Audi-Chef Stadler "Etwas zu wenig über Vorsprung durch Technik kommuniziert"

Audi-Chef Rupert Stadler über die Verkaufserfolge des Kleinwagen A1, ehrgeizige Wachstumsziele, Audis Elektroauto-Pläne – und zu wenig Kommunikation über Audis Technik-Vorsprung.

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Rupert Stadler Quelle: APN

WirtschaftsWoche: Herr Stadler, seit Ende August steht Audis Kleinwagen A1 bei den Händlern. Wie groß ist die Nachfrage der Kunden nach einem kleinen Premium-Auto mit einem Startpreis von 15.800 Euro?

Rupert Stadler: Der A1 kommt im Markt sehr gut an. Die Auftragseingänge sind über unseren Erwartungen. Bis Ende Oktober werden wir das für 2010 geplante Produktionsvolumen von rund 50.000 Stück ausverkauft haben und bis zum Jahresende 30.000-40.000 Auslieferungen realisieren können. Der A1 wird unser Wachstum beschleunigen. Wir erwarten, dass uns der A1 viele neue und vor allem junge Kunden zuführt.

Die von Ihnen genannten Zahlen lassen auf lange Lieferzeiten schließen. Wie groß sind die mittlerweile – und werden Sie deshalb im Werk Brüssel Sonderschichten einlegen?

Für das nächste Jahr haben wir unsere Produktionskapazität bereits um 20 Prozent angehoben, damit sich die Lieferzeiten in einem akzeptablen Rahmen halten. Wir gleichen unsere Kapazität ständig mit der Nachfrage ab. Wenn es nötig ist, können wir in der Produktion noch nachlegen.

Besteht bei den kleineren Fahrzeugen wie dem A3 auf Golf-Basis oder dem A1 auf Basis des VW Polo die Gefahr, dass die Kunden lieber zum billigeren Volkswagen greifen?

Das sehe ich nicht. Sowohl der A3 wie auch der A1 sind typische, unverwechselbare Audi-Fahrzeuge mit jeweils klarem Produktprofil. Der A1 zeigt, dass die Premiumausstattung und Sportlichkeit der Oberklasse auch in diesem Segment gefragt sind. Da unterschieden sich die beiden Marken deutlich genug. Wenn Sie einen A1 Probe fahren, ist er in seiner Charakteristik anders als der Polo.

VW hat sich sehr ehrgeizige Wachstumsziele gesetzt und will 2018 der größte Autobauer der Welt sein. Welche Rolle spielt Audi dabei?

Audi will weltweit die Premiummarke Nummer Eins werden. Auf diesem Weg werden wir weiter kräftig wachsen. Der Kunde soll Audi als emotionale  Marke mit Innovationen wahrnehmen, die für Nachhaltigkeit, Substanz und Sportlichkeit stehen.

Sie werben mit dem Slogan „Vorsprung durch Technik“. Wo gibt es diesen Vorsprung bei Audi noch?

In jedem einzelnen unserer Produkte. In den letzten vier Jahren haben wir viel in die Ausweitung des Produktportfolios investiert. Wir haben die Geländewagen Q7 und Q5 auf den Markt gebracht, nächstes Jahr kommt der Q3 auf den Markt. Mit dem A5 und dem A7 Sportback haben wir neue Segmente erschlossen. Und Technologie ist dabei unsere Triebfeder.

Gut, das sind alles neue Modelle. Aber wo bleibt der technische Vorsprung? Der Quattro-Antrieb ist mittlerweile 30 Jahre alt.

Ja, aber in diesen neuen Modellen steckt eine Fülle von Innovationen – Weiterentwicklungen der quattro-Technologie, innovative Fahrerassistenz-Systeme, effiziente Motoren. Wir haben vielleicht in den vergangenen  Jahren scheinbar  die Schwerpunkte auf Design und Produktvielfalt gesetzt und eventuell etwas zu wenig zum Thema Vorsprung durch Technik kommuniziert. Aber Audi ist nach wie vor in zentralen Technikfeldern der Automobilindustrie führend. Beim Leichtbau setzt Audi im B-, C- und D-Segment die Standards und wird seinen Vorsprung mit intelligenter Mischbauweise, wie etwa beim aktuellen Audi TT, weiter ausbauen. Im Audi R8 und R8 Spyder werden Bauteile aus dem Werkstoff Karbon bereits in der Serie eingesetzt, und auch die Audi-Tochter Lamborghini ist beim Einsatz von Kohlefasern in der Serienfertigung von Hochleistungs-Sportwagen führend. Ende des Jahres wird Audi 51 Modellvarianten unter 140 Gramm CO2 und damit mehr als die Wettbewerber auf dem Markt haben. Der A8 3.0 TDI hat bessere Emissionswerte als seine direkten Wettbewerber von BMW und Mercedes-Benz. Mit der e-tron-Familie hat Audi seine Kompetenz bei der Elektrifizierung unter Beweis gestellt und wird das Elektroauto konsequent zur Serienreife entwickeln.Sie sehen, wir leben überall Vorsprung durch Technik vor.

