Wirtschaft von oben #70 – Feuer Waldbrände: Eine gewaltige Kohlenmonoxid-Wolke zieht über die USA

Seit knapp einem Monat wüten im Westen der USA Waldbrände. Exklusive Satellitenbilder zeigen, dass die Feuer große Mengen an Kohlenmonoxid (CO) freisetzen, die sich wie eine Wolke über den Kontinent verbreiten.

Waldbrände in Nordamerika

Eine gewaltige Wolke des giftigen Treibhausgases Kohlenmonoxid zieht zurzeit quer über den amerikanischen Kontinent. Das zeigen Aufnahmen des europäischen Satelliten Sentinel 5P. Quelle dieser CO-Wolke sind die verheerenden Waldbrände, die zurzeit an der US-Westküste toben. Seit Anfang des Monats, das zeigen die Bilder deutlich, haben diese massiv an Kraft und Ausmaß gewonnen.

Blitzeinschläge hatten Mitte August eine erste Feuerserie ausgelöst, die durch trockene Seewinde weiter angefacht wurde. Eine Satellitenaufnahme vom 1. September zeigt nahezu ausschließlich Feuer nördlich und östlich von San Francisco. Die Rauchwolke zieht zu diesem Zeitpunkt noch über den Pazifik. Zur Orientierung: Eine dunkelrote Färbung bedeutet, dass die CO-Konzentration besonders hoch ist. An den grünen und besonders an den blauen Stellen ist die CO-Belastung niedrig. Die Konzentration des in hohen Dosen gesundheitsschädlichen Kohlenmonoxids ist außerdem ein Indikator für die Menge CO2, die bei Waldbränden emittiert wird.

Ein Bild der CO-Wolke vom vergangenen Dienstag zeigt nun, dass es mittlerweile auch in Südkalifornien brennt. Auch in den nördlichen Bundesstaaten Oregon und Washington wüten Feuer. Allein in Oregon wurden 500.000 Menschen dazu aufgerufen, sich auf die Evakuierung ihrer Häuser vorzubereiten. In Kalifornien sind inzwischen mehr als 8000 Quadratkilometer Land durch die Feuer zerstört. Bewohner von Los Angeles berichten, dass sie seit Tagen die Sonne kaum gesehen haben. Das liegt an den Feuern. Der freigesetzte Rauch strömt in die Atmosphäre, bedeckt weite Teile Kaliforniens und sorgt dafür, dass die Sonne wie durch einen Filter auffallend rot erscheint.

Die neuesten Aufnahmen zeigen zudem, dass das freigesetzte CO sich inzwischen ins Landesinnere der USA ausbreitet. Im Norden über Washington und Montana bis zu den Great Lakes. Im Süden über New Mexico, Texas und Oklahoma bis hinauf in den Bundesstaat New York.

Die massive Rauchentwicklung wird voraussichtlich sogar Europa erreichen. Das geht aus Untersuchungen des Copernicus Atmosphere Monitoring Service (CAMS) hervor, der die Intensität der Feuer und die geographische Ausbreitung des Rauches misst. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Intensität der Waldbrände in diesem Jahr um das Zehn- bis Hundertfache höher als gewöhnlich.

Widerschein des Feuers am Himmel hinter einem Haus, in dem noch Licht brennt

Winzer bangen um Wein

Auch NASA-Wissenschaftler sind besorgt: „Nach unseren aktuellen Schätzungen ist 2020 das Jahr mit dem höchsten, durch Waldbrände verursachten CO2-Ausstoß seit Beginn der Aufzeichnung 1997. Die derzeitige Menge an CO2 übertrifft bereits die Jahresendwerte der vergangenen Jahre um ein Vielfaches, und es ist erst Mitte September“, heißt es von der US-Weltraumbehörde. Seit 2012 steigen die durch Feuer in Kalifornien verursachten CO2-Emissionen mit wenigen Ausnahmen stetig an.

Im Staat des Sonnenscheins haben die Brände enorme Auswirkungen auch auf die wirtschaftliche und soziale Lage vor Ort. Hier haben die Feuer dieses Jahr bereits eine Fläche zerstört, die so groß ist wie Schleswig-Holstein. 20 Menschen starben, 3000 Häuser sind zerstört. Dabei hatte die Coronapandemie den Bundesstaat bereits schwer getroffen. Und bei den Feuern ist es ähnlich wie bei der Pandemie: Es trifft vor allem Arbeitslose, Schlechtverdiener und Menschen ohne Krankenversicherung.

Versicherungsberechnungen beziffern die wirtschaftlichen Schäden der Waldbrände. Die zerstörten Gebäude haben in den Jahren 2017 und 2018 zu Kosten in Höhe von jeweils 20 Milliarden Dollar geführt. Drei Viertel der Summe trugen die Versicherer. Doch die Schäden gehen weit über zerstörte Gebäude hinaus. So ist beispielsweise auch das Napa Valley, Amerikas berühmtes Weinbaugebiet, betroffen. Die meisten Winzer wurden von den Feuern zwar verschont. Sie sind jedoch besorgt, dass sich der Geschmack des Weins durch die Feuer verändert. Der Weinanbau ist mit 40.000 Arbeitsplätzen der größte Wirtschaftsfaktor in der Region, gefolgt vom Wochenendtourismus. Nachdem letzteres Geschäft durch die Coronapandemie nahezu vollständig zum Erliegen gekommen war, lief es Anfang August wieder an. Zwei Wochen später kamen die Flammen.

Ein Mann steht vor einer verbrannten Landschaft

Douglasien erhöhen das Brandrisiko

Die Brände beeinflussen zudem den Markt für Bauholz. Holzkonzerne sind gezwungen, ihre Sägewerke zu schließen, Bahnlinien werden stillgelegt. Die Nachfrage nach Holz steigt, doch das Angebot wird knapp. Wissenschaftler halten die Bauwirtschaft allerdings auch für mitschuldig an den sich schnell ausbreitenden Flammen. Die Douglasie, ein nordamerikanisches Nadelgewächs, ist für den Holzbau besonders geeignet und erhöht Experten zufolge das Risiko von Waldbränden. Sie wächst und vermehrt sich schnell und kann dichter gepflanzt werden als andere Baumarten. Allerdings ist sie auch leicht entzündlich. Deshalb fordert die amerikanische Bundesforstverwaltung stärkere Maßnahmen zum Schutz vor Waldbränden, etwa in Form höherer finanzieller Unterstützung zur Prävention und Bekämpfung von Bränden.

Mehr zum Thema: Waldbrände werden auch in Deutschland zur Bedrohung. Nun sollen Roboter Abhilfe schaffen.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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