Wirtschaft von oben #157 – Die Häuser von Russlands Elite Hier residieren Putin und sein engster Zirkel im puren Luxus

Bereits zu Sowjetzeiten diente das Anwesen „Nowo Ogarjowo“ außerhalb von Moskau als staatliche Residenz und Gästehaus für internationalen Besuch. Quelle: LiveEO/Google Earth

Die russische Armee verkämpft sich auf Befehl Putins in der Ukraine. Der Präsident und sein engster Zirkel residieren unterdessen unbehelligt in Luxusvororten. Satellitenfotos zeigen, wie die Mächtigen von Russland leben. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Während sich Russlands Armee bei ihrem blutigen Vormarsch in der Ukraine quält, führen die Kriegstreiber wie Wladimir Putin und Dmitri Medwedew oder der russlandfreundliche ukrainische Ex-Präsident Wiktor Janukowitsch unweit der russischen Hauptstadt ein Leben in Pomp.

Exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen, wie luxuriös Putin und seine Vertrauten leben und welche prominenten Nachbarn sie haben. Bis zuletzt wohnte auch Jan Marsalek, der gesuchte Ex-Vorstand des deutschen Skandalkonzerns Wirecard, nur wenige Kilometer von Putin und Verteidigungsminister Sergej Schojgu entfernt.

Das Haus, in dem sich dieser mindestens zwei Jahre versteckt hielt: eine Villa im modernen russischen Stil, eine überdimensionierte und luxuriöse Blockhütte mit einem eigenen Teich und einer Tennisanlage. „Hier beginnt die Rubljowka“, so werben Makler, die hier die Grundstücke und Häuser verkaufen. Rubljowka steht dabei für die Ausfall-Straße Rubljowskoe Chaussee im Westen der Hauptstadt, an der sich wie eine Perlenkette teure Neubausiedlungen für die Reichen und Mächtigen aneinanderreihen.


Razdory, wo das Marsalek-Anwesen steht, liegt nur fünf Kilometer von Moskau entfernt und ist Teil einer ganzen Siedlung, finanziert vom Milliardär Roman Abramowitsch. Seine britische Baufirma Millhouse Capital, so heißt es in Moskau, habe die Architekten beauftragt, eine „gemütliche Siedlung im gregorianischen Stil“ zu entwerfen. Die Mehrheit der Häuser erinnert deshalb mit ihren Backsteinfassaden eher an England. Im nördlichen Teil des Ortes, wo sich das Marsalek-Versteck befindet, stehen allerdings die deutlich teureren individuellen Projekte zu Kaufpreisen von mindestens zehn Millionen Euro. Ob der Gesuchte nach wie vor dort ist, ist unklar.

In unmittelbarer Nachbarschaft wohnen nach Angaben des russischen Investigativportals „Projekt“ gleich zwei Vizepräsidenten des russischen Ölförderers Lukoil, ein ehemaliger Wirtschaftsminister und ein Vice President des Bergbaukonzerns Norilsk Nickel. Noch weiter nördlich, näher an den Windungen der Moskwa, befindet sich ein extra abgezäuntes Areal. Hier wohnt in einem Anwesen der Finanzminister Anton Siluanow und Ruslan Zalikow, Stellvertreter des Verteidigungsminister Sergej Schojgu.

Die Siedlung Razdory bietet jedoch nur einen Vorgeschmack auf die Welt von Moskaus Superreichen. Nur wenige Kilometer weiter westlich befindet sich etwa das Anwesen von Schojgu, der im aktuellen Konflikt mit der Ukraine eine Schlüsselrolle spielt. Kein Wunder, denn die Freundschaft zu Putin währt seit zwei Jahrzehnten. Als Minister für Katastrophenschutz erarbeitete sich Schojgu große Beliebtheit beim russischen Volk und nutzte diese 1999. Als Frontman der gerade aus der Taufe gehobenen Kreml-Partei Einheit, die später zu Einiges Russland wurde, zog er für Putin in den Wahlkampf. Seit 2012, als Putin in den Kreml zurückgekehrt ist, ist Schojgu nun als Minister für die russische Armee zuständig.


Das opulente Anwesen im japanischen Stil in der Siedlung Barwikha haben 2015 der Oppositionelle Alexej Nawalny und seine Mitstreiter entdeckt. Der geschätzte Wert lag damals bei 18 Millionen Euro. Für einen Minister eigentlich unerschwinglich; die russische Opposition hegte Korruptionsverdacht. Schojgu versuchte, die Eigentumsverhältnisse zu verschleiern. Zuerst gehörte das Anwesen einer Tochter von Schojgu, später der Schwester seiner Ehefrau. Heute befindet sich das Anwesen im Besitz einer Briefkastenfirma.