Trotzdem bleibt Audi in der Wahrnehmung der Deutschen eine solide Premiummarke, die aber nicht unbedingt für Innovationen steht.

Das sehe ich anders. Wir haben lange darüber nachgedacht, ob wir auch einen Claim wie einer unserer Wettbewerber  brauchen. Ich sage nein, Vorsprung durch Technik ist der Markenkern, und der wird permanent mit Leben gefüllt. Audi-Kunden fahren technisch hoch innovative und zukunftsfähige Autos. Sie erhalten von uns Top-Lösungen in jedem Segment. Setzen Sie sich mal in einen Audi A8. Sie werden kein hochwertigeres Auto in dieser Klasse finden. Kein anderer Autohersteller außer Audi kann eine Aluminium-Außenhaut in dieser Präzision darstellen. Auch die Beherrschung des Werkstoffs Aluminium ist Vorsprung durch Technik.

Elektroauto-Studie Audi e-Tron Quelle: dapd

Und wie positioniert sich Audi bei der großen Herausforderung Elektromobilität?

Die Hybridisierung des Antriebs ist bereits im Anmarsch, der Q5 Hybrid wird zum Jahreswechsel in Serie gehen und wird auch rein elektrisch fahren können. Der A8 ist als Vollhybrid gepaart mit einem zwei-Liter-Turbo-FSI geplant. Ein ähnliches Konzept werden wir beim A6-Nachfolger realisieren. Mit dem Audi A1 e-tron haben wir ein elektrisches Erprobungsfahrzeug mit einem kleinen Range Extender, der dem Fahrer die „Reichweitenangst“ nimmt, denn er lädt bei Bedarf die Batterie wieder auf. Wir werden demnächst mit diesem Konzept einen Flottenversuch in München starten.

Einen Kleinwagen mit Hybridantrieb, der sich an der Steckdose aufladen lässt, planen Sie aber nicht?

Natürlich. Die Start-Stopp-Automatik mit Bremsenergie-Rückgewinnung, etwa im A1, ist eine erste Stufe der Hybridisierung.  In unseren großen Modellen Q5, A6, und A8 werden sie den Full-Hybrid finden, den wir in einer zweiten Stufe auch mit Plug-In über die Steckdose alimentieren. Und: Wir sind auch bei den Verbrennungsmotoren absolut konkurrenzfähig: Wir haben heute bereits für den Audi A3 Dieselmotoren, die nur 99 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Das ist ein Kraftstoffverbrauch von umgerechnet 3,8 Litern auf 100 Kilometer. Beim Verbrennungsmotor sehen wir noch erhebliches Einsparungspotenzial.

Wie lange lassen Sie sich mit der Umstellung Richtung Elektro- und Hybridantrieb Zeit?

Der Hybridantrieb ist eine Brückentechnologie. Die Verbrauchscharakteristik eines Diesels ist heute einfach perfekt. Langfristig wird der Elektroantrieb Stück für Stück Einzug halten. Aber es kann noch keiner sagen, wie lange das dauert. Das hängt auch von den Rahmenbedingungen ab.

Wann plant Audi das erste serienfertige Elektroauto?

Wir werden Ende 2012 mit dem Elektrosportwagen Audi e-tron in Serie gehen.

Wie stehen Sie zu der Forderung, Elektroautos staatlich zu unterstützen?

Wünschenswert wäre natürlich eine europäische Lösung, aber ich glaube, dass sich jeder Staat dabei anders  verhalten wird. Eine Unterstützung im Sinne einer Anschubfinanzierung für die Forschung haben wir aber im Rahmen der Plattform Elektromobilität vereinbart. Wir wollen Forschung und Entwicklung richtig nach vorne bringen. Das ist der Impulsgeber für Innovationen, die dann in Serie gehen können. Mir sind Unterstützungsmittel im Forschungsbereich, für Batterietechnologie und Leistungselektronik, oder im Bereich Thermomanagement lieber als eine Steuergutschrift, bei der Kunden etwa 3000 Euro für E-Autos erhalten. Wenn Elektroautos in Zukunft einmal in größerer Stückzahl produziert werden, wird es ohnehin keine staatliche Unterstützung geben. Ich trete deshalb lieber für eine qualitative Förderung ein.

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