Waldwirtschaft Der Wunderbaum aus Thüringen

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Millionenschwere Wette auf einen Zukunftsmarkt

Maschinell und in großen Mengen produziert, so die Überlegung, müssten sich auch Balken, Platten und Träger aus Buche zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten lassen. Insgesamt 120 Millionen Euro steckte der Unternehmer 2013 in den Bau eines neuen Werks in Creuzburg. Bei der Furnierproduktion werden die riesigen Buchenstämme in riesigen Maschinen fixiert und dann rotierend zerschnitten. In einer einzigen, durchgehenden und nur drei bis fünf Millimeter dicken Schicht wird der Stamm immer weiter abgeschält, bis nur noch eine rund zehn Zentimeter dicke Stange übrigbleibt.

Die dünnen Holzlagen werden dann zurecht geschnitten, in unterschiedlicher Ausrichtung übereinander gelegt, verklebt, gepresst und so zu neuen, massiven und sehr stabilen Holzplatten verbunden. Das Ergebnis dieses inzwischen hochgradig automatisierten Prozesses haben sie bei Pollmeier „BauBuche“ getauft.

„Wir haben viel Lehrgeld gezahlt“

Doch bis der Prozess in Creuzburg zuverlässig lief, brauchte Pollmeiers Truppe viele Monate. Denn damit sich die Buche wie geplant schälen lässt, damit die dünnen Schichten nicht reißen, sich die neuen Bauteile nicht verziehen, muss das Holz mal gewässert und mal getrocknet werden, mal erwärmt und mal abgekühlt, müssen auch die Maschinen viel feiner justiert werden, als das etwa beim Furnierschnitt mit weicherem Nadelholz erforderlich ist.

Immer und immer wieder mussten daher auch die Hersteller der extra für das thüringische Unternehmen konstruierten Maschinen nach Creuzburg anrücken, um die Produktionstechnik zu optimieren. „Wir haben viel Lehrgeld gezahlt“, sagt Pollmeier-Ingenieur Hassan. Dazu kommen noch rund 200.000 Euro, die das Unternehmen investiert hat, um das innovative Bauholz von den Aufsichtsbehörden getestet und für den Einsatz am Bau zugelassen zu bekommen. „Aber jetzt läuft die Produktion in vollem Umfang und mit voller Qualität.“

Teurer aber trotzdem konkurrenzfähig

Rund 700 Euro kostet der Kubikmeter Furnierschichtholz heute. Das ist, absolut gesehen, noch immer rund ein Drittel teurer als das in vielen Anwendungen konkurrierende Brettschichtholz aus Fichte. Das ist für rund 450 Euro zu haben. Trotz des Preisunterschiedes ist man bei Pollmeier überzeugt, ein preislich wettbewerbsfähiges Produkt anbieten zu können – und verweist dabei auch auf die Forschungsergebnisse der historischen Flugzeugbauer.

Denn weil die Buchenholzelemente eine deutlich höhere Tragfähigkeit und Biegefestigkeit haben als jene aus Fichte, lassen sich etwa Wand- und Deckenkonstruktionen mit weniger mächtigen Holzträgern bauen. „Das spart rund ein Drittel des erforderlichen Querschnitts und gleicht so den teureren Grundpreis aus“, rechnet Marketing-Mann Hassan vor. Dabei ermögliche die BauBuche, verspricht er, entweder schlankere Konstruktionen oder – bei gleichen Querschnitten wie sonst bei Nadelhölzern – eine wesentlich höhere Belastbarkeit der Bauten.

Wie weit das geht, haben Studierende der Technischen Universität München am Beispiel eines Parkhauses durchgerechnet, bei dem sie für die tragenden Elemente auf Pollmeiers Furnierschichtholz setzten. Noch ist das Parkhaus zwar nur ein Designentwurf, doch für die Konstruktion herkömmlicher Bauten greifen Architekten inzwischen immer öfter auf das Konstruktionsholz aus Buche zurück.

So stammen große Teile der Konstruktion bei einem neuen Holzhochhaus im Schweizer Kanton Zug aus der Fertigung in Creuzburg. Die Europäische Schule in Frankfurt wurde mithilfe von Elementen aus Pollmeiers BauBuche umgebaut. Im Pariser Kulturzentrum Centre Pompidou verbindet eine Treppe aus dem Material mehrere Etagen. Etwa zehn Prozent des Jahresumsatzes von rund 200 Millionen Euro stammten bisher aus dem Absatz des innovativen Furnierholzes. „Für uns ist das – gerade mit Blick auf das wachsende Angebot von Buchenholz – ein Markt mit enormem Zukunftspotenzial“, glaubt Hassan.

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