Auftragsfertiger Foxconn Das dunkle Imperium hinter iPhone, iPad und Co.

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Foxconn-Mitarbeiter Quelle: AP

Hauptgrund für den Erfolg: Foxconn macht so ziemlich alles selbst. Das Unternehmen kauft nur wenige Komponenten zu. So werden 70 Prozent der Teile eines Handys vom Typ Nokia 1209 in konzerneigenen Fabriken hergestellt.

Mehr als 50.000 Werkzeugmacher beschäftigt Foxconn, dazu 2000 Designer für Spritzgussteile. Das ermöglicht dem Hersteller eine flexiblere Produktion, als die Konkurrenz sie bieten kann. Das ist vor allem im Handygeschäft wichtig, wo die Anbieter permanent neue Modelle auf den Markt werfen. Zudem versorgt Foxconn auch einige seiner Konkurrenten mit Computerkomponenten – ein extrem margenträchtiges Geschäft.

Angesichts der immer höheren Kompetenz der Auftragsfertiger wächst die Sorge, wer künftig technologisch das Heft in der Hand hält. Schon jetzt beobachtet der frühere Intel-Chef Andy Grove, dass in den USA beim Bau von Computern und Unterhaltungselektronik nicht mehr das Know-how vorhanden ist, das Unternehmen normalerweise bei der Fertigung ihrer Produkte erwerben. Grove sorgt sich, dass künftig auch die Entwicklung nach Asien wandern könnte, zumal die Produktion der Geräte wegen des Trends zur Miniaturisierung immer komplexer wird.

In den USA regt sich Kritik

Auch wächst die Kritik am zunehmenden Jobschwund in den Vereinigten Staaten. So beschäftigt Apple als derzeit wertvollste High-Tech-Firma in den USA nur 38.000 Mitarbeiter, davon sind mehr als die Hälfte mäßig bezahlte Verkäufer in den Apple-Läden. Daher fordert zum Beispiel der durch seine TV-Show populäre Immobilientycoon Donald Trump, die Verlagerung von Produktionsjobs ins Ausland mit einer Sondersteuer zu belegen.  Nach Ansicht von Branchenexperten ist der Trend aus Kostengründen aber nicht mehr rückgängig zu machen. Und um den Riesen Foxconn kommen die IT-Anbieter nicht mehr herum. Konzernen wie Apple oder HP bleibt noch die Chance, Foxconn gegen Konkurrenten wie Quanta oder Compal auszuspielen. Kleinere Unternehmen müssen heutzutage dankbar sein, wenn sie überhaupt Kapazitäten bei den Auftragsfertigern nutzen können.

Dennoch werden Gou und seine Mannschaft etwas tun müssen, um langfristig vorn zu bleiben. Die Diskussion um die Selbstmordserie kratzt am Image des Apple-Lieferanten. Gou selbst räumt ein, die ersten drei Todessprünge habe er nicht als wirkliches Problem gesehen. "Nach dem fünften Selbstmord beschloss ich, etwas zu verändern."

Probleme noch lange nicht gelöst

Der Chef flog aus der Zentrale in Taiwan nach Shenzhen ein, stellte sich ein Bett ins Büro und blieb für drei Monate. Zunächst ließ er an allen Gebäuden die Sicherheitsnetze anbringen. Dann richtete Gou eine 24-Stunden-Hotline mit 100 Psychologen ein. Zwar vergaloppierte sich Foxconn in der Hektik der ersten Tage auch. So sollten die Arbeiter eine Erklärung unterschreiben, in der sie versichern, keinen Selbstmord zu verüben. Nach heftiger Kritik zog der Arbeitgeber das Schreiben zurück.

Im Juni dann erhöhte das Unternehmen die Fabriklöhne in Shenzhen auf umgerechnet 176 Dollar im Monat, 30 Prozent mehr. Im Oktober gab es einen Nachschlag: Die meisten Arbeiter dort verdienen jetzt umgerechnet 230 Dollar.

Gelöst sind die Probleme damit aber längst nicht. In einem einfachen Büro am Stadtrand von Shenzhen sitzt Zhu Wei* (*Name von der Redaktion geändert), der zusammen mit drei weiteren Chinesen für China Labor Watch (CLW) regelmäßig die Bedingungen in chinesischen Fabriken überprüft.

So hat Zhu im August für zwei Wochen inkognito bei Foxconn gearbeitet und am Fließband HP-Drucker zusammengebaut. Zhu klappt sein Laptop auf, er hat heimlich mit dem Handy in der Fabrik fotografiert. Man sieht eine saubere Halle, Klimaanlagen an den Decken und Arbeiter mit weißen Kitteln und Hauben. "Die Fabrik ist sicher besser als andere in China", sagt Zhu. Missstände gebe es trotzdem.

So verkürzten die Schichtleiter seit der Lohnerhöhung im Juni die beiden zehnminütigen Pausen pro Schicht. "Die Klingel läutet", erzählt Zhu, "aber die Vorarbeiter zwingen die Leute, noch zwei, drei Minuten weiterzuarbeiten." Werde das Tagesziel von 300 Druckern pro Fließband nicht erreicht, müssten die Arbeiter außerdem ohne Extra-Bezahlung nachsitzen, berichtet der CLW-Aktivist.

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