Wirtschaft von oben #193 – Irans Drohnenfabriken Hier baut der Iran die Drohnen, mit denen Putin die Ukraine angreift

Die HESA-Drohnenfabrik in Isfahan am 3. Januar 2023. In ihr entstehen offenbar jene Waffen, die die russische Armee zum Angriff etwa auf zivile Infrastruktur in der Ukraine nutzt. Quelle: LiveEO/Pleiades

Das Mullah-Regime verfügt über eine florierende Industrie für Kriegsdrohnen, wie aktuelle Satellitenbilder zeigen. Einige der dort produzierten Waffen sehen einer deutschen Entwicklung auffallend ähnlich. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Regelmäßig greifen russische Truppen inzwischen die Ukraine mit Drohnen an – oft im Iran hergestellt. Im Schwarm fliegende Shahed 131 und Shahed 136 etwa sind deutschen Rüstungsexperten zufolge ein echtes Problem für die Luftverteidigungssysteme der Ukraine und ihrer Partner geworden. Die Kamikazedrohnen können Flugabwehrpanzer wie den deutschen Gepard durch ihre schiere Anzahl überwinden. So hat die Ukraine Regierungsangaben zufolge zwar Hunderte abgeschossen, doch zahlreiche schafften es doch ins Ziel und explodierten.

Tatsächlich hat der Iran in den vergangenen Jahrzehnten eine bemerkenswerte Drohnenindustrie aufzogen. Neueste Satellitenaufnahmen unter anderem von LiveEO geben nun einen Einblick, wie beispielsweise der Drohnenbauer HESA die Geräte in der Millionenmetropole Isfahan baut und etwas entfernt testet. Von den recht einfachen Kamikazedrohnen bis hin zu modernsten Tarnkappendrohnen.

Schon in den 1980er-Jahren hatte der Iran damit begonnen, erste unbemannte Flugzeuge zu entwickeln, in Zeiten des Krieges mit dem Irak. Inzwischen nutzt das Land die Technik längst nicht mehr nur selbst. Es liefert sie neben Russland auch an die libanesische Hisbollah, an das Regime in Venezuela und an die Huthi-Rebellen im Jemen, die damit seit Jahren immer wieder Ziele in Saudi-Arabien und anderen Staaten am persischen Golf angreifen.



Viele Länder haben Embargos verhängt, die es verbieten, den Iran mit Drohnen oder Teilen dafür auszurüsten. In den vergangenen Jahren ist es für das Land dennoch immer einfacher geworden, die Kriegstechnik zu bauen. Die Navigations- und Steuertechnik, die in den Waffen steckt, ist heute problemlos in fast jedem Modellbauladen auf der Welt erhältlich.

In abgeschossenen Drohnen werden auch daher immer wieder Bauteile von westlichen Unternehmen gefunden, unter anderem vom US-Konzern Texas Instruments. Russland – so Experten – rüste die Drohne zudem mit einer eigenen Flugführung nach, die auf dem russischen GPS-Pendant Glonass basiert. Viele der Drohnen bestehen zu einem großen Teil aus Holz und Verbundwerkstoffen, die für Radare schwer zu orten sind.

In Tadschikistan, in der Hauptstadt Duschanbe, hat das Mullah-Regime offiziellen Angaben zufolge im vergangenen Mai nun sogar erstmals auch eine Drohnenfabrik im Ausland eröffnet. Tadschiken sprechen wie Iraner Persisch, außerdem ist das Land eine frühere Sowjetrepublik und islamisch geprägt. Eine weitere Fabrik ist nun in Russland geplant, damit die Armee von Wladimir Putin die Waffen nicht mehr aufwändig importieren muss. Bis das Werk produziert, werden die Drohnen aber erst einmal weiter in mehreren Hangars am Flughafen von Isfahan montiert.

Der US-Denkfabrik Washington Institute zufolge gibt es hier zwei große Fertigungsanlagen. In einer werden Kamikazedrohnen vom Typ Shahed 131 und 136 hergestellt, wie sie zurzeit massenhaft in der Ukraine eingesetzt werden. In einem anderen Gebäude Tarnkappendrohnen vom Typ Shahed 171, 181 und 191, die der amerikanischen RQ-171 Sentinel von Lockheed Martin nachempfunden sind. Eine Analyse der WirtschaftsWoche von aktuellen Satellitenbildern stützt diese Angaben.


