Apple in China 120 iPhones auf einen Streich

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Schwarzhändler vor dem Apple-Flagship-Store in Sanlitun in Peking Quelle: Liu Liechin für WirtschaftsWoche

Keiner der Apple-Kunden kauft weniger als fünf iPhones. Das sei in Peking das Limit für einen einzelnen Kauf, erklärt Joe. Viele stellen sich aber mehrmals an. Sun Weiying* trägt ein grünes Nike-T-Shirt und den Kopf kahl geschoren. Der übergewichtige Mittdreißiger steht schon zum sechsten Mal in der Schlange. Jedesmal kauft er fünf Smartphones. Jedesmal benutzt er die gleiche Kreditkarte. Jedesmal zahlt er 4548 Yuan für ein iPhone, beim Kurs von Mitte Oktober umgerechnet etwa 516 Euro. Das ist Apples offizieller Preis in China. Doch die 30 iPhones reichen Sun nicht. Er reicht seine Kreditkarte einer Freundin, die weiter hinten in der Schlange steht. Die kauft in fünf Anläufen insgesamt 25 Geräte. Das Spiel wiederholt sich mit anderen Freunden noch einige Male.

Am Ende tragen Sun und seine Freunde sechs Plastiktüten mit je 20 iPhones aus dem Geschäft. Draußen hocken sie sich erstmal hin. Zigarettenschachteln werden gezückt, allgemeines Durchatmen, Sun lacht zufrieden. „Die meisten der Handys verkaufen wir außerhalb Pekings“, erzählt er.

Sie fahren in kleinere Städte, aufs Land, überall dorthin, wo es keine offiziellen Apple-Geschäfte gibt, die Nachfrage nach den Gadgets aber groß ist. Bis zu 1000 Yuan mehr verlangen Sun und seine Freunde für ein iPhone – ein einträgliches Geschäft. Manchmal, wenn die Kunden den Flagship-Store in Peking mal wieder leer gekauft haben, stellen sie sich aber auch  direkt vor den Laden und bieten ihre iPhones und iPads dort an. Einige der Straßenhändler behaupten, sie hätten einen Deal mit einer der Verkäuferinnen. Die verkaufe ihnen die Smartphones dann billiger. Manager Joe will sich auch dazu nicht äußern.

Apple ist überall

iPhone 4 Quelle: Liu Liechin für WirtschaftsWoche

Der Elektronikmarkt Bainaohui liegt in Pekings Innenstadt, nicht weit von der zweiten Ringstraße. Auf fünf Etagen beherbergt der unansehnliche ockerfarbene Bau kleine und kleinste Läden. Überall begegnet einem das Apple-Logo. Längst nicht alle der Geschäfte sind lizenziert. Manche der Händler haben mit einfachem Klebeband die Wörter „Authorised Reseller“ an ihrem Stand angebracht. Eine Verkäuferin bietet ein iPhone 4 mit 16 Gigabyte für 4800 Yuan an. Aus Hongkong geschmuggelt soll das gleiche Gerät 4500 Yuan kosten, aus Amerika 3700 Yuan. Manche der Geschäfte hier beziehen ihre Apple-Produkte bei Händlern wie Sun.

Am billigsten sind aber die gefälschten iPhones. Eine Händlerin führt einen Kunden durch einen der langen neonbeleuchteten Gänge des Bainaohui-Marktes. Vorbei geht es an Läden mit Spielkonsolen, Laptops und Fernsehern. Am Ende noch mal links, dann taucht ein kleiner Stand mit großer Apple-Leuchtreklame auf. Der Händler holt eine weiße Box aus der Vitrine. Die Kopie ist leicht zu erkennen. Das schwarze iPhone ist viel leichter als das Original. Die Icons sind ein wenig unscharf, und der Touchscreen reagiert mit Verzögerung. Das Handy arbeite auf Android-Basis, versichert der Verkäufer. Hergestellt worden sei es in einer Fabrik im südchinesischen Shenzhen. Viele verkauft er aber nicht. „Ab und zu kommen Ausländer vorbei“, sagt der Verkäufer. Die Chinesen dagegen wollen Originalware. Wer sich ein iPhone kauft, will ein echtes. Es ist ein bisschen wie bei den Autos. Wer sich in China einen Mercedes kauft, will ein Importfahrzeug – auch um sich bei Freunden und Bekannten damit zu brüsten.

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