Airlines Türken gefährden Lufthansa

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Das Passagierfluggeschäft im Vergleich Quelle: Unternehmen, Ascend

Denn Turkish erreicht mehr Kunden als alle Wettbewerber mit weniger Kosten und Risiko. Die Linie kann Europa und weite Teile Asiens mit 150-sitzigen Maschinen verbinden, was in den Flotten von Lufthansa oder Emirates nur Langstreckenflieger mit 250 Plätzen und mehr schaffen. Das erlaubt Flüge in kleinere Städte mit knapp 80 Kunden pro Tag, wo die anderen erst bei mehr als der doppelten Kundenzahl wirtschaftlich fliegen.

Turkish hat dank der vielen türkischen Gemeinden überall potenzielle Kunden, die Freunde und Verwandte bisher nur auf Umwegen besuchen konnten und für den schnellen Weg via Istanbul einen Aufpreis zahlen. Damit braucht es oft nur eine Handvoll Geschäftsreisender pro Tag, die nach Istanbul oder zu einem der anderen Ziele wollen, und der Flug rechnet sich. Dank der niedrigen Kosten "verdient Turkish bereits mit einem halbvollen Flieger Geld", so eine Studie der Deutschen Bank, während andere erst bei drei Viertel Auslastung ins Plus rutschen.

Schutzschild gegen Emirates & Co.

Dabei hilft die boomende Wirtschaft des Landes mit gut elf Prozent Wachstum im ersten Quartal 2011. Besonders stark wachsen die Verbindungen in die Nachbarländer, weil Premier Erdogan das Land mangels Hoffnung auf eine EU-Mitgliedschaft als Mittler zwischen Ost und Welt aufbaut. "Je mehr die Wirtschaft im Land und in der Nachbarschaft wächst, umso mehr wächst auch Turkish", sagt Caterer Dogudan.

Den Erfolg zeigt ein Blick in Istanbuls einfachere Geschäftsreisehotels, wo Manager aus Staaten wie der Ukraine oder Pakistan absteigen. Sie wollen Geschäfte mit dem Westen machen. Doch weil sie keine Chance auf eine für Geschäftsabschlüsse oft unerlässliche kurzfristige Einreise in die USA oder Deutschland haben, machen sie die Deals in Istanbul mit Partnern, die frei reisen können.

Trotz der guten Voraussetzungen ist der Weg von Turkish nicht ohne Risiko. Die Airline hängt nicht nur von der politischen Stabilität der Region ab. Unternehmenskenner fürchten auch, der Linie könne der Erfolg zu Kopf steigen, wenn sie sich nicht zumindest im Aufsichtsrat für Manager und Ideen aus anderen Regionen öffnet.

Dabei könnte die Lufthansa ihrem Partner Turkish helfen – und so auch das Risiko mindern, dass Turkish ihr zu viele Passagiere abspenstig macht. Dafür müsste Lufthansa nach Ansicht von Experten über den eigenen Schatten springen und die Türken für eine bevorzugte Partnerschaft gewinnen. Wie in der Kooperation mit United Airlines aus den USA könnte Lufthansa einen Teil ihres Geschäfts wie den Verkehr zwischen Südeuropa nach Asien in eine Art Gemeinschaftsunternehmen überführen und über Istanbul abwickeln. Das wäre wegen der im Vergleich zu den Golf-Linien kürzeren Reisezeit eine Art Schutzschild gegen Emirates & Co. "Angesichts der niedrigeren Kosten von Turkish", so Experte Brützel, "wäre am Ende sogar wohl der Ertrag höher, als wenn die Lufthansa diese Passagiere Emirates oder Etihad zu Kampfpreisen abjagt und über Frankfurt, München oder Zürich fliegt."

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