Wirtschaft von oben #208 – Tesla-Werk in Brandenburg Hier baut sich Tesla am Werk Grünheide seinen eigenen Zuganschluss

Seit gut einem Jahr läuft die Produktion in der Gigafactory 4 auf Hochtouren. Die letzte Ausbaustufe hat Tesla noch lange nicht erreicht. Quelle: LiveEO/Planet Labs PBC SkySat

10.000 Menschen arbeiten inzwischen für den E-Autobauer in Brandenburg. Die Pendler überlasten die Infrastruktur rund ums Werk allmählich. Abhilfe schafft Tesla selbst, wie exklusive Satellitenbilder zeigen. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Das Gleis hat viele Jahre brachgelegen. Ab und an seien mal Röhren für Erdgaspipelines auf diesem Weg angeliefert worden, berichtet Arne Christiani, der parteilose Bürgermeister der Gemeinde Grünheide. Hinein ins Güterverkehrszentrum Freienbrink. Ansonsten: Stillstand. Doch das ändert sich nun auf einen Schlag gewaltig. Denn der E-Autobauer Tesla, der direkt nebenan seine deutsche Gigafabrik betreibt, hat die Bahnlinie gekauft – und rüstet sie zu einem Verkehrsknotenpunkt auf. Für die eigenen Mitarbeiter.

Tesla macht die Strecke bereit für einen Shuttleservice, inklusive eigens errichtetem Haltepunkt. Der Grund: Die Infrastruktur ist allmählich am Anschlag. 10.000 Menschen arbeiten inzwischen für Tesla in Grünheide. Ministeriumsangaben zufolge kommen knapp 40 Prozent von ihnen mit einem der Busshuttle – oder mit dem Zug. Neueste Satellitenbilder von LiveEO zeigen nun, dass diese Anreise mit dem Zug schon sehr bald weniger aufwendig sein wird.

Zwar wird der nächstgelegene öffentliche Bahnhof Fangschleuse mit Landesmitteln zugunsten der Tesla-Mitarbeiter versetzt. Der wird jedoch erst 2026 fertiggestellt und so lange will der US-Konzern nicht warten. Also nimmt er den Aufbau der Infrastruktur selbst in die Hand.


Nördlich des Werks führt die Bahnstrecke von Berlin zum Bahnhof Fangschleuse. Doch auf Höhe des Tesla-Geländes führt ein Abzweig schon seit vielen Jahren gen Süden. Das eigentliche Ziel und die Endstation: das Güterverkehrszentrum. Die Gleise führen östlich am Werk vorbei, doch Tesla erweitert die Gleisführung nun wiederum. Dafür lässt das Unternehmen eine neue Weiche bauen, damit Shuttlezüge unmittelbar am Werkseingang halten können, wie die „Märkische Oderzeitung“ unter Berufung auf das Betriebskonzept berichtet. Der Haltepunkt heißt Tesla Süd.

Auf dem Satellitenbild vom Februar dieses Jahres lässt sich die Schneise Richtung Westen bereits erahnen. Der Aus- und Einstieg erfolgt dann in Zukunft südöstlich von der Tesla-Umspannanlage, wie auf dem Bild markiert. Laut Tesla und Bürgermeister Arne Christiani startet der Shuttleservice noch in diesem Quartal.


Umsteigen müssen Mitarbeiter aus Berlin trotzdem noch. Denn die Verbindung, die in beide Richtungen 40 Mal am Tag eingeplant ist, beginnt in Erkner. Vom Berliner Hauptbahnhof braucht der RE eine halbe Stunde nach Erkner.

Das Nadelöhr für den Transport ist bislang der Bahnhof Fangschleuse. Ein Gleis in jede Richtung, eine Bahnschranke, ein griechisches Restaurant auf dem Bahnhofsplatz, der bereits ausgebaut wurde, damit mehr Autos dort parken können. Doch der aktuelle Standort ist noch acht Busminuten vom Werk entfernt. Der Fußweg durch den angrenzenden, noch verbliebenen Wald ist zwar schön, aber mindestens eine halbe Stunde lang.


Die Züge direkt aufs Gelände sind vorerst vor allem für Menschen gedacht. Mittelfristig dürfte Tesla aber auch verstärkt Güter über die Strecke transportieren. Die Verlegung des Bahnhofs sorgt in Brandenburg trotzdem für Wirbel. Die Opposition argumentiert, der Neubau sei unnötig, schließlich bekomme Tesla ja gerade einen Anschluss unmittelbar am Werk. Allerdings darf das Unternehmen Tesla Süd nur so lange für den Personenshuttle nutzen, bis das Vorhaben, den alten Bahnhof Fangschleuse näher an das Werk zu versetzen, abgeschlossen ist. Laut Plan wird das 2026 der Fall sein.

Die Bedingung der temporären Nutzung setze er voraus, sagt Christiani. „Sonst wäre die neue Verkehrsstation Fangschleuse ja sinnlos, wenn die Menschen dann alle daran vorbei ins Werk fahren.“ Der Bürgermeister sieht in der Initiative Teslas aber einen „absoluten Zugewinn, weil sie eine enorme Entlastung des sehr vollen RE1 bedeutet“.


Aber der Ausbau der Bahninfrastruktur ist nicht die einzige Entwicklung rund um die Autofabrik. Die Satellitenbilder zeigen, wie rundherum auch nach der offiziellen Einweihung mit Tesla-Chef Elon Musk und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor gut einem Jahr weitergebaut wurde und neue Flächen entstanden sind.


Im Nordosten etwa, unmittelbar an der regulären Bahnstrecke, stehen inzwischen Hunderte Container, Lagerhallen und Wasserbecken wurden errichtet. Auf dem neuesten Foto von Ende April sieht man ein neues Fundament. Eines Tages sollen bei Tesla in Grünheide fast viermal so viele Menschen arbeiten wie heute.


Für das Tesla-Werk wurde vor einigen Jahren auch das Umspannwerk Freienbrink errichtet. Auch dafür wichen große Teile des Kiefernwaldes. Und Tesla will mehr. Das Unternehmen hat den Antrag gestellt, auch das verbleibende Areal zwischen der Bahnstrecke im Norden, der L23 im Osten, der L38 im Süden und dem bestehenden Werksgelände im Westen nutzen zu dürfen. Mit einer Entscheidung rechnet Christiani frühestens 2024.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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