter die Lupe.

Mögliche Nebenwirkungen

Das Problem vieler dieser Ideen sind die möglichen Nebenwirkungen. So würden viele der Geo-Engineering-Techniken vermutlich nicht nur die Erde kühlen, sondern auch regional das Klima verändern. Hausgemachte Dürren oder Überschwemmungen könnten ganze Ernten vernichten – und die betroffenen Länder Kompensationszahlungen fordern.

Bei Techniken, die das Sonnenlicht abschirmen, entstehen weitere Probleme: » » Stößt die Menschheit weiter CO2 aus, muss die Klimaklempnerei über Hunderte Jahre ununterbrochen fortgeführt werden. Klappte man nämlich den künstlichen Sonnenschirm plötzlich zusammen, würde sich die Erde ziemlich rasch erwärmen.

Viele Wissenschaftler empfehlen daher sanftere, aber weniger effektive Methoden – das CO2 aus der Luft zu filtern und zu speichern etwa. Problematische Konsequenzen für das Klima sind dabei nicht zu befürchten. Eine natürliche Methode wie das Aufforsten wiederum hätte sogar positive Nebenwirkungen: Sie würde die Bodenerosion verringern. Den derzeitigen CO2-Ausstoß gliche sie aber nicht aus.

Den US-Millionär Russ George lässt die Kritik an seinem Projekt Meeresdüngung derweil kalt. Das Planktonwachstum fördere auch die Lachsbestände, verteidigt er sich – und helfe dadurch der lokalen Fischereiindustrie.

Option 5: Heimliche Klimakiller


Welche Unternehmen vom Klimawandel profitieren
Im Jahr 2007 erstellte die Forschungsabteilung der Deutschen Bank eine Studie zu den Gewinnern und Verlierern des Klimawandels. Zu den Gewinnern zählen demnach etwa hoch gelegene Skigebiete, wie der mehr als 3000 Meter hohe Piz Nair in St. Moritz (Bild) - zumindest vorläufig. Die Skigebiete sind bereits heute von der Erderwärmung betroffen. Vor allem niedrig gelegene Regionen leiden unter zu wenig Schnee. Ski fahren wollen die Menschen natürlich trotzdem und so profitieren hoch gelegene Gebiete von der Schneearmut ihrer Nachbarorte. Außerdem werden immer öfter Schneekanonen eingesetzt. Die Hersteller der Geräte können sich also über gute Geschäfte freuen. Quelle: ap
Der Weltklimarat erwartet unter anderem auch in Mitteleuropa und der Mittelmeerregion eine Zunahme von Dürren. Bilder wie dieses, das die durch Hitze und Trockenheit aufgebrochene Erde am Düsseldorfer Rheinufer zeigt, dürfte man demnächst häufiger sehen. Profitieren könnten davon sämtliche Technologien rund um die Wasserwirtschaft, wie etwa Hersteller und Betreiber von Wasseraufbereitungsanlagen, Kläranlagen, Meerwasserentsalzungsanlagen, Bewässerungstechnologien, Pumpen und Kompressoren. Quelle: dpa
Auch die Nachfrage nach Dünge- und Pflanzenschutzmitteln könnten aufgrund der Klimaveränderungen steigen. Profiteure wären dann die Produzenten der entsprechenden Güter wie etwa der Düngemittelhersteller K+S aus dem hessischen Kassel. Quelle: dpa
Speziell in Westeuropa werden die Hitzewellen zunehmen, erwartet der Weltklimarat in seiner jüngsten Studie. Davon könnte der Maschinenbau profitieren - schließlich steigt dann auch der Bedarf an Klima- und Lüftungstechnik. Quelle: dpa
Vor allem ältere Menschen werden von den extremen Temperaturen heftig getroffen werden und entsprechende Medikamente benötigen. Davon könnte die Pharmaindustrie profitieren. Zudem erwarten Experten, dass sich in Europa bislang unbekannte Krankheiten oder Krankheitserreger weiter nach Norden ausbreiten, zum Beispiel Malaria. Dann würden entsprechende Impfstoffe oder Medikamente stärker nachgefragt. Allerdings erwarten Fachleute auch, dass typische Winter- und Herbstkrankheiten wie Grippe oder Erkältungen auf Grund der milderen kalten Jahreszeiten abnehmen werden. Quelle: dpa
Bereits heute zählt die Bauindustrie zu den Gewinnern des Klimawandels. Um Energie zu sparen, wurden und werden zahlreiche Gebäude saniert. Auch die Beseitigung von Schäden durch die sich in Zukunft wohl häufenden extremen Wetterereignisse könnte Sonderkonjunkturen auslösen. Zudem müssen durch den steigenden Meeresspiegel gefährdete Küstenregionen stärker geschützt werden. Die Investitionen in die Aufstockung der Deiche kommen auch der Baustoffindustrie zugute. Quelle: dpa
Generell profitieren natürlich diejenigen Branchen, die auf Grund des Klimawandels besonders gefördert werden. Dazu zählen alternative Energien, wie etwa Windräder des Offshore-Windparks "EnBW Baltic 1" auf der Ostsee vor der Halbinsel Darß.  Die Energiewirtschaft ist aber auch negativ von Klimaeffekten betroffen. So könnten die Kosten für Versicherungen für Kraftwerke an Standorten, die häufiger extremen Wetterereignissen ausgesetzt sind, steigen. Auch der Reparaturbedarf könnte zunehmen. Quelle: dpa

