Angst vor Schmuddelwetter Feuerwerk: Zauberer der Nacht

Trotz der Konkurrenz aus China produzieren deutsche Hersteller weiterhin Raketen, Böller und Kracher.

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Schrille Pfeiftöne, bunte Sterne und ein lautstarkes Knistern, wenn die Raketen in der Luft ihre volle Pracht entfalten. Aaaah. Feuertöpfe, abwechselnd geschossen zu silbernen Kometen mit strahlenden Buketts. Ooooh. Rote und grüne Leuchtkugeln, die sich in 42 Metern Höhe in Glittersterne verwandeln. Aaaah. 

Einmal anzünden, dann brennt ein bis zu zwei Minuten langes Feuerwerk mit verschiedenen Effekten ab. „Die Leute wollen zu Silvester im Kleinen selbst in Szene setzen, was sie bei Großfeuerwerken wie ,Rhein in Flammen’ sehen“, sagt Markus Schwarzer, Sprecher des Herstellers Weco. Neuheiten mit Lichtzauber versprechenden Namen wie Galaxy Shooter, T-Rex oder Imperial Crown sollen die Deutschen von 29. bis 31. Dezember an die Feuerwerks-Verkaufsstände der Kaufhäuser und Supermärkte locken. 

Das ist auch nötig, denn die Stimmung in der Branche klingt seit dem Millenniumsfeuerwerk zum Jahrtausendwechsel eher nach Knallfrosch als nach Kanonenschlag. Seit 2001 verballern die Deutschen zu Silvester unverändert rund 100 Millionen Euro; das erwartet der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) auch für diese Saison. Preiserhöhungen sind in der Regel nicht drin, dafür sorgt die Billigkonkurrenz aus Fernost: Inzwischen kommen rund die Hälfte der hier zu Lande verfeuerten Böller und Raketen, Sonnen und Vulkane aus China, Tendenz steigend. Trotzdem produzieren die drei marktführenden deutschen Hersteller Weco, Nico und Comet zumindest einen Teil ihrer Produkte unverdrossen in Deutschland. Sie setzen vor allem auf Marktnischen wie technisch anspruchsvollere Leuchtfeuerwerke. 

Telefonzellen zerlegen

Verloren ist bereits der Kampf um die Böller, die laut VPI etwa ein Fünftel des jährlichen Silvesterumsatzes ausmachen: Alles was Lärm macht, stammt zu mehr als 90 Prozent aus chinesischen Fabriken. Anders der weit größere und lukrativere Markt der Leuchtfeuerwerke: Raketen und die seit etwa fünf Jahren immer beliebteren Systemfeuerwerke werden nach Verbandsangaben noch zu 60 Prozent in Deutschland produziert. „Wegen des zunehmenden Preisdrucks dürfte dieser Anteil in den kommenden Jahren allerdings in Richtung 55 Prozent sinken“, sagt VPI-Geschäftsführer Klaus Gotzen. 

Noch beschäftigt die Branche nach VPI-Schätzungen in Deutschland inklusive Zulieferern etwa 3000 Mitarbeiter. Weco, Nico und Comet – sie alle sind gleichzeitig auch Importeure – teilen sich nach VPI-Angaben 80 bis 90 Prozent des legalen deutschen Feuerwerksmarktes. Wie viele illegale Graumarktimporte aus China und mit verboten viel Schwarzpulver vollgestopfte Polen-Böller zusätzlich ins Land kommen, das erfasst keine Statistik. Gotzen: „Die Dinger sind lebensgefährlich, mit der Sprengkraft können Sie eine ganze Telefonzelle zerlegen.“ 

Das Thema Sicherheit ist dabei weniger eine Frage der Herkunft der Knaller als der sie vertreibenden Firmen. Die deutschen Importeure distanzieren sich von potenziell gefährlichen Böllern ohne Zulassungzeichen des Bundesamtes für Materialprüfung. „Wir entwickeln und prüfen selbst in China und haben dort ein eigenes Qualitätsmanagement nach deutschen Richtlinien. Wir testen und kontrollieren das von dort importierte Feuerwerk ständig vor Ort und nach dem Seetransport nochmals in Deutschland“, sagt Nico-Geschäftsführer Andree Siever. 

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