Wirtschaft von oben #103 – Solarparks USA im Wandel – so will Biden die Klimaziele erreichen

Kalifornien bietet sich mit seinen vielen Sonnenstunden für Solarparks an. Aber auch in anderen Gegenden der USA nimmt der Ausbau der Erneuerbaren zu. Quelle: LiveEO/Skywatch

US-Präsident Joe Biden will den Schatten seines Vorgängers beim Kampf gegen den Klimawandel abschütteln und verkündet auf dem digitalen Klimagipfel ehrgeizige Ziele. Um diese zu erreichen, muss sich der Energiesektor schnell wandeln. Erste Schritte nahm das Land bereits in den vergangenen Jahren, wie Satellitenbilder zeigen. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Joe Biden hatte große Pläne, als er sich am Donnerstag mit 40 Staats- und Regierungschefs zum digitalen Klimagipfel zusammenschaltete. Pünktlich zum Earth Day wollte der US-Präsident die Vereinigten Staaten erneut als globale Führungsmacht beim Kampf gegen den Klimawandel etablieren – und der globalen Gemeinschaft die Bedeutung der Aufgabe vor Augen führen. Es sei von kritischer Bedeutung, so Biden, die Erderwärmung zu begrenzen. „Dies ist die Dekade, in der wir die Entscheidungen treffen müssen, um die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu vermeiden“, sagte das amerikanische Staatsoberhaupt zu Beginn der Beratungen. „Wir müssen schnell handeln, um diese Herausforderung zu meistern.“

Biden beließ es nicht bei Appellen. Im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit verkündete der 78-Jährige, dem eigenen Land schärfere Klimaauflagen zuzumuten als bisher vereinbart waren. So sollen die USA den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 50 Prozent des Niveaus von 2005 reduzieren – ein deutlich aggressiveres Ziel, als es Bidens Vor-Vorgänger Barack Obama ausgegeben hatte.

Um ein solch ambitioniertes Ergebnis zu erreichen, muss der amerikanische Energiesektor sich verändern. Und das schnell. Zwar nimmt der Anteil an erneuerbaren Energiequellen an der amerikanischen Stromerzeugung seit Jahren stetig zu, stieg aber trotz allen Anstrengungen bis 2020 laut der Regierungsbehörde Energy Information Agency (EIA) nur auf 21 Prozent. Der Anteil von Erdgas am amerikanischen Energiemix ist doppelt so hoch. Dass die amerikanischen Emissionen stetig sinken, schreiben Experten vor allem dem zunehmenden Abschied von Kohlekraft zu, die aber zum großen Teil durch das – sauberere – Verbrennen von Gas ersetzt wird.


Diese Momentaufnahme sollte jedoch nicht über die Anstrengungen hinwegtäuschen, die mit Blick auf den Aufbau der Erneuerbaren unternommen werden. Allein im vergangenen Jahr wurden in den USA genug neue Solaranlagen installiert, um mehr als 19 Millionen Gigawatt Strom zu produzieren. Die neuen Panels machten 43 Prozent der im vergangenen Jahr zugebauten Energieproduktionskapazität aus. Insgesamt liegt die Sonnenenergiekapazität in den Vereinigten Staaten damit bei fast 98 Millionen Gigawatt – genug, um fast 18 Millionen amerikanische Haushalte mit Energie zu versorgen.

Bereits der bisherige Ausbau hat riesige Flächen in den amerikanischen Wüsten mit Solarpanels bedeckt, wie exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen. 2015 etwa ging in Rosamund, nördlich von Los Angeles in Kalifornien gelegen, die Solar Star Sonnenfarm ans Netz. 1,7 Millionen Panels ausgebreitet auf mehr als 13 Quadratkilometern – es war die damals größte Photovoltaik-Anlage der Welt. Ähnlich große Anlagen stehen jedoch nicht nur in Kalifornien. Auch im traditionellen Öl-Staat Texas erstrecken sich mittlerweile riesige Solaranlagen.


Auch die Windenergie befindet sich im Aufschwung. Laut EIA gingen im vergangenen Jahr genug neue Turbinen ans Netz um 23 Gigawatt Strom zu erzeugen. Ein neuer Rekord. 2021 dürfte der Anteil der Windkraft an der gesamten amerikanischen Energieproduktion erstmals über zehn Prozent steigen.

Und der Ausbau soll weitergehen. Bis 2050 werde der Anteil der Erneuerbaren sich verdoppeln, prognostiziert die Behörde. Ob das jedoch ausreichen wird, um Bidens Ziel von komplett CO2-neutralen Vereinigten Staaten im selben Jahr zu erreichen, ist eine andere Frage. Deshalb schiebt der Präsident das Thema weiter an. Fast die Hälfte der geplanten Ausgaben in seinem mehr als zwei Billionen Dollar schweren Infrastrukturpaket sollen deshalb in Projekte fließen, die saubere Energie unterstützen. Es wäre eine gewaltige Umwälzung für die USA. Schließlich ist das Land derzeit noch der zweitgrößte Emittent von klimaschädlichen Gasen auf dem Planeten.


Allerdings eine, die durchaus auch Chancen bietet. Denn der Umbau der amerikanischen Energiewirtschaft bietet auch die Chance auf einen Boom auf dem Arbeitsmarkt. Schon heute arbeiten mehr als drei Millionen Amerikaner im Erneuerbaren-Sektor. Der Covid-Absturz im vergangenen Jahr hat allerdings auch diesen Bereich getroffen. Zum ersten Mal seit 2015 verlor der Bereich 2020 Arbeitsplätze. Trotzdem wird er weiterhin als Chance gesehen. Zuletzt sprach sich sogar die Gewerkschaft United Mine Workers of America für die Energiewende aus. Sie biete seinen Mitgliedern die beste Chance auf neue Jobs, so Gewerkschaftsboss Cecil Roberts, der auch zahlreiche krisengeschüttelte Kohlekumpel vertritt.

Rückenwind bekommt Biden für seine Pläne zudem von der Öffentlichkeit. Nach Jahren der Skepsis sieht mittlerweile ein großer Teil der US-Bevölkerung den Klimawandel als Problem, das ihr Leben beeinflusst. In einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Pew sprachen sich fast 80 Prozent der Befragten für die Priorisierung der Entwicklung alternativer Energiequellen aus. Dass die Regierung nicht genug tut, um die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen, glaubten immerhin zwei Drittel. Zumindest dem will Biden nun etwas entgegensetzen.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört. 

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