30 Prozent der Erderwärmung gehen auf Schadstoffe wie Methan, Ruß und Ozon zurück. Ihr Ausstoß ließe sich leicht eindämmen.

Wenn es um die globale Erwärmung geht, steht meist nur das Gas CO2 am Pranger. Dabei gibt es weitere Schurken, die zum Treibhauseffekt beitragen – vor allem Methan, Ruß und bodennahes Ozon. Sie verursachen laut dem Weltklimarat IPCC 30 Prozent der Erderwärmung – und böten einen idealen Angriffspunkt, um den Klimawandel kurzfristig deutlich einzudämmen.

Denn Ruß und Methan gehören zu den sogenannten kurzlebigen Klimatreibern: Sie tragen wie Kohlendioxid zur Erderwärmung bei, werden aber deutlich schneller in der Atmosphäre abgebaut oder, im Falle von Ruß, mit dem Regen aus der Luft gewaschen. Das bedeutet: Wenn die Menschheit weniger CO2 ausstößt, wirkt sich das erst Jahrzehnte später positiv auf das Klima aus; spart sie bei Methan und Ruß, folgt die Wirkung nach Wochen oder Monaten.

Erderwärmung bis 2050 verringern

Welcher Effekt sich mit einem Kampf gegen die heimlichen Klimakiller erzielen ließe, berechnete unlängst ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Science“. Demnach könnte ein Bündel von Emissionsschutzmaßnahmen gegen Ruß und Methan bis zum Jahr 2050 die Erderwärmung um 0,5 Grad Celsius verringern.

Die Instrumente, die die Wissenschaftler vorschlagen, sind nicht kompliziert. So lässt sich Methan, das bei der Erdölproduktion bisher abgefackelt wird, auch zurück ins Erdreich pressen oder als Energiequelle nutzen. Mülldeponien, aus denen das Gas bisher meist ungehindert in die Atmosphäre entweicht, lassen sich mit Folien abdecken. Auch Reisfelder würden, stünden sie nur zeitweise unter Wasser statt das ganze Jahr, weniger Methan ausstoßen.


Gegen Ruß gibt es ebenfalls viele simple, aber wirksame Mittel: Partikelfilter für Dieselmotoren etwa oder ein Stopp der Brandrodung tropischer Wälder. Ein effektives Rußembargo käme am stärksten der Arktis zugute. Dort legen sich die feinen Partikel wie ein grauer Schleier auf das Eis, erwärmen sich im Sonnenlicht und beschleunigen das Abschmelzen der nördlichen Polkappe.

Weniger Ruß in der Luft könnte laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) die Erwärmung der Arktis bis zum Jahr 2040 um 0,7 Grad, also um zwei Drittel begrenzen. Gleichzeitig würden jährlich bis zu 4,6 Millionen vorzeitige Todesfälle, etwa durch Atemwegserkrankungen, vermieden.

Zum Kampf gegen die kurzlebigen Klimakiller trat im Februar die internationale Climate and Clean Air Coalition (CCAC) ins Leben, ein Bündnis von 17 Staaten – darunter Deutschland – das UNEP, die Weltbank und die Europäische Kommission. Ein starkes Argument haben die Klimaschützer auf ihrer Seite: Die Hälfte der Ruß- und Methanemissionen ließen sich laut UNEP mit Mitteln einsparen, die sich von selbst finanzieren – etwa mit neuen Motoren, deren Anschaffung sich durch den geringeren Benzinverbrauch bezahlt macht.

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