Autobahn

Dass der Urlaub angefangen hat, merken viele erst, wenn sie schon nach wenigen Kilometern Stillstand erleben – im Stau. Aber erst die freie Fahrt ist es, die uns Deutschen das Gefühl gibt, Bürger zu sein. Vollgas, wann immer es uns passt. Auch wenn inzwischen fast die Hälfte unserer rund 12.000 Autobahnkilometer (nur die USA haben mehr) mit Tempolimits belegt ist: Als Rennstrecke und Leistungsschau deutscher Autobaukunst ist die linke Spur auch Attraktion für unsere Nachbarn. Kaum über die Grenze, lassen sie ihrem Drang nach Vollgas freien Lauf. Ist eben schön bei uns. Und das seit 60 Jahren.
Beckenbauer, Franz

Wenn der Franz zum Fenster rausfällt, sagte einmal Torwartlegende Sepp Maier, dann fällt er nach oben. Der physikalische Beweis steht zwar noch aus. Recht hat Maier trotzdem: Laut Allensbach ist Beckenbauer noch immer beliebtester Sportler der Deutschen – und ideale Projektionsfläche für die Sehnsüchte seiner Landsleute: Aufstieg vom Postobersekretärs-Sohn zum Kaiser, vom Straßenkicker zum Weltmeister, vom Volksschüler zu Volkes Stimme, vom Versicherungslehrling zum Multimillionär. Das Prinzip Beckenbauer: Diszipliniert, aber nicht verbissen, abheben mit Bodenhaftung. So wurde er als Titel sammelnder Spieler und Trainer erst unangreifbar, später unvermeidbar – als Werbefigur für Tütensuppen, Stromkonzerne, Mobilfunkbetreiber („Ja ist denn scho’ Weihnachten?“). Wer laut TV-Moderator Günther Jauch „fürs Image der Deutschen im Ausland mehr geleistet hat als 50 Jahre Diplomatie und zehn Goethe-Institute zusammen“, dem wird vieles verziehen: Seitensprünge gelten als Beweis später Manneskraft, Wutausbrüche („wie die Uwe-Seeler-Traditionself“) als Offenbarung des gesunden Menschenverstands.
Nichtssagende („Die Schweden sind keine Holländer – das hat man ganz genau gesehen“) oder gemeingefährliche Kommentare („Es wird sich doch ein Terrorist finden, der das Olympiastadion wegsprengt“) werden überhört, ständige Meinungswechsel im Sinne Adenauers („Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“) geadelt. Kein Wunder, dass sich so einer für letzte Dinge zuständig fühlt: „Als Organspender bin ich selbst am Ende meines Lebens noch reich – ich kann anderen das Leben schenken.“