Airlines Türken gefährden Lufthansa

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Die größten Auslandsmärkte von Turkish Airlines Quelle: Unternehmen

Dafür sorgt ein Geschäftsmodell, das allen Wettbewerbern zumindest in Teilen überlegen ist. "Turkish vereint die Vorteile europäischer Linien wie Effizienz mit denen der Golf-Airlines wie gutem Service und der Nähe zu Wachstumsmärkten wie Indien", urteilt Christoph Brützel, Professor für Luftverkehrsmanagement an der Fachhochschule Bad Honnef und selbstständiger Berater. Dazu packt die an der Istanbuler Börse notierte Linie ein paar eigene Stärken drauf wie den großen Heimatmarkt, dessen Wirtschaft zweistellig wächst. Zudem will die Regierung bis 2016 einen neuen Flughafen in Istanbul bauen. "Ich wüsste nicht viel, was eine Fluglinie sonst noch braucht", sagt Brützel.

Wenn die 1933 gegründete Turkish trotzdem als fliegender Exot gilt, liegt das an ihrer Vergangenheit. Noch zur Jahrtausendwende vereinte sie alle Laster einer Staatslinie: kaum Wachstum, hohe Verluste sowie ein unberechenbarer Service an Bord und Boden. Bei Vielfliegern stand die offizielle Abkürzung THY für "They hate you" (Englisch für: Die hassen euch).

Mächtige Türkei

Für die Wende sorgte der 2003 gewählte islamistische Premierminister Recep Erdogan. Für ihn gehörte zu einer mächtigen Türkei eine Fluglinie mit Strecken in die Wirtschaftszentren der Welt. Der Premier holte den Flugzeugingenieur Kotil zuerst in den Vorstand und machte ihn 2005 zum Chef der zu 49 Prozent staatlichen Linie.

"Erst nahm den keiner so recht ernst", erinnert sich ein Insider. Kotil stammt wie Erdogan aus dem rückständigen Nordosten des Landes und ließ sich zu Beginn seiner Amtszeit als Mekkapilger fotografieren, ein in der säkularen Türkei unübliches Bekenntnis zum Glauben. Als dann Mitarbeiter zur Begrüßung einer neu gelieferten Boeing im Sicherheitsbereich des Flughafens rituell ein Kamel schlachteten und nicht gefeuert wurden, schrieben viele Turkish endgültig ab.

Doch Kotil erwies sich als cleverer Reformer. Er stellte alle Abläufe auf den Prüfstand, besonders bei Flugsicherheit und Pilotenausbildung, wo Turkish keinen guten Ruf hatte. "Wir haben in jedem Bereich von den Besten gelernt", sagt Kotil.

Anderswo wäre das wohl am Beharrungsvermögen des Beamtenapparats gescheitert, der trotz des Börsengangs die Unternehmenskultur dominierte. Doch Kotil spielte geschickt die nationale Karte. "Die Modernisierung des Unternehmens war ein Mittel, die Türkei größer zu machen", erzählt der Insider. "Und so einer nationalen Aufgabe kann sich doch kein patriotischer Staatsdiener widersetzen."

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