Urbanisierung Die größte Völkerwanderung der Geschichte

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Grüne Wende

Smog wird in immer mehr Ballungsräumen zum Problem. Laut WHO sterben jährlich rund zwei Millionen Menschen an den Folgen verdreckter Luft. Quelle: REUTERS

In den aufstrebenden Metropolen Chinas, Indiens und Afrikas steht die grüne Wende allerdings noch aus – mit oft tödlichen Folgen für ihre Bewohner. Laut einer jüngsten Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich rund zwei Millionen Menschen an verdreckter Luft.

Nicht nur um das zu ändern, stehen die Städte vor gewaltigen finanziellen Anstrengungen. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Booz & Company müssen Städte weltweit in den nächsten 30 Jahren 351 Billionen Dollar in Erhalt, Modernisierung, Ausbau und Nutzung ihrer Infrastruktur stecken.

Das Klima profitiert

Die gute Nachricht: Mit gezielten Ökoinvestitionen etwa in Gebäudeisolation, sparsame Verkehrssysteme und regenerative Energien können die Bürgermeister die Last deutlich mildern. Stecken sie bereits in den nächsten Jahren 22 Billionen Dollar in Greentech-Investitionen, fallen laut Booz langfristig nur Kosten von 296 Billionen Dollar an. Vor allem weil ihre Energierechnung sinkt.

Auch das Klima würde profitieren: Global würden dank des Einsatzes grüner Techniken in den nächsten 30 Jahren mit rund 200 Gigatonnen CO2 gut 40 Prozent weniger Klimagas ausgestoßen.

Längst bereiten sich Konzerne wie Siemens, General Electric (GE), ABB, IBM und Cisco auf diesen gigantischen Umbau vor: Sie entwickeln intelligente Stromnetze, selbstfahrende Elektroautos, smarte Gebäudetechnik, Instrumente für nachhaltigere Wassernutzung und alles rund um grüne Energieerzeugung.

