Darum hat Musk nun entschieden, vom Starhopper zu einem Prototypen in Realgröße zu wechseln: Auf der Startrampe in Texas haben Techniker das Starship errichtet, einen Prototypen des finalen Raumschiffs. Durchmesser: neun Meter, Höhe: 50 Meter. 100 Menschen sollen darin einmal über Monate durchs All fliegen. Zum Vergleich: Die Sojus-Raumschiffe, mit denen Astronauten heute zur Raumstation ISS fliegen, messen 2,7 mal 7,5 Meter und geben drei Astronauten so gerade Raum zum Sitzen.
Sechs komplett neu entwickelte Raketenmotoren soll das Raumschiff in der fertigen Ausbaustufe besitzen – angetrieben mit Sauerstoff und tiefgekühltem Methan. Im Vergleich zu Wasserstoff, der bisher üblicherweise als Treibstoff benutzt wird, ist Methan billiger und unkomplizierter zu verwenden. Auf dem Mond, der ein Sechstel der Erdanziehungskraft hat, könnte das Starship aus eigener Kraft ins All abheben. Auf der Erde braucht es eine weitere Raketenstufe, die Super Heavy. Sie ist noch einmal mit 37 Motoren bestückt und 68 Meter hoch.
Ursprünglich sollte die Außenhaut des Starships aus superleichtem Karbon bestehen. Doch vor einigen Monaten machte SpaceX einen Strategieschwenk – und entschied sich für Stahl. Der ist 50-mal billiger, hält hohe Temperaturen aus und soll, zusammen mit keramischen Hitzeschutzkacheln, auch den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre überstehen. Darum steht nun ein silbrig glänzendes Raumschiff wie aus einem 50er-Jahre-Comic in der texanischen Landschaft – sogar auf Bildern aus dem All ist es gut zu erkennen.
Noch in diesem Jahr soll ein Prototyp des Starships in den Erdorbit fliegen.
Sicher, schon öfter hat SpaceX seine Zeitpläne nicht eingehalten. Andererseits ist das Unternehmen derzeit so erfolgreich wie nie und hat Erfahrungen mit Antrieben und Raummissionen gesammelt wie wenige andere in der Branche. Sollte das Riesenraumschiff noch in diesem Jahr tatsächlich startklar sein, könnte der Plan aufgehen, 2022 eine erste Fracht zum Mars zu bringen – und 2023 dem japanischen Milliardär Yusaku Maezawa einen Rundflug um den Mond zu bieten.
Auch wenn die Marsmissionen länger auf sich warten lassen sollten, dürfte das Starship den Raumfahrtmarkt durcheinanderbringen. Denn SpaceX kann dann mit einem Schlag 150 Tonnen in die Erdumlaufbahn hieven - fast acht mal so viel wie etwa die europäische Ariane-5-Rakete. Das Starship soll obendrein wiederverwendbar sein – und entsprechend preiswert.
Und blieben die Kunden für all die Frachtkapazität aus, könnte SpaceX selbst einen großen Teil seiner Raketen mit Nutzlast füllen: SpaceX hat die Zulassung von 40.000 Satelliten beantragt, die vom Erdorbit aus den gesamten Planeten mit Internet versorgen sollen. Zum Vergleich: Aktuell sind rund 2666 aktive Satelliten im All. Ab Herbst 2020 will SpaceX seinen Weltraum-Internetdienst Kunden in den USA anbieten.
Über die Bewohner von Boca Chica bricht der Raumfahrtboom derzeit ein wie ein Gewitter: Das Donnern der Raumschifftests ist so mächtig, dass SpaceX die Anwohner aufruft, währenddessen die Häuser zu verlassen. Eventuell könnten Fensterscheiben bersten oder schlimmere Dinge passieren. Musk hat den Anwohnern darum angeboten, ihre Häuser zum dreifachen Marktpreis zu kaufen – wenn sie dafür wegziehen.
Vielleicht ist auf dem Mars ja bald ein neues Häuschen frei.
Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.