Trotz diverser Umweltbedenken Hier dürfte Europas erste Lithiummine entstehen

Rund um den Ort Covas do Barroso im Norden Portugals vermuten Geologen bis zu 60.000 Tonnen Lithium. Das britische Bergbau-Unternehmen Savannah Resources will diesen Schatz heben, doch Bürgerinitiativen laufen Sturm gegen die geplanten Minen. Quelle: LiveEO/Skywatch

Europa braucht Lithium – ist bisher aber völlig auf Importe angewiesen. Lange sah es dennoch so aus, als würden die hiesigen Projekte am Widerstand der Bürger scheitern. Jetzt aber geht es doch voran: Das größte Projekt in Portugal hat eine wichtige Genehmigung erhalten.

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Selten hat eine wirtschaftliche Beziehung die Bezeichnung Hassliebe so sehr verdient wie die zwischen Europas Unternehmen und dem Rohstoff Lithium. Die Konzerne aus der Elektronikindustrie und der Autoherstellung sind von dem Rohstoff abhängig, haben daher ein großes Interesse an direktem Zugriff auf die Bezugsquellen. Zugleich ist die Gewinnung mit solch immensen Umwelteingriffen verbunden, dass heimische Projekte zum Scheitern verurteilt galten. Bis jetzt: Das portugiesische Projekt Barroso im Norden des Landes hat nun die Genehmigung der Umweltbehörde erhalten.  Der Konzern Savannah Ressouces darf weitere Schritte einleiten um mit der Ausbeutung der größten Lithium-Vorkommen auf dem Kontinent zu beginnen. 

Für die Branche ist das ein echter Durchbruch, wie auch der Blick auf die diversen anderen Projekte zeigt. In Serbien etwa, wo das bislang wichtigste europäische Abbauprojekt im Entstehen war, haben vor nunmehr anderthalb Jahren  tausende Demonstranten Straßen und Autobahnen in Belgrad und anderen Städten blockiert. Die geplante Lithiummine nahe des Ortes Loznica im Westen des Landes, so fürchteten Umweltschützer, würde Ackerböden, Grundwasser und naheliegende Flüsse verschmutzen. Die Proteste zeigten Wirkung: Die serbische Regierung legte zwei geplante Gesetzesvorlagen auf Eis, die das Bergbauprojekt vorantreiben sollten.

Der britisch-australische Bergbaukonzern Rio Tinto, der hinter dem Rohstoffvorhaben steht, bemühte sich um Schadensbegrenzung. Bis heute aber liegt das Projekt auf Eis. Dabei hatte der Konzern durchaus schon einiges investiert, wie Satellitenbilder von LiveEO zeigen.  Auf Äckern entstanden Zufahrtswege durchs Grün, klafften offene Stellen in der Landschaft, an denen der Konzern Probebohrungen vornehmen konnte. Doch inzwischen wächst schon wieder Gras über die Anlagen, wurden diese Wege den Aufnahmen zufolge von Landwirten wieder umgepflügt.


Das Vorhaben östlich von Loznica ist  nur eines von vielen Lithiumprojekten, die in Europa groß angekündigt wurden – nun aber kaum vorankommen. Vielerorts stoßen die Vorhaben auf Widerstand von Anwohnern und Umweltschützern, die um ihre Äcker und Einkommen bangen und um den Erhalt der Natur.
Umso wichtiger ist nun die Genehmigung in Portugal. Bis 2030, so sieht es ein Szenario der EU vor, werde Europa 18-mal mehr Lithium benötigen, um Akkus für Elektroautos und Energiespeicher herzustellen. Zugleich will die EU mit der European Battery Alliance die heimische Batteriefertigung für Elektroautos massiv ankurbeln.
Aktuell bezieht die EU einen Großteil des Lithiums aus China, wo es aus Rohmaterial raffiniert wird. Das Rohgestein wiederum wird vor allem in Nord- und Südamerika sowie Australien abgebaut, wo die weltweit größten Lagerstätten liegen. Weil nun weltweit die Nachfrage nach dem Element massiv steigt, werden aber kleinere europäische Lithiumvorkommen für Investoren und Bergbaukonzerne attraktiv.

(Lesen Sie auch unsere große Analyse: Der Rohstoffhandel wird immer wichtiger. Wer weltweit die Fäden zieht – und wer am Preisboom besonders verdient.)

So  auch in Portugal: 60.000 Tonnen Lithium vermuten Geologen hier. Damit hat das Land die weltweit neuntgrößten Reserven nach Simbabwe und Brasilien. Das britische Bergbau-Unternehmen Savannah Resources will diesen Schatz nun heben: Im Jahr 2017 haben sich die Briten Abbaurechte für eine Lagerstätte rund um den Ort Covas do Barroso in Nordportugal gekauft.


In den vergangenen Jahren haben die Bergbauunternehmer rund um Covas do Barroso schon viel Staub aufgewirbelt: Die Satellitenbilder zeigen, wie der Konzern in den vergangenen Jahren an mehreren Stellen Straßen und Bohrstellen angelegt hat, um das Vorkommen zu untersuchen.

Doch in den Jahren 2020 und 2021 war nicht mehr viel passiert, zeigen die Aufnahmen. Der Konzern wartete auf grünes Licht für den Abbau des Lithiums von der portugiesischen Umweltbehörde. Das ist nun da. Und so dürfte es nicht mehr lange dauern, bis auch Savannah Ressources die Vorbereitungen fortsetzt. 


Die portugiesische Regierung will mit dem Lithiumabbau eine neue Industrie aufziehen und vom Megatrend Elektromobilität profitieren. Aber auch hier stießen die Abbaupläne auf massive Proteste. Der bestehenden Wirtschaft in der Region werde die geplante Mine nur schaden, fürchteten Gegner des Projekts, die sich in einer Bürgerinitiative zur Verteidigung von Covas do Barroso zusammengeschlossen haben. In der noch recht urtümlichen bergigen Agrarlandschaft betreiben Bauern vergleichsweise nachhaltige Landwirtschaft, züchten Barrosa-Rinder, die Anfang der 90er-Jahre noch vom Aussterben bedroht waren. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hat die Gegend zu einem global bedeutenden Agrarkulturerbe ernannt, einem von nur sieben in Europa.


Dieses Erbe sehen die Bewohner nun in Gefahr. Der Bergbau, fürchten sie, werde eine Wunde in die Landschaft reißen, das Grundwasser belasten, die Natur verschmutzen. Imkerei, Landwirtschaft, Tourismus würden bedroht. Beteuerungen von Savannah Resources, sich an Umweltstandards zu halten, hält die Bürgerinitiative für „Propaganda“.

Die Umweltbehörde hat diese Bedenken nun vorerst in den Wind geschlagen, auch da der Bergbaukonzern sein einen Abbauplan erheblich geändert habe. 

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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