Ausländische Energiekonzerne drängen in den deutschen Markt

Der deutsche Energiemarkt lockt wieder ausländische Konzerne an: Mit der Hoffnung auf einen neuen Wettbewerbsschub durch die Regulierungsbehörde kündigen europäische Player wie die niederländische Essent und die norwegische Statkraft umfangreiche Investitionen an.

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ESSEN. „Wir werden jetzt auch in den deutschen Gasmarkt einsteigen“, sagte Paul van Son, Geschäftsführer der Deutschen Essent GmbH, auf der Fachmesse „E- World Energy & Water“ in Essen. „Wir setzen darauf, dass sich der Regulierer durchsetzt und den Markt öffnet.“ Bislang ist Essent, der größte Versorger der Niederlande, in Deutschland vor allem im Stromvertrieb aktiv. Das Unternehmen wolle noch in diesem Monat Gaskunden – vor allem Kommunalversorger – im nordwestdeutschen Raum anwerben, sagte van Son. Mittelfristig wolle Essent in Deutschland Gasspeicher aufbauen, Kraftwerke kaufen und sich an weiteren Stadtwerken beteiligen. Das Ziel: Es soll ein integrierter Anbieter entstehen, der alle Stufen von der Erzeugung, über den Handel bis zum Vertrieb von Strom und Gas abdeckt – mit Schwerpunkt zunächst im Nordwesten, angrenzend an den Heimatmarkt. „Wir glauben, dass der Markt offener wird, das wird unserer Investitionspolitik helfen“, sagte auch Torsten Amelung, Geschäftsführer der Statkraft Markets GmbH. „Unser Ziel ist es, Assets zu bekommen.“ Die für Kontinentaleuropa zuständige Tochter des größten norwegischen Stromkonzerns plant nach Amelungs Worten unter anderem den Kauf von Gasspeichern und Kraftwerkskapazitäten, um das Kerngeschäft – den Handel mit Strom und Gas – abzusichern. Statkraft sondiere bereits zahlreiche Projekte für den Bau von Gaskraftwerken. Dass es Statkraft ernst meint, hat der Konzern im vergangenen Jahr bewiesen, als er sich am Bieterwettstreit um den Regionalversorger EWE und die Verbundnetz Gas AG beteiligte – wenn auch erfolglos. „Das war aber nicht die letzte Chance, die sich uns bieten wird“, sagt Amelung überzeugt.

„Die Ausländer stehen Gewehr bei Fuß und beobachten die Diskussion um den Regulierer genau“, bestätigt der Essener Energieprofessor Dieter Schmitt. „Ich bin sicher dass sie antreten werden.“ Die neue Behörde wird ihre Arbeit im Sommer aufnehmen. Sie soll den Energiemarkt überwachen und den schleppenden Wettbewerb in Schwung bringen. Bereits zu Beginn der Liberalisierung 1998 hatten viele ausländische Konzerne auf einen Eintritt in Europas größten Energiemarkt gehofft, die meisten scheiterten aber an der Marktmacht von Eon und RWE. Vor allem die US-Konzerne – wie Mirant und TXU – mussten sich wieder zurück ziehen. Lediglich der Electricité de France (EdF) mit ihrer Beteiligung an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) und Vattenfall gelang es, sich einen nennenswerten Anteil zu sichern. Vor allem auf dem Gasmarkt rechnen Experten jetzt mit einem neuen Wettbewerb. Gaz de France hat sich bereits im vergangenen Jahr positioniert, auch die Ölkonzerne BP und Shell werden ihr Engagement wohl verstärken, und der britische Gasriese Centrica hat sein Interesse signalisiert. „Wir glauben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, weil die Dinge in Bewegung kommen“, sagte Essent-Manager van Son. „Wir wissen aber, dass es schwierig wird.“ Der Regulierer müsse dafür sorgen, dass die etablierten Konzerne ihren Vertrieb nicht mit Einnahmen aus dem Netzgeschäft subventionieren. Außer der Regulierungsbehörde kommt den Ausländern noch eine weitere Entwicklung zu Gute: Weil das Kartellamt inzwischen fast jeden Zukauf von Eon und RWE unterbindet, sind die Preise für lukrative Stadtwerke deutlich gesunken. Essent beispielsweise bietet derzeit für die Mehrheit an den Stadtwerken Kiel. Für den 51-%-Anteil, um den sich sonst nur noch die Mannheimer MVV Energie und zwei Finanzinvestoren bewerben, ist ein Kaufpreis von 100 Mill. Euro im Gespräch – das wäre gerade mal halb so viel wie die inzwischen insolvente TXU Europe noch vor drei Jahren bezahlt hatte.

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