Neben einer der Hallen sind deutlich Bauteile für Tragflächen oder Formen zu erkennen, mit deren Hilfe sich die Außenhülle der Drohne fertigen lässt. Form, Größe und Tragflächenwinkel entspricht jedenfalls der Shahed 191, die rund sieben Meter Spannweite hat. In einem Hangar daneben ist auf einem im Oktober aufgenommenen Foto deutlich eine Kamikazedrohne Shahed 131 oder Shahed 136 zu sehen, erkennbar etwa an ihren deltaförmigen Tragflächen.

Ein paar Meter östlich, an einer kleineren Halle, liegen scheinbar mehrere halbfertige Kamikazedrohnen, bei denen Motor und Sprengkopf noch nicht montiert sind.



Eigentlich ist die Shahed-Kamikazedrohne weitgehend eine deutsch-israelische Erfindung. Eine, die noch bis vor ein paar Monaten im Friedrichshafener Dornier-Museum von der Decke hing. Die Bundeswehr ließ die Technik Ende der 1980er- bis Anfang der 1990er-Jahre von Dornier und IAI aus Israel entwickeln, um damit feindliche Radarstellungen zerstören zu können. Deltaförmige Tragflächen, der Propeller am Heck, Winglets an den Flügelspitzen für die Aerodynamik. All das gibt es auch beim heutigen iranischen Nachbau.

Und auch die technischen Daten von damals lesen sich ähnlich. Dornier bewarb 1990 im firmeneigenen Magazin niedrige Fertigungskosten und eine geringe Aufspürbarkeit per Radar. Wie beim Original lassen sich heute mehrere Shahed praktisch zeitgleich per Raketenantrieb von einer auf einem Lastwagen montierten Rampe starten. Der Raketenantrieb wird später abgeworfen. Zum Ziel fliegen die Drohnen per sparsamem Propeller.

Ob der Iran grob abgekupfert hat oder an detailliertere Pläne kam, ist kaum nachzuvollziehen. Nach dem Mauerfall jedenfalls hatte die Bundeswehr das Projekt eingestampft, die Technik Israel überlassen. Israel baute die Drohne unter dem Namen Harpy, lieferte sie unter anderem an China.


Getestet werden die iranischen Shahed-Drohnen heute 140 Kilometer nördlich nahe der Stadt Kaschan. Satellitenbilder zeigen hier immer wieder verschiedene Drohnen, die aus einem Hangar geholt werden. Darunter die Tarnkappendrohnen, mitunter auch auf der Ladefläche eines Pick-up-Trucks montiert. Immer wieder sind es zudem Shahed-129-Aufklärungs- und Kampfdrohnen, die eine extreme Spannweite besitzen und deshalb sehr lange in der Luft bleiben können. Solche Drohnen wurden unter anderem in Syrien von der syrischen Luftwaffe eingesetzt. Zudem sind auch kleinere Drohnen erkennbar, bei denen sich auf Satellitenbildern der Typ schwer ausmachen lässt.

Eine Analyse der Bilder zeigt aber, dass hier schon lange Drohnen ausprobiert werden. Die ersten Aufnahmen, bei denen die Waffen auf dem Vorfeld des Flughafens auftauchen, stammen aus dem Jahr 2017. Ein paar Jahre zuvor waren hier noch kleinere bemannte Flugzeuge stationiert.

Erst im August 2022 hielt die iranische Revolutionsgarde in Kaschan eine groß angelegte gemeinsame Drohnenübung mit dem russischen Militär ab. Daran waren Medienberichten zufolge auch weißrussische und armenische Soldaten beteiligt. 


Dem Nationalen Widerstandsrat des Iran zufolge – der gegen das Regime in Teheran arbeitet – gibt es im Land weitere Drohnenfabriken. Eine solche soll in den vergangenen Jahren in der Stadt Semnan entstanden sein. Zwar ließ sich diese auf Satellitenbildern nicht zweifelsfrei durch die WirtschaftsWoche identifizieren. Allerdings zeigen Aufnahmen eines naheliegenden Flugfeldes vom Oktober 2022, dass hier Aufklärungs- und Kampfdrohnen getestet werden. Diese haben offenbar eine Spannweite von etwa zehn Metern, sind also etwas kleiner als die Shahed 129 in Kaschan. 

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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