Wirtschaft von oben #17 - Tarbes Hier verschrottet Airbus fast neue Flieger

Satellitenbilder zeigen, wie ein Gemeinschaftsunternehmen des europäischen Flugzeugbauers Airbus in Europa riesige Recyclinganlagen für Flugzeuge aufbaut. Darin landen reihenweise junge Riesenjumbos vom Typ A380 und Langstreckenjets vom Typ A340. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.


Berühmt sind sie, die riesigen Flugzeugfriedhöfe in US-amerikanischen Wüsten. Doch auch in Europa gibt es Orte, an denen Flugzeuge zu Grabe getragen werden. Nur stehen hier Maschinen nicht einfach herum. Der Flugzeugbauer Airbus zerlegt und verwertet sie zunehmend, etwa im französischen Tarbes, am Rande der Pyrenäen.

Viele Flugzeuge, die Airbus in Europa so verschrottet, sind erstaunlich jung: Gerade mal zehn Jahre Dienst haben einige Airbus A340 hier hinter sich. Üblich sind eigentlich 30 Jahre. Selbst drei Riesenjumbos vom Typ A380 stehen inzwischen in Tarbes, aussortiert von Singapore Airlines. Weitere kommen demnächst dazu. Der erste wird bereits zerlegt. Deutlich auf dem Satellitenbild zu erkennen: Landeklappen, Querruder und Höhenruder sind abmontiert.

So junge Maschinen zu verschrotten, das mag nach ökonomischem und ökologischem Unsinn klingen. Doch zumindest vom Klimastandpunkt aus ergibt es Sinn. Der CO2-Fußabdruck, der bei der Produktion eines Jets anfällt, ist im Vergleich zu dem im Flugbetrieb entstehenden CO2 extrem klein – er beträgt weniger als ein Prozent. Da lohnt es, selbst fast neuwertige Maschinen durch leichtere, sparsamere Jets zu ersetzen. Der Airbus A340 etwa benötigt vier Triebwerke und damit deutlich mehr Kerosin als ein A330, der ungefähr die selbe Größe hat. Noch sparsamer ist zurzeit die neue Flugzeuggeneration aus Verbundstoffen, zu der etwa der Airbus A350 oder Boeings 787 gehören.


Der Riesenflieger A380 könnte zwar trotz seiner vier Triebwerke das sparsamste Verkehrsflugzeug der Welt sein. Doch tun sich die Airlines schwer, die Kolosse mit Passagieren zu füllen. So fliegen sie oft nur zu zwei Dritteln ausgelastet durch die Gegend. Die Linien ersetzen die Flieger deshalb nun zunehmend durch kleinere Maschinen. Einen A380 für eine andere Airline umzurüsten, gilt zudem als extrem teuer und unrentabel.

Qatar Airways will 2024 zehn A380-Riesenjumbos ausmustern, bei Air France sind es bereits 2022 ebenfalls zehn Stück. Bei der Lufthansa gehen sieben Maschinen zurück. Wenn diese keine Käufer finden, werden viele der zum Teil gerade mal fünf Jahre alten Flieger auf dem Airbus-Schrottplatz landen. Beim etwas kleineren A340 trifft es zahlreiche noch junge Jets der Lufthansa, von Virgin Atlantic und Iberia. Insgesamt erwartet Airbus, dass weltweit in den nächsten zwei Jahrzehnten mehr als 10.000 Maschinen verschiedenster Hersteller ausgemustert werden.

2007 unternahm der Flugzeugbauer in Tarbes das Experiment, Flugzeuge zu recyceln, statt diese in der Wüste zu parken. Inzwischen betreibt das Joint Venture Tarmac Aerosave, an dem Airbus ein Drittel hält, drei Standorte. Neben dem ersten in Tarbes gibt es seit 2013 einen weiteren im ostspanischen Teruel, in etwa 1000 Metern Höhe. Hier ist die Luft trocken, ähnlich wie in der kalifornischen Wüste. Und hier entsteht eine Halle eigens für zurückgegebene A380. In Toulouse hat Tarmac 2017 einen dritten Standort eingerichtet, wo das Unternehmen vor allem kleinere Maschinen etwa von Herstellern wie ATR zerlegen will.

Am neuesten Schrottplatz recycelt die Airbus-Tochter Tarmac vor allem kleinere Propellermaschinen.

Inzwischen hat Tarmac bereits mehr als 100 Flugzeuge recycelt. Bis zu 90 Prozent des Materials lassen sich wiederverwenden, heißt es bei Airbus. Viele Komponenten, vor allem die Triebwerke, landen als Ersatzteil auf dem Zweitmarkt. Anderes wird eingeschmolzen. Vor allem das Flugzeug-Aluminium gilt als wertvoller Rohstoff, da dessen Herstellung Unmengen von Energie gekostet hat. Hinzu kommen kilometerlange Kabelstränge.

Ein unkonventionelles Recycling betreibt die Lufthansa. Einen A340 mit der Registrierung D-AIHO lässt sie in Teruel zurzeit zersägen und zu Couch-Tischen, Skulpturen und Wanduhren weiterverarbeiten.

Am neuesten Schrottplatz recycelt die Airbus-Tochter Tarmac vor allem kleinere Propellermaschinen.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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