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Auftrag für Siemens-Züge Eurostar: Europas unterschätzter Wettbewerber

Der Auftrag von Eurostar an Siemens über den Bau von Hochgeschwindigkeitszügen verrät viel über den französisch-britischen Bahnbetreiber: Eurostar steigt zum ernsthaften Konkurrenten der etablierten Staatsbahnen auf.

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Schlappe für Alstrom: Der Quelle: dpa

Die Nachricht aus London überrascht die Branche. Siemens erhält den Zuschlag für den Bau von zehn Hochgeschwindigkeitszügen, die voraussichtlich ab 2014 durch den Kanaltunnel fahren sollen. Der mit dem ICE bauähnliche "Eurostar e320" soll Paris und London in Zukunft in etwas mehr als zwei Stunden verbinden. Bisher setzte das Eurostar-Konsortium, das aus der französischen Staatsbahn SNCF, der belgischen Staatsbahn SNCB und dem britischen Bahnbetreiber LCR  besteht, auf das französische Hochgeschwindigkeitspendant TGV von Alstom.Die Entscheidung für Siemens als bevorzugter Hersteller ist ein großer Erfolg für die Münchener, sowohl aus Prestige- als auch finanziellen Gründen. Siemens konnte den Erzfeind Alstom ausstechen. Der Auftrag beläuft sich auf ein Volumen von geschätzten 600 Millionen Euro. Ein Grund für den Zuschlag von Siemens: Die Züge der Münchener bieten mehr Komfort als der TGV von Alstom.

Genau das sucht Eurostar für seine künftige Strategie. Eurostar setzt neue Akzente im Hochgeschwindigkeitsverkehr zwischen Frankreich und Großbritannien, plant eine Qualitätsoffensive und will künftig noch mehr Fahrgäste vom Flugzeug in den Zug ziehen. Doch damit nicht genug. Das wirklich Spannende verbirgt sich hinter der Hauptmeldung, dass Eurostar künftig auf Siemens setzt. Nicolas Petrovic, Generaldirektor von Eurostar, sagt, dass Eurostar bereits seit 16 Jahren das Reisen zwischen London, Paris und Brüssel revolutionieren würde, "aber jetzt richten wir unseren Blick auf die Erweiterung unserer Geschäftstätigkeit auf ganz Europa." Eurostar setzt auf Angriff - gegen die etablierten Bahnen wie Deutsche Bahn und SNCF.

Pläne der Deutschen Bahn durchkreuzt

Zwar sind die Franzosen selbst Haupteigner von Eurostar, doch Eurostar hat sich inzwischen stark von SNCF emanzipiert. Im September wandelten die Hauptaktionäre das bisherige Joint Venture in ein eigenständiges Unternehmen um. Eurostar-Chef Petrovic hat dadurch zusätzlichen Spielraum gewonnen, den er konsequent ausnutzt. Ab 2011 will er die derzeitige Zugflotte generalüberholen und nimmt dafür 800 Millionen Euro in die Hand - inklusive des Kaufs der Siemens-Züge. Damit schafft er sich eine Basis für den Ausbau der Städteverbindungen von Eurostar innerhalb Europas. Die Siemens-Züge erreichen eine Geschwindigkeit von 320 Kilometer pro Stunde und können auf dem gesamten europäischen Hochgeschwindigkeitsschienennetz betrieben werden. Als Ziel verkündet Petrovic, das Unternehmen wolle "in Zukunft weiter wachsen". Er wolle künftig "einen direkten Service zwischen London und einer Vielzahl von innerstädtischen Zielorten in ganz Europa bieten". Damit greift er die großen Staatsbahnen frontal an, auch die Deutsche Bahn. Bahnchef Rüdiger Grube hat angekündigt, ab 2013 von Köln durch den Kanaltunnel nach London fahren zu wollen. Auch Eurostar könnte künftig die Strecke bedienen - mit gleichen Siemens-Zügen. Der Preiskampf ist eröffnet.

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