Wirtschaft von oben #98 – Umbau Gewerbeimmobilien Wie Kaufhaus- und Büroleichen wiederbelebt werden

Wo früher die Mitarbeiter von ThyssenKrupp gearbeitet haben, wohnen heute Düsseldorfer im früheren Thyssen Trade Center. Quelle: LiveEO/Google Earth

Bürotürme und Kaufhäuser vor allem von Karstadt und Kaufhof stehen in vielen Städten leer. Exklusive Satellitenbilder zeigen beispielhaft, wie solche Gebäude zu Wohnimmobilien umgebaut wurden. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Auch die Düsseldorfer Einkaufsmeile Schadowstraße hat inzwischen ihren Lost Place. Im ehemaligen Kaufhaus Galeria Kaufhof gehen keine Kunden mehr ein und aus. Seit Oktober sind die Türen zu. Wie die Immobilie künftig genutzt wird, ist noch offen. Die österreichische Eigentümerin Signa Prime Selection und die Stadt Düsseldorf suchen derzeit nach einem Konzept. 

Wegen der Insolvenz des Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof stehen in vielen deutschen Städten Warenhäuser leer. Die betroffenen Kommunen fürchten, dass ohne solche Anziehungspunkte in den Einkaufsstraßen die Innenstädte veröden. Allerdings ist der Bedarf an Einzelhandelsfläche wegen des wachsenden Online-Handels gesunken. Die Eigentümer dieser Immobilien müssen sich daher nach alternativen Mietern umschauen und notfalls Gewerbeflächen in Wohnraum umbauen.

Leer stehende Gewerbeflächen sind ein bisher wenig genutztes Potenzial, die Wohnungsnot vor allem in den Ballungsräumen zu mindern. Laut der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen ließen sich so in Deutschland bis 2025 rund 235.000 zusätzliche Wohnungen schaffen. Für solche Projekte ist kein zusätzliches Bauland erforderlich und die Bewohner können die bereits vorhandene Infrastruktur wie den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Die Kommunen müssen also nicht zusätzlich investieren. Zudem lässt sich die vorhandene Bausubstanz nutzen, was den Ressourcenverbrauch gegenüber einem Neubau senkt.

Büros und Ladenlokale in Wohnraum umzuwandeln, ist also eine smarte Idee. In der Praxis läuft jedoch nicht alles so reibungslos. Denn die Bausubstanz der Gewerbeimmobilien passt in der Regel nicht zu den Anforderungen an ein Wohnhaus. Welche Hürden bei einem Umbau zu nehmen sind, zeigen mehrere aktuelle Projekte. Zwei von diesen sind in den Satellitenbildern von LiveEO zu sehen.

Bei Kaufhäusern stockt der Umbau


Während in Düsseldorf noch an einem Konzept fürs Warenhaus gefeilt wird, ist ein ähnliches Projekt in Recklinghausen deutlich weiter. Im Markt-Quartier, einem ehemaligem Karstadt-Kaufhaus, entstehen neben Ladenlokalen und Büros auch betreute Seniorenwohnungen sowie eine Kita. Zuvor stand die Immobilie zwei Jahre lang leer. Die Satellitenbilder dokumentieren den Baufortschritt.

In diesem Jahr soll der Umbau in Recklinghausen abgeschlossen sein. Es gibt jedoch Probleme im Inneren der Immobilie. So sollen beispielsweise tragende Wände im ältesten Gebäudeteil von 1928 dünner sein als erwartet. Zudem hat der Bergbau in der Region die Immobilie absacken lassen. Kritiker bemängeln, dass ein Abbruch und ein anschließender Neubau wohl weniger gekostet hätten.

Bei einer Berliner Kaufhausimmobilie am Steglitzer Kreisel gibt es ebenfalls Probleme mit der Statik. Die Bauarbeiten verzögern sich, weil unter anderem Stahlträgern verstärkt werden müssen. Zudem erschwert der Lockdown wegen der Coronapandemie den Nachschub an Arbeitskräften und Baustoffen. In den für Wohnungen vorgesehenen Gebäudeteil sollen 2022 die ersten Mieter einziehen.

Büros erfolgreich umgewandelt


In Düsseldorf-Flingern ist der Umbau des Bürokomplexes Thyssen-Trade-Center dagegen bereits seit 2017 abgeschlossen. Nach dem Umzug des Stahlkonzerns nach Essen stand die Immobilie mehrere Jahre leer. Inzwischen wohnen dort Mieter in 340 Wohnungen. Jede fünfte davon wird vergünstigt an sozial Schwächere vermietet. Um die Büroimmobilie wohnlich zu machen, wurden Balkone angebaut, Gärten und Spielplätze angelegt, wie auch auf den Satellitenbildern zu sehen ist. Alle Baumaßnahmen zusammengenommen haben rund 100 Millionen Euro gekostet. 

Auch dieses Projekt litt anfangs unter Komplikationen. Bei einigen Mietern funktionierte beispielsweise der Internetanschluss nicht. Inzwischen sind die Mieten für Wohnungen ohne Vergünstigung mit dem allgemeinen Markttrend gestiegen. Derzeit bietet ein Makler im Internet beispielsweise eine 62 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Wohnung für 899 Euro kalt monatlich an. Hinzu kommen weitere 199 Euro für Nebenkosten. 

In vielen deutsche Großstädten gibt es leer stehende Bürotürme. So auch in Frankfurt-Niederrad. Dort fehlten ebenfalls Mieter für Büroetagen. Die dortige Bürostadt wurde in das Wohnviertel Lyoner Quartier umgebaut. Zu den umgewandelten Bürogebäuden in Niederrad gehört beispielsweise der Ruby Tower. Die 150 Mietwohnungen wurden im Dezember 2019 fertig. Sie haben alle zwei Zimmer und sind zwischen 45 und 55 Quadratmeter groß. Andere Gewerbeimmobilien in unmittelbarer Nachbarschaft des Towers mussten dagegen Neubauten weichen.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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