Wirtschaft von oben #72 – Rüstung Hier baut China seine neue Flugzeugträgerfabrik

Bei dem Ziel, bis 2049 die größte Militärmacht der Welt zu werden, setzt China auch auf eine starke Flugzeugträgerflotte. Dafür hat ein staatlicher Schiffbaukonzern in Shanghai nun eine spezielle Werft errichtet. Satellitenaufnahmen zeigen Details und wie die neuen Flugzeugträger entstehen. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

Werft in Dalian

Wo es vor fünf Jahren noch Ackerland und Gewächshäuser gab, ist auf der zu Shanghai gehörenden Insel Changxing eine riesige Fabrik für Flugzeugträger entstanden. Das zeigen hochauflösende Satellitenbilder von LiveEO deutlich. Hatte die Volksrepublik ihren ersten selbst gebauten Flugzeugträger noch im Norden des Landes, in einer Werft im Hafen von Dalian zusammengeschweißt, entsteht der Rumpf des zweiten komplett in Eigenregie gebauten Flugzeugträgers nun in dieser nagelneuen Anlage in Shanghai.

Produziert werden die gewaltigen Militärschiffe von der China Shipbuilding Industry Corporation (CSIC), einem teilstaatlichen Konzern. Der ist laut dem US-Fachmagazin „Defence News“ inzwischen die Nummer 14 der größten Rüstungsunternehmen der Welt. 20 Prozent der rund 55 Milliarden Dollar Jahresumsatz der CSIC stammen aus dem Militärgeschäft, das entspricht ungefähr dem dreifachen Gesamtumsatz des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall.

Chinas Rüstungsbranche hat in den vergangenen Jahren massiv zugelegt. Schließlich will die Volksrepublik bis 2049 die dominierende Militärmacht der Welt werden und die USA als solche ablösen. Mittlerweile sind unter den 25 größten Rüstungsunternehmen der Welt acht chinesische Konzerne. Zusammen erwirtschaften sie knapp 100 Milliarden Dollar im Jahr mit Rüstungsgütern. Vor allem im südchinesischen Meer baut China so seine Präsenz derzeit massiv aus. Das macht die Volksbefreiungsarmee auch zu einer wachsenden Bedrohung für Taiwan, das sich dadurch immer weniger auf die Hilfe der Supermacht USA verlassen kann und von China nicht anerkannt wird.

Währende der allererste Flugzeugträger der Volksrepublik noch auf einem ausgemusterten ukrainischen Modell basierte, das die Volksrepublik 1998 gekauft und später umgerüstet hat, setzt das Land inzwischen nur noch auf Eigenbauten. Der Rohbau des ersten komplett selbst gefertigten chinesischen Trägers Shandong ist auf Satellitenbildern vom Winter 2016 zu erkennen – im Trockendock der Werft von Dalian, einer Stadt unweit der koreanischen Halbinsel. Bis Ende 2018 montierte die Werft darauf Flugdeck und Kommandoturm. Auf einer Aufnahme aus dem Februar 2019 ist dann zu erkennen, dass die Shandong das Dock verlassen hat, zu Tests auf See unterwegs ist.

Das Gelände der Werft von Dalian

Als China im vergangenen Dezember den Träger Shandong schließlich eingeweiht hat, kannte das Staatsfernsehen kein anderes Thema mehr. Der größte Sender CCTV strahlt eine stundenlange Sondersendung aus, zeigte, wie Staatschef Xi Jinping der pompösen Zeremonie auf einem Marinestützpunkt der Insel Hainan beiwohnte. Wochenlang liefen die Bilder danach in Dauerschleife.

Während im Trockendock von Dalian sonst auch zivile Frachtschiffe gebaut werden, sind die neu errichteten Anlagen in Shanghai offenbar vor allem für militärische Zwecke gedacht. Die CSIC hat sie direkt an der Mündung des Yangtze errichtet. 2016 und 2017 entstanden hier zwei riesige Hallen, wie die Aufnahmen zeigen. Danach wurde ein Becken ausgehoben, zwei fahrbare Schwerlastkräne sowie mobile Dachkonstruktionen als Wetterschutz wurden aufgestellt.

Das Gelände der Werft von Dalian, bevor die Werft gebaut wurde

Darunter entstanden seit vergangenem Jahr nun deutlich erkennbar die Rumpfblöcke des dritten chinesischen Flugzeugträgers. Laut Analysen der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies in Washington wird er der erste Träge mit einem großen Flugdeck sein – allerdings immer noch kleiner als die Superträger USS Gerald R. Ford und USS Nimitz der US-Marine, die mehr als 75 Flugzeuge tragen können. Doch plant die Volksrepublik offenbar auch Träger, die größer sein und wie die US-Schiffe einen Nuklearantrieb besitzen sollen.

Während die zwei ersten Träger der Volksrepublik auf dem russischen Design der Admiral-Kusnezow-Klasse mit einer Art Sprungschanze beruhen und nur 25 Jets tragen können, wird der nun in Shanghai gebaute Flugzeugträger erstmals ein flaches Flugdeck haben. Die Jets werden darauf künftig per Katapult beschleunigt. Neben einem dampfbetriebenen Modell soll dabei auch ein elektromagnetisches Katapult zum Einsatz kommen, das ähnlich wie eine Magnetschwebebahn massiven Vortrieb generieren kann, bei deutlich reduziertem Stromverbrauch. In diese Technik ist Medienberichten zufolge auch europäisches Know-how eingeflossen – etwa in Form von Hochleistungstransformatoren des britischen Unternehmens Dynex Power, dass 2008 von einem chinesischen Lokomotivbauer übernommen wurde. Laut der Hongkonger Tageszeitung „South China Morning Post“ soll das jetzt im Bau befindliche Schiff 2021 fertig gestellt sein.

Die Rubrik „Wirtschaft von oben“ entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

Mehr zum Thema: China versucht, weltweit Innovationen abzugreifen, die für den Bau neuer Rüstungstechnik taugen. Im Fokus: deutsche Hightech-Start-ups.


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