Wer fast komplett Selbstversorger werden will, schraubt zusätzlich ein Windrad aufs Dach. Das liefert im Winter, wenn die Sonne sich rar macht, zusätzlich Strom. Oder er kauft eine Brennstoffzelle oder ein Mikro-BHKW dazu.
Die größere Autonomie hat aber ihren Preis. Käufer müssen für die Systeme mehr als 40.000 Euro hinblättern, zeigen die nachfolgenden Musterrechnungen der Energieagentur:
Berater Kersten warnt vor Schnellschüssen. „Welche Lösung zu welcher Immobilie passt und sich am ehesten rentiert, muss der Besitzer in jedem Einzelfall prüfen.“ Die Aufstellungen, betont er, seien nur als Orientierungsgrößen zu verstehen.
Was tun, wenn die Sonne nicht scheint
Tatsächlich ist es alles andere als einfach, sich rund um die Uhr mit selbst erzeugtem Strom zu versorgen. Das fängt damit an, dass die Solarzellen auf dem Dach zwar um die Mittagszeit oft mehr Elektrizität liefern, als im Haus gebraucht wird. Morgens dagegen, wenn die Bewohner Kaffeemaschine und Toaster einschalten, oder abends, wenn sie ihre Computer starten und Fernsehen schauen, tendiert die solare Ausbeute gegen null (siehe Grafik).
Mit diesem Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage hatte auch Fischer zu kämpfen. Als der Kieferchirurg das 1994 erbaute zweistöckige Eigenheim 2008 mit seiner Ehefrau Karin bezog, setzte er zunächst eine Solarthermieanlage aufs Dach. Der Kollektor füllt ihm einen Speicher im Keller mit warmem Wasser fürs Heizen und Duschen, sobald die Sonne hervorlugt. Die liefert ihm seit 2010 über eine Fotovoltaikanlage auch Elektrizität – rund 7600 Kilowattstunden (kWh) im Jahr. Gut 5000 kWh mehr, als das Ehepaar und sein zweijähriges Töchterchen verbrauchen – das war ein Problem.
Denn der Arzt wollte ja sämtlichen Strom selbst nutzen, statt ihn zu verkaufen. Also installierte er im Herbst 2013 eine Lithium-Batterie im Keller. Sie fasst nahezu 14 kWh – genug um die Familie zwei Tage mit Strom zu versorgen.
Da die Sonne aber ausgerechnet im Winter, wenn die drei besonders viel Energie benötigen, wenig scheint, schaffte Fischer schließlich im März 2014 auch noch ein kleines BHKW an. Es verbrennt Biogas und produziert zu jeder gewünschten Zeit zugleich Strom und Wärme. Seither kann er seinen Bedarf im Zusammenspiel aller Komponenten zu jeder Sekunde decken.
Elektroautos werden auch versorgt
Für seine Unabhängigkeit musste der Arzt tief in die Tasche greifen. Insgesamt 76.000 Euro hat er investiert: 8000 Euro in den Kollektor, 30.000 Euro in die Solarzellen, 20.000 Euro in die Batterie und 18.000 Euro in das BHKW. Und um allen Strom selbst zu nutzen, hat er auch noch zwei Elektroautos gekauft, einen Tesla S und einen Opel Ampera. Deren Akkus lädt er mit den Kilowattstunden aus der Fotovoltaikanlage und dem BHKW, die er nicht im Haus verbraucht.
Völlig autark ist Fischer damit streng genommen immer noch nicht. Denn für sein Kellerkraftwerk braucht er ja weiterhin einen Gasanschluss.
Und ist die Technik nicht kompliziert und störanfällig?
Der Familienvater verneint das. Er rutscht auf dem Stuhl am Esstisch vor und nimmt einen Tablet-Computer zur Hand. „Das System steuert sich selbst“, erläutert er. „Das ist sehr komfortabel.“ Diagramme auf dem Monitor zeigen ihm den Füllstand der Batterie, wie viel Strom und Wärme die Solaranlagen und das BHKW aktuell produzieren und im Laufe der vergangenen Woche erzeugt haben sowie den Verbrauch jedes Haushaltsgerätes. „So gut wusste ich noch nie Bescheid“, sagt Fischer.