Ad Schenk im Interview "Drei Zigaretten für fünf Euro"

Der deutsche Drogen- und Suchtrat will, dass die Regierung stärker gegen den Tabakkonsum vorgeht. Bei der Bundesdrogenbeauftragten Sabine Bätzing musste gestern die Industrie zu den Plänen Stellung nehmen. Der Deutschland-Chef des Zigarettenkonzerns British American Tabacco berichtet im Interview, was er von den Vorhaben hält und wie er sich die Zukunft des Rauchens vorstellt.

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Der Vorstandsvorsitzende von Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Schenk, Rauchverbot in Kneipen und Restaurants, Ächtung der Raucher, Einschränkungen der Tabakwerbung – wie viel Spaß macht die Arbeit noch?

Schenk: Ich gehe abends nicht ins Bett mit dem Wunsch, hoffentlich kann ich morgen eine Zigarette mehr verkaufen als heute. Wir müssen uns darauf einstellen, dass künftig quantitativ weniger geraucht wird. Ich finde das sogar gut. So kommen wir aus dem Massenwahn und dem Billig, Billig, Billig heraus und stärker zum Genussrauchen.

Billig, billig, billig? Wollen Sie die Raucher zwingen, noch mehr Geld für eine Zigarette zu bezahlen?

Die Leute gehen heute auch zu Starbucks und zahlen 4,50 Euro für ein bisschen heißes Wasser mit Milchschaum. Und ein Erwachsener muss keine 15 Zigaretten am Tag rauchen.

Wie wollen Sie erreichen, dass die Raucher mehr Geld für weniger Zigaretten ausgeben?

Wir sind weit davon entfernt, die Antworten zu haben. Ich würde etwa gern ein tolles Produkt mit individualisierter Tabakmischung und persönlichem Trallala anbieten, wo die Packung mit drei oder fünf Zigaretten fünf Euro kostet – aber: darf ich nicht, weil der Gesetzgeber mir vorschreibt, dass ich mindestens 17, vielleicht sogar bald 20 Zigaretten in der Packung haben muss. Unsere Möglichkeiten, was zu probieren und einen Beitrag zu leisten, dass die Leute weniger rauchen, sind stark einschränkt.

Die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing will Plakatwerbung für Zigaretten verbieten und Kinowerbung einschränken. Was dann?

Wir haben ein legales Produkt, das ausschließlich an Erwachsene verkauft wird, damit ist gesetzlich alles geregelt. Aber die Zigarette wird dämonisiert, aufbauend auf Unwahrheiten. Der Bundestagsabgeordnete Lothar Binding kann bei Anne Will im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erzählen, dass die Industrie wissentlich 600 Zusatzstoffe beimischt, um die Leute süchtig zu machen. Manche Leute gehören verhaftet. Das deutsche Tabakrecht schreibt genau vor, was wir zufügen dürfen und was nicht. Der Gesetzgeber muss uns einfach zugestehen, mit den Verbrauchern zu kommunizieren – dazu gehört auch Plakat- und Kinowerbung.

Die Bundesdrogenbeauftragte will Sie auch zwingen, Ihr Werbebudget offenzulegen.

Das können wir gern tun.

Okay, wie hoch ist es?

Ein zweistelliger Millionenbetrag.

Und genau?

Das sage ich nicht. Das würde auch Philip Morris und Reemtsma interessieren. Aber wenn es alle sagen, hab ich kein Problem damit.

So schlimm sich das alles anhört, Ihr Gewinn in Europa steigt.

Ja, aber in Deutschland tun wir uns schwer, das Niveau zu halten. Im Verlauf der letzten drei Jahre ist unser Gewinn um zehn Prozent gesunken. Zum einen gab es eine Schlacht im Niedrigpreissegment, zum anderen sind da 24 Milliarden ausländische Zigaretten jährlich, zwei Drittel davon geschmuggelt. Bei unserem Marktanteil sind das für BAT sechs Milliarden Stück, die uns entgehen. Hätte ich die, sähe mein Gewinn besser aus.

Für den Gesamtkonzern ist es doch egal, ob hierzulande BAT-Zigaretten aus Deutschland oder aus der Ukraine verkauft werden.

Falsch. Natürlich sind bei den geschmuggelten Zigaretten auch welche von BAT dabei. Wenn aber die Preise in Polen und der Ukraine nur ein Bruchteil derer in Deutschland sind, sind das auch die Margen. Sechs Prozent auf einen Euro sind weniger als sechs Prozent auf 4,50 Euro. Zudem hätte ich den Umsatz der in Deutschland konsumierten Zigaretten gern in meinen Büchern, nicht in denen meiner Kollegen in Polen und Tschechien.

Wie wollen Sie den Schmuggel verhindern?

Wir setzten viel Geld ein, um gemeinsam mit den Behörden den Schmuggel zu bekämpfen. Derzeit steigen die Zahlen zumindest nicht. Schau ich aber nach Berlin, vor die Haustüre der Politik, wo jede zweite gerauchte Zigarette nicht hierzulande versteuert ist: Da sitzen die schon wieder am großen runden Tisch und überlegen, um wie viel sie die Tabaksteuer erhöhen sollen. Damit die Preisdifferenz zwischen Deutschland und der Ukraine noch größer wird? Damit hoffentlich bald zwei Drittel der gerauchten Zigaretten in Berlin geschmuggelt sind? Das kann doch nicht wahr sein. Und vor dem Gymnasium meiner Kinder tauchen regelmäßig Leute mit Rucksäcken auf und verkaufen russische Jin-Ling-Zigaretten. Toll, lieber Gesetzgeber.

Rechnet sich die Produktion in Deutschland überhaupt noch?

Von den in unserem Werk in Bayreuth produzierten Zigaretten sind nur 30 Prozent für Deutschland bestimmt. Trotzdem: Durch Technologieeinsatz ist es rentabler als unsere Standorte in Osteuropa. Letztes Jahr haben wir rund 150 neue Jobs geschaffen. Und ich denke, dass in den nächsten zwei Jahren weitere 100 oder mehr dazukommen.

Die Auswirkung des Rauchverbots in Gaststätten ist für Sie gering. Warum haben sie sich so dagegen gesträubt? Kommerziell gesehen könnten wir uns zurücklehnen und sagen, ach, die paar Prozent, die da aufhören, die Hälfte kommt wieder, warum soll ich mich verrückt machen? Es geht aber um den Grundsatz. Wir müssen die Akzeptanz unserer Konsumenten in der Gesellschaft verteidigen. Da draußen laufen 17 bis 20 Millionen erwachsene Raucher rum. Die erwarten nicht nur, dass wir ihnen Zigaretten verkaufen, sondern auch, dass wir ihre Interessen vertreten.

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