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Atomenergie Warum Siemens die Russen braucht

Siemens will AKWs mit den Russen bauen. Doch bevor die Scheidung mit Areva nicht geklärt ist, wird daraus nichts.

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Siemens-Chef Peter Löscher, Quelle: REUTERS

Wladimir Putin sitzt auf heißen Kohlen. Regelmäßig lässt sich der mächtige Premierminister über den Stand des Schiedsgerichtsverfahrens in Paris unterrichten. Dort streitet der französische Atomkraftwerksbauer Areva mit Siemens über den Ausstieg der Deutschen aus Gemeinschaftsunternehmen. Siemens will künftig nicht mehr mit Areva, sondern mit dem russischen Konkurrenten Rosatom Kernkraftwerke bauen. Das versuchen die Franzosen zu verhindern.

In Frankreich wird vermutet, dass Areva mit der Klage den Preis für den Anteil drücken will: Nach Schätzungen soll Areva rund zwei Milliarden Euro für den Rückkauf der Siemens-Anteile zahlen. Doch die Franzosen brauchen jeden Cent, denn bis 2013 sollen zwölf Milliarden Euro in neue Anlagen fließen.

Die Gründung des Joint Ventures hat Putin mit Siemens-Chef Peter Löscher persönlich eingestielt. Doch solange Siemens den Scheidungskrieg mit Areva nicht gelöst hat,wird der Deal nicht fliegen. Wie lange sich das Verfahren noch hinzieht, wagt keiner vorherzusehen.

Renaissance der Atomkraft lockt mit einer Billion Euro

Hinter den Kulissen wird bei Siemens und Rosatom trotzdem eifrig geplant, gerechnet, geträumt. Die Atomkraft steht vor einer Renaissance. Löscher nannte voriges Jahr die Zahl von 400 Atommeilern, die bis 2030 weltweit ans Netz gehen. Es locken Aufträge im Wert von einer Billion Euro. Natürlich wollen Siemens und Rosatom kräftig mitverdienen.

Die Wunschpartner sind aufeinander angewiesen: Den Russen fehlt es an moderner Technik, die Deutschen kommen im Alleingang nicht an Brennstoffe. Außerdem ist Rosatom im AKW-Bau eine feste Größe: Die Exporttochter Atomstroiexport, mit der Siemens kooperieren will, baut Kraftwerke in Bulgarien, Indien, im Iran, entwickelt den schnellen Brüter für China.

Doch Großprojekte im Westen sammelt Areva ein. „Ohne eine starke Marke wie Siemens wird Russland in Europa die zweite Geige spielen“, meint Analystin Jekaterina Tripoten von der Moskauer Beratungsgesellschaft Sowlink. In den nächsten Monaten werden in Europa neue AKW-Projekte ausgeschrieben. Mit Siemens hätten die Russen Chancen. Doch „wenn das Verfahren nicht bald vom Tisch ist“, fürchtet ein Rosatom-Manager, „werden wir bei Tendern in der Türkei, Finnland und der Slowakei nicht mitbieten können“.

Stattdessen könnte Areva zum Zuge kommen. Dann würde Putin wohl der Kragen platzen. Zur Sicherheit hat Rosatom eine Allianz mit dem japanischen Konzern Toshiba geschlossen. Die Kooperation beschränkt sich zwar auf die Uranverarbeitung, lässt sich aber erweitern. Putin hat immer einen Joker in der Hinterhand.

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