Wirtschaft von oben #200 – Billige Sonnenenergie Aus diesen Kraftwerken wird Strom nur 1 Cent pro Kilowattstunde kosten

Im Solarkraftwerk AES Andes II B in Chile wurden teilweise neuartige Solarpaneele verlegt, die den Strompreis zukünftig deutlich unter ein Cent je Kilowattstunde treiben können. Quelle: LiveEO/Sentinel-2

In der Wüste entstehen gerade im Rekordtempo neue Solarparks, die sich beim Strompreis immer weiter unterbieten. Energiereiche Industrien könnte das aus Europa weglocken. Für E-Fuels und grünen Wasserstoff dagegen ist es eine gute Nachricht. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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In den großen Wüsten der Welt entstehen gerade die ersten großen Solarkraftwerke, die Strom für nur ein Cent je Kilowattstunde verkaufen werden. Neueste Satellitenbilder von LiveEO zeigen, wie weit ihr Bau in Saudi-Arabien und Abu Dhabi fortgeschritten ist.

Und wie sich etwa in der Atacama-Wüste in Chile schon die nächste Revolution ankündigt – durch superschnell verlegte Solarmodule. Die Technik dürfte den Solarstrompreis in sonnenreichen Regionen zeitnah unter die Grenze von einem Cent drücken.

Für Deutschland und Europa sind diese Entwicklungen von großer Bedeutung. Hierzulande liegen die Energiepreise für Sonnenenergie deutlich höher. Bei größeren Photovoltaikkraftwerken kostet Strom laut einer aktuellen Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zwischen 3,1 und 5,7 US-Cent, für Dachanlagen zwischen 11 und 13 Cent. Normalverbraucher müssen hierzulande gar 36 Cent Strompreis zahlen.



Diese große Preisdifferenz zwischen Deutschland und den Wüsten könnte in den kommenden Jahren nicht nur dafür sorgen, dass energieintensive Industrien wie die Stahl- und Aluminiumwirtschaft in solche sonnenreichen Regionen abwandern. Der saudische Energieminister hat bereits angekündigt, dass sein Land die Energie auch für die Herstellung von grünem Stahl, grünem Aluminium und grünem Dünger einsetzen will. Der billige Strom kann zudem in Form von E-Fuels und grünem Wasserstoff nach Europa fließen und dort lokalen Energieerzeugern Konkurrenz machen. Etwas, das die aktuell von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit angestoßene Debatte um E-Fuels und Verbrennungsmotoren weiter anheizen könnte.

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Das von der saudischen Regierung unterstützte Solarkraftwerk Al Shuaiba PV IP wird künftig seinen Strom für gerade mal 1,04 US-Cent verkaufen. Die 600-Megawatt-Anlage entsteht 75 Kilometer südwestlich der heiligen Stadt Mekka am Roten Meer.


Eine Satellitenaufnahme vom 2. März zeigt nicht nur, dass hier in den vergangenen Monaten ein Camp für Arbeiter entstanden ist, die die Anlage aufbauen sollen. Ingenieure haben Flächen in den Wüstensand gezogen, die offenbar die Abgrenzung der einzelnen Bauabschnitte zeigen.

Al Shuaiba PV IP ist Teil einer zweiten Ausschreibungsrunde für grüne Energien, mit der sich das Land zwischen Rotem Meer und Persischem Golf für das Zeitalter nach dem Erdöl aufstellen will. Zu dieser Initiative gehört auch das Sudair-Solar-Projekt nahe der saudischen Hauptstadt Riad. Dessen Strom ist zwar mit 1,24 Cent je Kilowattstunde etwas teurer, gilt aber weltweit immerhin als zweitbilligster. Die Regierung will nach Fertigstellung von insgesamt sieben solchen Großprojekten erreichen, dass das Land 4,1 Gigawatt Strom aus erneuerbarer Energie produzieren kann. Das entspricht ungefähr der Leistung von drei mittelgroßen deutschen Atomkraftwerken.

Möglich ist der niedrige Preis nicht nur, weil die Kosten für Solarpaneele in den vergangenen Jahren massiv gesunken sind, geeignete Flächen in der Region im Überfluss vorhanden sind und die bürokratischen Hürden gering ausfallen. Das Land garantiert Brancheninsidern zufolge auch die Abnahme zu dem Preis für 25 Jahre. Die Investition muss sich so nicht binnen zehn Jahren refinanziert haben, wie anderswo üblich. Das senkt die monatlichen Finanzierungskosten und damit den Strompreis. Zudem scheint rund um Mekka die Sonne 3860 Stunden pro Jahr. In Nordrhein-Westfalen ist es mit 1560 Stunden nicht einmal halb so viel.


Vor der Verkündung dieser saudischen Anlagen im vorigen Jahr galt das Zwei-Gigawatt-Kraftwerk Al Dhafra als billigstes Solarkraftwerk der Welt. Die Kilowattstunde kostet hier laut der Abu Dhabi Power Corporation 1,35 US-Cent; angeboten von einem Konsortium aus dem französischen Konzern EDF und dem chinesischen Unternehmen Jinko Solar. Diese neuen Kraftwerke sind auch ein Signal, wie massiv die Preise für Solarenergie in den sonnenreichen Regionen sinken. Um 2010 lagen sie noch deutlich über 30 Cent je Kilowattstunde. Es gilt daher nur als Frage der Zeit, bis erste Anlagen Strom für weit unter einem Cent anbieten werden.


Ein Unternehmen, das an diesem Ziel arbeitet, ist der australische Solaranlagenbauer 5B. Dieser hat neuartige Solarmodule entwickelt, die sich sehr schnell per Radlader auslegen lassen. Ganz ohne den sonst notwendigen aufwendigen Unterbau, sehr viel dichter gestaffelt und mit extrem wenig Personal. Bisher lagern Solarmodule meist auf einer Metallkonstruktion, die erst in der Wüste montiert wird. Und zwischen den einzelnen Reihen müssen einige Meter Platz gelassen werden.



Nach Angaben des Unternehmens 5B kann die neue Technik die Energiekosten um weitere 20 Prozent senken, weil der Aufbau heute einen großen Anteil an den Gesamtkosten ausmacht. Zwei Teams aus je fünf Mitarbeitern können demnach die Fläche eines Fußballfeldes binnen eines Tages mit Solaranlagen bestücken. Das ist Weltrekord und etwa zehnmal schneller, als eine solche Zahl von Leuten bisherige Anlagen aufbauen kann. Zudem produzieren die Anlagen bis zu doppelt so viel Strom wie herkömmliche Paneele auf der gleichen Fläche, weil sie dichter verlegt werden.

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In der Atacama-Wüste, am Rande des Solarkraftwerks AES Andes II B, hat das Unternehmen vergangenes Jahr eine 10-Megawatt-Anlage ausgelegt. Die mit den neuen Modulen ausgestattete Fläche unterscheidet sich auch beim Blick aus dem All deutlich vom Rest der Anlage. Weil kein Wüstenboden zwischen den Paneele durchscheint, erstrahlt sie in kräftigem Blau. Inzwischen gibt es solche Zellen von 5B auch in Panama und Australen. Chile aber gilt in den Augen der Investoren als idealer Standort, um einer der wichtigsten Exporteure von grüner Energie weltweit zu werden, etwa in Form von grünem Wasserstoff oder E-Fuels, die sich aus dem Solarstrom herstellen lassen.

Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals im März 2023. Wir zeigen ihn aufgrund des hohen Leserinteresses erneut.

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