Noch zurückgezogener wohnt in der Nachbarschaft der Rubljowka auch Wladimir Putin. Von Razdory über das Dorf Barwikha vorbei an Luxusgeschäften, einem Ferrari-Autohaus, einer Schule für VIP-Kinder führt die Rubljowka-Straße direkt zum Dorf Ussowo. Eine Abzweigung bereitet den Weg zu Putins Anwesen in Nowo Ogarjowo. Es diente bereits zu Sowjetzeiten als staatliche Residenz und Gästehaus für internationalen Besuch. Die Vielzahl solcher staatlichen Residenzen und Gästehäuser aus Sowjetzeiten hatte überhaupt erst dafür gesorgt, dass die westliche Vorstadt Moskaus nach der kapitalistischen Wende in Russland zu einem der teuersten Landstriche Europas wurde. Seit dem Jahr 2000 hat Putin die Residenz in Nowo Ogarjowo zu einer Art privatem Wohnsitz umgebaut.


Abgelegen im Wald unweit der Moskwa-Windung bietet das Haus Sicherheit und Zurückgezogenheit – genau das, was der russische Präsident in letzter Zeit besonders zu schätzen weiß.

In den vergangenen Jahren sind rund um das Anwesen zudem weitere Häuser entstanden. Etwas westlich der Hauptvilla wurde in den vergangenen Jahren ein ganzer Sport- und Gesundheitskomplex aus dem Boden gestampft. Nördlich des Moskwa-Flusses ist in den vergangenen Monaten eine Art Hubschrauber-Terminal hinzugekommen, der mit einer neuen Brücke mit Putins Anwesen weiter im Süden verbunden ist.


Doch nicht nur im Westen Moskaus haben sich Politiker und VIPs aus dem Dunstkreis des Kremls niedergelassen. Im Süden der Hauptstadt befindet sich etwa das ehemalige Künstlerdorf Peredelkino. In der Sowjetunion galt die Siedlung als Zufluchtsort der Intelligenzija, der Dichter und Schriftsteller. Unweit von Peredelkino lebt heute nach Recherchen des Portals „Meduza“ der ukrainische Ex-Präsident Wiktor Janukowitsch. Nach der Maidan-Revolution floh der als prorussisch geltende Politiker nach Russland. Sein Aufenthaltsort wurde bekannt, nachdem sich ein prominenter Anwohner, der Schlagersänger und Abgeordnete Iosif Kobzon über die dichten und hohen Zäune von Janukowitschs Haus beschwert hatte.

Das Anwesen gehört nicht Janukowitsch selbst, sondern Russlands Innenministerium. Der Ex-Präsident wohnt in guter Nachbarschaft. Etwas südlich seiner Residenz befindet sich eine noch größere parkähnliche Anlage. Ihr Hausherr: Patriarch Kirill, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche.


Doch längst nicht nur Moskau ist berühmt für seine Villen-Siedlungen im Speckgürtel. Auch in und bei Sankt Petersburg wohnen Vertraute des Präsidenten. Einer der Orte wurde von den Bauherren „Versailles des Nordens“ getauft. Dabei geht es um eine pompöse Neubausiedlung im Nordwesten der Stadt. Sie besteht aus etwa drei Dutzend allein stehender Häuser im pseudoklassizistischen Stil. Zarenpaläste in Miniatur. Gebaut wurde die Siedlung von einem Unternehmen des Putin-Freundes Jewgeni Prigoschin. Russische Investigativ-Journalisten bezeichnen den Mann als Chef der berüchtigten Privatarmee Wagner, die derzeit auch in der Ostukraine an der Seite regulärer russischer Truppen kämpft. Auch Prigoschin selbst soll hier eine Bleibe haben.

Trotz der guten Lage in der Nähe der Ostsee und dem Lakhta-Center – dem höchsten Wolkenkratzer Europas – genießt die Siedlung einen schlechten Ruf bei Petersburgs Maklern. Während die Häuserpreise bis zu fünf Millionen Euro betragen, werde die architektonische Gestaltung und die Bauqualität diesem hohen Anspruch nicht gerecht, heißt es in der Branche.

Weit weg von Moskau hat sich auch Dmitri Medwedew ein herrschaftliches Anwesen zugelegt. Der ehemalige Präsident und Regierungschef verfügt laut übereinstimmenden Recherchen russischer Journalisten über eine inoffizielle Residenz in der beschaulichen Kleinstadt Pljos. Einst Wohnsitz eines reichen Fabrikbesitzers während der Zarenzeit, blieb die Anlage bis 2008 weitgehend ungenutzt und verfiel. Nach Medwedews Machtantritt im Kreml wurde die Anlage aufwendig renoviert. Es entstanden Landeplätze für Hubschrauber, ein Gästehaus, ein Schwimmbad, ein Freilufttheater und ein Pier für Yachten.


Alexej Nawalnys Antikorruptionsstiftung FBK schätzt die Kosten der Renovierung auf mindestens 500 Millionen Euro. Besondere Aufmerksamkeit erregte damals, dass der Teich im Mittelpunkt des Anwesens sogar ein eigenes Häuschen für die dort lebenden Enten bekommen hat. Während seiner Amtszeit zwischen 2008 und 2012 weilte Medwedew mindestens neun Mal in Pljos, soll aber auch später den Ort quasi als private Residenz genutzt haben. Das beschauliche Pljos, etwa 400 Kilometer nordöstlich von Moskau, avancierte seitdem zu einem beliebten Erholungsort für die Elite der russischen Hauptstadt, aber auch für gewöhnliche Touristen.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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