Mobilität: Die Top-Metropolen
Es wird eng fürs AutoWelche Stadt hat einen (guten) Mobilitätsplan? Eine Studie von Arthur D. Little zeigt, in welchen Metropolen man am besten von A nach B kommt - und mit welchem Verkehrsmittel das am schnellsten geht. Exklusiv für die Wirtschaftswoche wurden dem internationalen Vergleich der Top-Mobilitäts-Metropolen ausgewählte deutsche Städte hinzugefügt. In vielen Städten spielt das Auto immernoch eine große Rolle in der Fortbewegung. Selbst bestimmen zu können - unabhängig von jedem Fahrplan - wann man sich auf den Weg macht, ist für viele Städter ein Luxus, den sie nicht missen möchten. Aber das Auto hat nicht nur Vorteile: Abgase verpesten die Luft und höhe Steuern schmälern den Geldbeutel. Und so setzen viele Menschen mittlerweile aufs Rad, auf Bus und Bahn, auf Carsharing - oder auf eine Kombination. Quelle: dpa
Wuhan: Mit dem Mietfahrrad (fast) überall hinOb das Radfahren in Wuhan immer und bei jedem Wetter Spaß macht, sei dahingestellt. Aber die Stadt bietet sehr gute Voraussetzungen für die Fortbewegung per Pedal: Auf eine Million Einwohner gibt es 6500 Mieträder - keine andere Stadt im Ranking bietet mehr. Außerdem werden an den Stationen Snacks und Getränke verkauft, damit die Radler neue Energie tanken können. Wuhan erreicht 71,8 von 100 erreichbaren Mobilitätspunkten. Quelle: Reuters Stringer Shanghai
Madrid: Überdurchschnittlich gutMadrid sticht in keiner der untersuchten Kategorien wie z.B. Zufriedenheit mit dem Nahverkehr oder durchschnittlicher Fahrzeit zum Arbeitsplatz hervor. Da es aber in allen Bereichen leicht überdurchschnittliche Werte erreicht, schafft es die Hauptstadt Spaniens mit 71,8 von 100 erreichbaren Punkten unter die Top 20 im internationalen Moblitäts-Ranking. Quelle: Reuters Susana Vera
Barcelona: Bus, Bahn und Rad beliebtEinen Spitzenplatz belegt die spanische Großstadt in der Kategorie "Marktanteil Öffentlicher Nahverkehr". 530 Kilometer Nahverkehr und Top-Verkehrsleitsystem: Bahn, Bus und Rad kommen auf 84 Prozent Marktanteil. Keine andere Stadt weist eine höheren Wert auf. Insgesamt erreicht Barcelona 72,3 Punkte und damit Platz 13 im Ranking der internationalen Metropolen. Quelle: Reuters Albert Gea
Hannover: In 20 Minuten zur ArbeitMehr als eine halbe Million Einwohner leben in der Landeshauptstadt Niedersachsens und sie benötigen durchschnittlich nur 20 Minuten zur Arbeit. Zwei Minuten weniger und Hannover hätte den Bestwert in dieser Kategorie erreicht. Auch die Zufriedenheit mit dem Nahverkehr ist bei den Hannoveranern "hoch". Ein gutes Ergebnis mit insgesamt 72,4 von 100 erreichbaren Punkten. Quelle: dpa
Leipzig: Höchster Anteil öffentlicher VerkehrIn Leipzig fährt man gerne Bus und Bahn. Aber auch, wer lieber selber fährt, muss dafür nicht unbedingt ein Auto kaufen. Der Carsharing-Anteil in Leipzig ist hoch: pro einer Million Einwohner stehen mehr als 200 Carsharing-Autos zur Verfügung. Damit liegt Leipzig im Vergleich der deutschen Großstädte auf Platz 5 von 15. Quelle: dpa
Stuttgart: Von der Bahn aufs E-BikeNach den Schlagzeilen um Stuttgart 21 punktet die Bahn in Stuttgart mit anderen Arten der Fortbewegung: Sie bietet Mietfahrräder an. Der Clou: Man wird beim Strampeln unterstützt - von einem Elektromotor. Damit ist die schwäbische Landeshauptstadt die einzige Stadt im Vergleich der 15 deutschen Großstädte, in der Bürger auf Miet-Elektro-Velos zurückgreifen können. Für die Mobilitätsstrategie ernten die Schwaben ebenfalls ein "sehr gut". Im Vergleich der deutschen Städte reicht es damit für Platz vier und insgesamt 74,3 Punkte. Quelle: DB Rent GmbH Ralf Braum

Die Marktforscher von ABI Research schätzen, dass 2016 in die laufenden 102 Smart-City-Projekte knapp 40 Milliarden Dollar fließen werden – gegenüber etwas mehr als acht Milliarden Dollar 2010.

Schon sieht der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hiesige Unternehmen in der Rolle eines Weltmarktführers. Siemens-Chef Peter Löscher hat erst im Oktober das neue Geschäftsfeld „Infrastruktur und Städte“ eingerichtet, um diesen Markt, den er auf jährlich 300 Milliarden Euro taxiert, besser bedienen zu können. Die Münchner holen damit allerdings nur nach, was Dauer-Rivale GE längst vollzogen hat.>>>>>>>>LINK20

Neben den Konzernen verdienen auch die Städte an dem Umbau. Ein Beispiel ist laut Booz-Experte Nick Pennell die Metropole Baoding, südwestlich von Peking. Die Elf-Millionen-Stadt hat die Zahl der Unternehmen, die Umweltgüter produzieren, in wenigen Jahren von 64 auf mehr als 200 fast vervierfacht. Einer der bekanntesten Vertreter der dortigen Greentech-Industrie ist der Solarmodulhersteller Yingli.

Eine Erfolgsgeschichte: Die neuen Firmen haben in Baoding mindestens 14.000 neue Jobs geschaffen und ihre Umsätze auf rund vier Billionen Dollar geschraubt.

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