Wirtschaft von oben #210 – Gold Hier kämpfen Förderfirmen immer härter um schwindende Goldreserven

Die Cortez Mine ist Teil des Nevada-Gold-Mine-Komplexes, dem größten Produzenten der Welt. Quelle: LiveEO/Sentinel

Peak Gold ist womöglich bereits überschritten, die abgebaute Menge geht zurzeit zurück. Satellitenbilder zeigen, an welchen Orten das Edelmetall gerade besonders intensiv gefördert wird und wo es hakt. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Gold ist heiß begehrt. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich der Preis des Edelmetalls verachtfacht. Dank Inflation, Kryptokrise und steigender Staatsschulden wollen immer mehr Menschen ihr Geld in diesen seit Jahrtausenden sicheren Hafen bringen. Zugleich aber wird das Edelmetall immer knapper, denn die Fördermenge geht zurück. Neue Satellitenbilder von LiveEO zeigen nun, mit wie viel Aufwand Bergbaukonzerne das Gold inzwischen aus der Erde holen.

Werden heute neue Vorkommen entdeckt, sind es oft solche mit sehr geringem Goldgehalt im Gestein. In den Goldbergwerken in Australien, Kanada und den USA verringerte sich der Anteil seit Mitte des 20. Jahrhunderts von durchschnittlich zwölf Gramm je Tonne auf aktuell nur noch ein Gramm. In manchen Fällen liegt er sogar noch deutlich darunter.

Gut drei Viertel des jährlich angebotenen Goldes von zuletzt 4755 Tonnen kommt neu aus dem Erdreich. Der Rest auf dem Weltmarkt stammt aus der Rückgewinnung von Altgold. Mit einer großen Ausweitung der Produktion ist nicht mehr zu rechnen. Auch weil vom ersten Goldfund bis zur Aufnahme der kommerziellen Produktion einer Mine heute mindestens sieben Jahre vergehen.



Die Projekte verzögern sich dabei vor allem wegen langer Zulassungsverfahren und scharfer Umweltschutzauflagen. In politisch instabilen Regionen scheuen Goldproduzenten zudem wegen mangelnder Rechtssicherheit hohe Investitionen. Mit steigenden Zinsen verschlechtern sich zudem die Finanzierungsbedingungen.

Die meisten großen Goldminen liegen in abgelegenen Regionen. Dort hat der Bergbau oft Auswirkungen auf die Natur. Und da, wo Menschen leben, auch auf die Bevölkerung. In den rumänischen Karpaten, wo nahe der Ortschaft Rosia Montana der größte noch ungeborgene Goldschatz Europas lagert und nun gehoben werden soll, haben sie Erfahrung mit der Schattenseide des Metallbergbaus.

Für eine nur rund zwei Kilometer entfernte Kupfermine musste einst das nahegelegene Dorf Rosia Poieni einem giftigen See weichen. Schon Ende der 1970er-Jahre wurde es auf Geheiß von Diktator Nicolae Ceausescu geflutet, versinkt nun in giftigem Schlamm, der aus der gleichnamigen Mine stammt. Das Gift verfärbt den künstlichen See – deutlich auf den Satellitenbildern zu sehen.


Im Dorf Rosia Montana herrscht auch deshalb seit Jahren erbitterter Streit zwischen Goldminengegnern und der kanadischen Firma Gabriel Resources. Gabriel Resources will die Goldvorkommen ausbeuten. Doch bislang wird nicht gebuddelt, trotz einer vor Jahren erteilten Genehmigung der Regierung.

Umweltschützer und Anwohner klagten vor Gericht immer wieder erfolgreich gegen Teile des Projekts. Das machte das Vorhaben zunehmend unrentabel für die Kanadier, die ihrerseits den Staat Rumänien auf Zahlung von 5,7 Milliarden US-Dollar Entschädigung verklagten. Nun soll ein Schiedsgericht der Weltbank darüber entscheiden. In dem Berg stecken Schätzungen zufolge 314 Tonnen abbaubares Gold und 1500 Tonnen Silber.

Etablierte Goldproduzenten suchen wegen solcher Probleme ihr Heil zunehmend im Zukauf von Wettbewerbern. Das ist preiswerter, als sich selbst auf die Suche nach Vorkommen zu machen. Jüngstes Beispiel ist die geplante Übernahme des australischen Goldförderers Newcrest Mining durch Newmont. Der weltweit größte Goldkonzern mit Hauptsitz in Denver im US-Bundesstaat Colorado bietet Newcrest-Aktionären für jede Aktie 0,4 eigene Aktien. Mit einem Volumen von gut 19 Milliarden Dollar wäre es die weltgrößte Übernahme im Goldsektor seit dem Kauf von Goldcorp durch Newmont 2019.

