Auferstanden aus Ruinen Acht Firmen, denen Insolvenzverwalter neues Leben einhauchten

Wie Insolvenzverwalter zahlungsunfähige Firmen wie Babcock, SinnLeffers, ProMarkt und Wienerwald retteten.

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Babcock Borsig: 80 Prozent der Quelle: dpa/dpaweb

Alma Küchen Aloys Meyer wollte nicht hinnehmen, dass sein Lebenswerk unterging. 1971 hatte er den Küchenhersteller Alma im westfälischen Ahaus gegründet, 1995 verkaufte er das kerngesunde Unternehmen. In den Folgejahren ging es bergab. Inhaber und Geschäftsführer wechselten, die Mitarbeiterzahl sank um die Hälfte, der Umsatz auf ein Fünftel. 2006 übernahm der Bocholter Insolvenzverwalter Heinrich Stellmach das Zepter, 2008 gelang ihm ein Coup: Firmengründer Meyer versprach, in eine Auffanggesellschaft, in der Alma weiterleben kann, bis zu zwei Millionen Euro zu stecken. „Mittelfristig“ hofft er nun, an die vergangenen Erfolge anzuknüpfen, und prophezeit: „Am Ende werden wir wieder eine Familie sein.“

Babcock Als das einstige Gründungsmitglied des deutschen Aktienindex Dax im Jahr 2002 Insolvenz anmeldete, schien die Lage aussichtslos: Der Anlagenbauer hatte 5,5 Milliarden Euro Schulden, über 22 000 Jobs waren gefährdet. Doch dem Krefelder Insolvenzverwalter Helmut Schmitz gelang es, das undurchschaubare Dickicht von 300 Tochterfirmen zu zerschlagen und einzeln zu verkaufen. Heute spricht Schmitz von einem „eindeutigen Erfolg“. Babcock Borsig Service gehört inzwischen zum Baukonzern Bilfinger Berger. Insgesamt blieben über 80 Prozent der Arbeitsplätze erhalten.

Garant Schuh + Mode Im Nachhinein wäre es für Garant besser gewesen, Lurchi zu ignorieren. Im April 2003 verkündete der größte europäische Schuh- und Lederwarenfachhändler, die Firma Salamander samt ihrer Kinderschuh-Marke mit der amphibischen Comicfigur zu übernehmen. Die Finanzierung sei gesichert, versicherte der Vorstand – ein Jahr später wurde klar: Er hatte sich verkalkuliert. Insolvenzverwalter Friedrich-Wilhelm Metzeler ging erfolgreich Klinken putzen: Die 4000 Fachhändler und 2000 Lieferanten hielten Garant die Treue, die Banken gewährten einen Kredit. Am Ende akzeptierten die Gläubiger Metzelers Sanierungsplan (im Fachjargon: Insolvenzplan) und erhielten Tausende von Arbeitsplätze.

Ihr Platz Vermutlich hat die Familie Frömbling aus Osnabrück den richtigen Zeitpunkt verpasst, die Drogeriekette loszuwerden. Die ehemaligen Seifenfabrikanten gründeten das Unternehmen bereits 1895, in den Neunzigerjahren waren sie Marktführer – doch dann häuften sich die Management-Missgriffe. Kurioser Höhepunkt: Wegen eines Softwarefehlers verkaufte die Kette ihre Produkte unter den Einstandspreisen – ein Jahr lang. Im Jahr 2000 erwarb die Firma 250 Drospa-Märkte von der Douglas Holding in Hagen. Das war der Anfang vom Ende. 2005 ordnete das Osnabrücker Amtsgericht eine Insolvenz in Eigenverwaltung an, also eine Sanierung durch das bisherige Management, aber unter Aufsicht des Düsseldorfer Insolvenzverwalters Horst Piepenburg. Dem gelang es nicht nur, die meisten Arbeitsplätze zu sichern und den Umsatz in den modernisierten Filialen um 20 Prozent zu steigern; er fand auch einen Käufer: Seit Ende 2007 gehören die Drogeriemärkte dem einstigen Rivalen Schlecker.

Promarkt 2003 kaufte der einstige Gründer Michael Wegert sein Unternehmen von einem englischen Investor zurück. Er musste Märkte schließen und Mitarbeiter entlassen: „Das war das Schlimmste, was ich in meinem Leben machen musste“, sagte Wegert einmal. Vielleicht ließ er deshalb nichts unversucht, um die Firma zu sanieren. Er verzichtete auf Gehalt, benannte die Geschäfte in Makromarkt um, schloss sich mit dem Wettbewerber Electronic Partner zusammen. Vergeblich – im Februar 2008 musste er Insolvenz anmelden. Doch schon einige Monate später kam der Berliner Insolvenzverwalter Rolf Rattunde mit einer guten Nachricht: Die Gläubiger stimmten seinem Sanierungsplan zu, 15 der 25 Filialen überlebten, 360 von 700 Mitarbeitern behielten ihre Stelle.

Senator Entertainment Im Jahr 2004 stand die Berliner Filmproduktionsfirma kurz vor dem Aus. Stolze 168 Millionen Euro Schulden hatte das Unternehmen damals. Wieder gelang dem Promarkt-Abwickler Rattunde die Sanierung. Er entließ das Unternehmen im April 2006 aus der Insolvenz über einen Börsengang und eine Kapitalerhöhung, also eine Kapitalspritze vieler Investoren – eine Premiere im deutschen Insolvenzrecht. Zwar baut Senator immer noch alte Verbindlichkeiten ab. Doch Erfolgsproduktionen wie „Palermo Shooting“ deuten darauf hin, dass das Unternehmen auf der richtigen Spur ist.

SinnLeffers Die Firma ging aus den beiden Einzelhändlern Sinn und Leffers hervor, die im 19. Jahrhundert ihre Pforten öffneten. 1997 fusionierten die beiden Ketten, 2001 wurden sie vom heutigen Arcandor-Konzern (früher KarstadtQuelle) übernommen, 2005 an einen Investor weitergereicht. Im November 2008 eröffnete das Amtsgericht Hagen das Insolvenzverfahren. Derzeit ist Insolvenzverwalter Piepenburg optimistisch, dass es in wenigen Wochen weitergeht. Vor Kurzem akzeptierte die Gläubigerversammlung den Insolvenzplan. 2500 Arbeitsplätze, knapp zwei Drittel, könnten erhalten bleiben.

Wienerwald „Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald.“ Mit diesem Slogan machte der österreichische Gastronom Friedrich Jahn sein 1955 gegründetes Schnellrestaurant in Stadt und Land bekannt. Daraus entstand die zeitweise größte europäische Fast-Food-Kette mit 700 Restaurants in Deutschland und Österreich und knapp 30 000 Mitarbeitern. Dann verhob sich Jahn mit dem Kauf einer US-Restaurantkette, 1983 meldete er Konkurs an. Danach wechselten immer wieder die Besitzer. Mitte 2007 kauften Jahns Töchter die deutschen Markenrechte nach der dritten Pleite der Hendl-Kette von dem Münchner Insolvenzverwalter Wolfgang Ott zurück. Geschäftsführer ist heute der 33-jährige Daniel Peitzner, Jahns Enkel. Zurzeit entwickelt er ein neues Konzept für die 48 noch verbliebenen deutschen Restaurants.

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