Wie ist der Plan?
Sie arbeiten mit Fassadensystemen, die Sonnenlicht wahlweise in Strom oder Wärme umwandeln. Letztere wird in großen, unterirdischen Speichern gesammelt. Kleine, über das Gebilde verteilte Windräder erzeugen ebenfalls ganzjährig Elektrizität.
Flugroboter, hybride Solarfassaden, Multifunktionswaben – ist das technisch nicht alles sehr weit weg?
Natürlich betreten wir hier bewusst Neuland. Doch wir haben gezielt Technologien ausgewählt, die nach unseren Erwartungen bis 2020 bereitstehen.
Wie überzeugt sind Sie denn davon, dass Menschen bereit sind, ihren Alltag in luftige Höhen zu verlegen?
Das hängt vom kulturellen Hintergrund ab. Japaner und Singapurer etwa sind längst gewöhnt, einen Großteil ihres gesellschaftlichen und privaten Lebens in der Höhe zu verbringen. Da gibt es im 20. und 40. Stock Restaurants, Fitnessstudios, Läden oder Parks, in denen man sich trifft. In Singapur werden Wohn- und Hotelhochhäuser über öffentlich zugängliche Brücken bereits erfolgreich miteinander verknüpft. Das ist eine Art Vorstufe der vertikalen Stadt.
Europäer werden solche 600 Meter hohe Quartiere eher als optisches Monstrum empfinden, das die gewachsene Bausubstanz erschlägt.
Erst einmal wäre dieser Eindruck übertrieben. Wir arbeiten mit sehr filigranen und transparenten Strukturen, die sich fast wie selbstverständlich in die Umgebung integrieren, außerhalb der Stadt geradezu Teil der Landschaft werden.
Zu übersehen wäre das Ensemble dennoch nicht.
Wir sagen ja nicht, dass dieser Modellentwurf ein Allheilmittel für jede städtebauliche Situation ist. Aber die Vertikale darf künftig nicht mehr stigmatisiert sein.
Die Vorbehalte wären damit aber noch nicht aus der Welt.
Es geht um die Entwicklung von Alternativen. Nehmen wir Zürich. Die Stadt zieht viele Menschen an und braucht eine nachhaltige Entwicklungsperspektive. Wollen wir die neuen Bewohner in den Tälern und auf den Bergen ringsum ansiedeln? Kaum. Dann wäre die Landschaft zerstört.
Was schlagen Sie stattdessen vor?
Unlängst wurde einer Architektengruppe vorgeschlagen, auf einem ungenutzten Militärflughafenareal unweit von Zürich nach dem vertikalen Prinzip eine Schwesterstadt anzulegen. Hier ließe sich durchaus eine Stadt nach dem vertikalen Prinzip entwickeln.
Die vertikale Stadt muss also nicht unbedingt in Metropolen entstehen?
Nein. Für unseren ersten Entwurf haben wir uns als idealen Standort gar den abgelegenen Ort Meuse ausgesucht, ein Flecken Land ungefähr eine Zugstunde von Paris entfernt.