Tropischer Krankheitserreger Reisende bringen Zika-Virus auch nach Europa

Das tropische Zika-Virus macht vielen Frauen in Brasilien Angst. Es steht im Verdacht, bei ungeborenen Kindern Fehlbildungen zu verursachen. Auch nach Europa kam das Virus schon, unter anderem nach Deutschland.

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Das mittelamerikanische Land gehört zu den Staaten, die von der massenhaften Ausbreitung des von Mücken übertragenen Zika-Virus besonders betroffen sind. Quelle: ap

Hamburg Erstmals ist das Zika-Virus bei einem Patienten in Dänemark entdeckt worden. Der Däne habe sich bei einer Reise nach Süd- und Lateinamerika mit dem durch Mücken übertragenen Erreger angesteckt und danach über Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen geklagt, teilte das Universitätskrankenhaus in Aarhus mit.

Eine Untersuchung habe die Infektion am Dienstagabend bestätigt. Der Patient werde ambulant behandelt. „Sein Zustand ist gut“, hieß es.

Auch in Deutschland wurde das Virus in der Vergangenheit mehrfach diagnostiziert. Das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin habe seit 2013 zehn Infektionen festgestellt, sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit der Nachrichtenagentur dpa. Dabei handele es sich ausschließlich um importierte Fälle, das heißt, die Betroffenen holten sich das Virus auf einer Reise in ein tropisches Land.

Ein genaues Bild von eingeschleppten Virus-Fällen in Europa gibt es nicht, denn die Infektion ist nicht meldepflichtig. Zwar registrierte Italien schon vier Fälle, Großbritannien drei und Spanien zwei. Aber Schmidt-Chanasit meint: „Diese Zahlen sind alle nicht korrekt.“

Gute Aufzeichnungen über das Auftreten der Krankheit fehlen. Es gibt nur wenige Referenzzentren, die die Infektion diagnostizieren können – neben dem Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg noch das Pasteur-Institut in Paris und zwei weitere Einrichtungen in Großbritannien und den Niederlanden.

Bislang nur einzelne Hinweise

Der Erreger verursacht meist keine schwere Erkrankung. Er steht aber im Verdacht, bei Schwangeren das ungeborene Kind zu schädigen. Die Kinder kommen mit einem zu kleinen Kopf auf die Welt, was mit Fehlbildungen im Gehirn einhergeht. „Dieser Zusammenhang ist sehr wahrscheinlich“, sagte Schmidt-Chanasit. Er fügte aber hinzu: „Der endgültige Beweis steht noch aus.“

In Brasilien, das mit rund 4000 registrierten Fällen der sogenannten Mikrozephalie am stärksten betroffen ist, gebe es derzeit Fallkontrollstudien. Dabei werden Frauen mit fehlgebildeten und gesunden Kindern auf Antikörper gegen Zika-Viren getestet.

Bei gestorbenen Babys und im Fruchtwasser sei das Virus bereits nachgewiesen worden. Das seien aber nur einzelne Hinweise. Für Studien müssen Hunderte Schwangere untersucht werden. „Ich denke, in einigen Wochen werden wir den endgültigen Beweis haben“, sagte der Virologe.

Unterdessen wächst auf dem amerikanischen Kontinent die Sorge vor einer Ausbreitung des gefährlichen Zika-Virus. Costa Rica meldete seinen ersten Zika-Fall. Der Betroffene steckte sich offenbar in Kolumbien an, wo inzwischen zahlreiche Verdachtsfälle registriert werden. In Brasilien, wo der Virus Ende vergangenen Jahres erstmals nachgewiesen wurde, warnte der Gesundheitsminister vor einer Niederlage im Kampf gegen den Virus.


Obama fordert höheres Tempo bei der Virus-Erforschung

An den nationalen US-Gesundheitsinstituten laufen mittlerweile erste Forschungen an einem Mittel gegen den Zika-Virus. Mit Ergebnissen sei aber nicht über Nacht zu rechnen, warnte einer der zuständigen Ärzte, Anthony Fauci. Seine Behörde plane, auch Kollegen in Brasilien mit Finanzmitteln für Zika-Forschungsprojekte zu unterstützen. Im Übrigen gebe es bereits Impfstoffe in verschiedenen Entwicklungsstadien gegen andere Erkrankungen aus der gleichen Virus-Familie: Dengue, West-Nil und Chikungunya.

Gemeinsam mit anderen ranghohen Experten und Gesundheitsministerin Sylvia Mathews Burwell nahm Fauci an einer Sitzung im Weißen Haus teil, die sich um den Zika-Virus drehte. Dabei mahnte Obama ein höheres Tempo bei Diagnose, Prävention und Behandlung an. Zudem habe er sich über Maßnahmen zum Schutz von Amerikanern informiert, teilte das Weiße Haus weiter mit. Überdies ging es um mögliche Folgen eines Ausbruchs für Wirtschaft und Entwicklung.

Aus dem Staat Virginia wurde ein Fall gemeldet. Ein Bewohner habe sich vor kurzem in einem von Zika-Übertragungen betroffenen Land aufgehalten und sei nach seiner Rückkehr positiv getestet worden, teilten Gesundheitsbehörden mit. Eine Gefahr für andere Bewohner von Virginia bestehe aber nicht, da dort gerade keine Mückensaison sei.

In Kolumbien stieg derweil die Zahl der Zika-Verdachtsfälle. Offenbar seien 16.490 Personen an dem gefährlichen Virus erkrankt, 1090 von ihnen seien Schwangere, sagte Gesundheitsminister Alejandro Gaviria am Dienstag. Präsident Juan Manuel Santos sagte, er rechne mit bis zu 600.000 Fällen in diesem Jahr. Die Behörden gehen im ganzen Land gegen Mücken vor, die das Virus übertragen.

Mit einem Aufgebot von rund 220 000 Soldaten will auch Brasilien den Insekten zu Leibe rücken. Die Mitglieder der Streitkräfte würden von Haus zu Haus gehen, um vor dem Karneval bei der Mückenbekämpfung zu helfen, sagte Gesundheitsminister Marcelo Castro am Dienstag. Rund 400 000 schwangere Frauen, die auf Sozialleistungen angewiesen seien, würden zudem mit Mückenspray ausgerüstet.

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