Porträt Hubert Troost Aus dem Bauch

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Eigentlich war die Marke schon tot. Selbst Henkel hatte Mitte der Fünfzigerjahre sein Waschmittel schon fast aufgegeben. Doch dann kam die Rettung – in wenigen, wohlgesetzten Worten: „Persil 59: das beste Persil, das es je gab!“ 

Der Retter war Hubert Troost. Sein Slogan brachte der Traditionsmarke die Marktführerschaft zurück – und hat sich eingegraben ins kollektive Werbegedächtnis der Deutschen. „Er glaubte an die Kraft der Kreativität“, heißt es im Nachruf des Art Directors Club auf Troost, der 1991 starb. „Deshalb förderte er die Kreativität, wo immer er konnte.“ 

Mit seiner Frau Grete betrieb Troost schon vor dem Zweiten Weltkrieg ein grafisches Atelier. Sein Stil: konstruktivistisch, preußisch, sachlich, streng. „Von Werbeagentur war damals noch nicht die Rede“, so Troost später. „Wichtig blieb für meine Frau und mich, dass Werbegrafik nicht zweckfrei sein kann.“ 

Ein frühes Credo, Grundverständnis auch der Agentur, die Troost 1953 gründete. Und ein Bekenntnis, das das Verständnis vonWerbeagenturen in Deutschland revolutionierte. Troost setzte von Anfang an bewusst Texter und Art Director an einen Tisch, machte Schluss mit dem Nebeneinanderher von grafischem Atelier hier und Textabteilung dort – heute selbstverständlich, damals ein Novum. 

In Zeiten, als der Dollar noch mehr als vier Mark wert war und sich sonst nur Agenturchefs den Luxus USA leisteten, schickte Troost seine Mitarbeiter scharenweise ins Mekka der Werbung. Selbst leidenschaftlicher Maler und befreundet mit Joseph Beuys, versucht Troost gezielt, das kreative Potenzial auch anderer Bereiche für seine Agentur zu nutzen, fördert den Austausch zwischen Kunst und Werbung, Hochschule und Praxis. Schon 1958 holt er Ernest Dichter nach Deutschland – damals einer der führenden Vertreter der Werbepsychologie in den USA. Troosts Ziel: der Aufbau einer quantitativen und qualitativen Marktforschung. 

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Troosts Team konzipierte wegweisende Kampagnen – außer für Persil unter anderem für die Seife Fa („Mit der wilden Frische von Limonen“), das Internationale Wollsekretariat, für Jenaer Glas und Elefanten Schuhe. Mitte der Sechzigerjahre gehörte Troosts Agentur zu den fünf größten in Deutschland, unter den rein deutschen war sie sogar Nummer eins. „Troost hat Werbung aus dem Bauch gemacht“, sagt Lothar Leonhard, Chef der Werbeagentur Ogilvy & Mather. „Er wusste einfach, wie es geht.“ 

Was nicht unbedingt für den Umgang mit seinen Mitmenschen galt: Der Mann mit dem feinen Gespür für gute Werbung, mit dem tollen Verhältnis zu den Kreativen, konnte auch brüsk sein, schroff, autoritär, ja, manchmal rüpelhaft. „Troost steckte voller Ideen“, sagt der heutige DBB-CEO Jürgen Stöhr, der 1974 als Geschäftsführer zu Troost kam. „Aber es war fast unmöglich, zu ihm ein persönliches Verhältnis aufzubauen.“ 

So haben ihn außer seiner Frau Grete im Laufe der Zeit alle Weggefährten verlassen: Harry Walter, Gunter Ott, Gisela Küll, Heinz-Richard Darius, Klaus Peter Erxleben, Claus Harden – Troost hat sie angezogen, sie zweifeln und verzweifeln lassen und sie wieder abgestoßen. Am Ende fand er nicht einmal einen Nachfolger für seine Agentur und begann, sich 1970 mit einem Teilverkauf an den belgisch-französischen Konzern Empain immer mehr aus der Werbung zurückzuziehen. Fünf Jahre später verabschiedete Troost sich endgültig – mit dem Verkauf an das amerikanische Inter-public-Network. 1986 verschwand der Name Troost ganz aus der Agenturbezeichnung. Längst widmete sich Troost zu dem Zeitpunkt nur noch der Malerei – in seinen letzten Bildern finden sich fast nur noch zwei Töne: schwarz und weiß. So blieb der Kompromisslose sich treu bis zuletzt: „Das Richtige“, sagte Troost einmal in Anlehnung an seinen Kunstprofessor Gustav Wiethüchter, „ist das Wahre, nicht das Neue.“ men/gef a 

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