Newmont ist unter anderem Juniorpartner (38,5 Prozent) am Gemeinschaftsunternehmen Nevada Gold Mines. Betreibergesellschaft ist der kanadische Goldkonzern Barrick (61,5 Prozent). Das 2019 gegründeten Joint Venture im US-Bundesstaat Nevada umfasst den größten Goldkomplex der Welt mit einer jährlichen Produktionsmenge von knapp zwei Millionen Unzen und wirtschaftlich abbaubaren Goldreserven von rund 30 Millionen Unzen. Zu Nevada Gold Mines gehören gleich mehrere ergiebige Goldvorkommen, darunter die Cortez Minen.


Rund um die Cortez Mountains, 450 Kilometer nördlich von Las Vegas gelegen, wurde schon im 19. Jahrhundert Silber abgebaut. Seit den 1930er-Jahren wird hier auch Gold gefördert. In der nördlich gelegenen Pipeline-Mine wird im Tagebau gefördert. In der direkt nebenan südlich gelegenen Hills-Mine bauen Bergleute das Gold auch untertage ab.


Rund 90 Kilometer nördlich von diesen zwei Vorkommen liegt zudem die Goldstrike Mine. Die Goldader hier wurde in den 1960er-Jahren entdeckt. Die zu Barrick gehörende Förderstätte schließt sich direkt an zwei weitere Minen an, die zu Newmont gehören. Auch hier wird das Gold heute nicht nur im Tagebau, sondern auch in zwei Abschnitten untertage gefördert. Goldstrike gilt inzwischen als größte Goldmine Nordamerikas.


Nach Angaben der amerikanischen Bergbaubehörde US Geological Survey betragen die weltweit wirtschaftlich abbaubaren Goldreserven derzeit noch 52.000 Tonnen. Gemessen an der aktuellen Jahresförderung, reichten die noch gut 14 Jahre. Rechnet man dazu die geschätzten 64.000 Tonnen, die zu heutigen Preisen und mit heutiger Technik noch nicht förderbar sind, plus die etwa 205.000 Tonnen, die bisher auf der Welt gefördert wurden, kommt man auf eine gesamte Goldmenge von 321.000 Tonnen.

Die Förderung fast aller Rohstoffe folgt einer glockenförmigen Kurve. Sie erreicht ihren oberen Scheitelpunkt dann, wenn etwa die Hälfte der Vorkommen gefördert wurde. Daher ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die Goldproduktion die obere Region der Glockenkurve erreicht hat und nun beginnt, allmählich zu fallen: Peak Gold könnte also hinter uns liegen. Mit 3.653 Tonnen markierte das Jahr 2018 den bisherigen Höhepunkt der Minenförderung.

Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen verschärfen die Situation. Die Aktien der russischen Goldunternehmen Polymetal und Polyus galten wegen ihrer guten Wachstumsprofile als aussichtreiche Investments im Goldbereich – zumindest für westliche Investoren. Die können die Titel jetzt nicht mehr handeln. Polyus, der fünftgrößte Goldproduzent der Welt, ist Eigner der Mine Olimpiada im Osten Sibiriens.


Im Tagebaubetrieb wird dort seit 1996 Gold gefördert, zuletzt mit einer jährlichen Fördermenge von 1,1 Millionen Unzen (rund 34 Tonnen). Das Management von Polyus stellt für 2023 einen Anstieg der Produktion in Aussicht. Olimpiada verfügt aktuell über wirtschaftlich abbaubare Reserven von 21 Millionen Unzen Gold (rund 653 Tonnen).

In der ehemaligen Sowjetrepublik Usbekistan ist der Goldbergbau heute sogar eine der wichtigsten Säulen der Wirtschaft. Die Goldmine Muruntau in der Wüste Kysylkum gilt mit ihrem Tagebau und einer geschätzten Jahresfördermenge von etwa zwei Millionen Unzen (62 Tonnen) als zurzeit ertragreichste Mine der Welt. Das Goldvorkommen wurde 1958 entdeckt und der Betrieb 1967 aufgenommen. Betrieben wird die Mine von der staatlichen usbekischen Gesellschaft Navoi Mining & Metallurgy Combinat.


Die Goldmine hat seit ihrer Inbetriebnahme vier Erschließungsphasen durchlaufen. Die fünfte Erschließungsphase läuft derzeit und soll bis 2026 abgeschlossen sein. Abgebaut wird das Gold auf einer Fläche von 10,5 Quadratkilometern und in einer Abbautiefe von aktuell 565 Meter.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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