
Wissen Sie, welcher deutsche Dax-Konzern vor drei Monaten 75 Jahre alt wurde? Ein Tipp: Es ist ein Autohersteller. Einer, der wie kaum ein anderes Unternehmen für dieses Land steht. Noch keine Idee? Es sei Ihnen verziehen, denn nicht nur Ihnen ist das große Jubiläum offenbar entgangen. Auch das betroffene Unternehmen selbst – Volkswagen – sah großzügig darüber hinweg.
Am 28. Mai 1937 wurde VW mit dem Ziel gegründet, Nazi-Deutschland mit einem günstigen KdF(Kraft durch Freude)-Wagen zu beglücken. Aus diesem Lieblingsprojekt von Adolf Hitler wurde nach dem Krieg der VW Käfer und der Grundstein für den sagenhaften Aufstieg des Unternehmens in die höchsten Höhen der globalen Autoindustrie.
75 Jahre nach der Gründung feiert Volkswagen Jubiläen wie am Fließband: 40 Millionen Autos aus Wolfsburg, 50 Millionen Motoren aus Salzgitter, vier Millionen Autos aus Zwickau. Das runde Firmenjubiläum dagegen ist den VW-lern nicht eine einzige Pressemitteilung wert. Schon gar nicht irgendwelche Feierlichkeiten. Und so gehörte Spiegel Online, das am 28. Mai an die Gründung erinnerte, zu den wenigen deutschen Medien, die das Jubiläum überhaupt bemerkten.
Sind Volkswagen die bräunlichen Wurzeln und die rund 20000 NS-Zwangsarbeiter peinlich, die zu Beginn der Firmengeschichte in VW-Werken litten? Spiegel Online spekuliert: „Bei Jubiläen ist VW normalerweise nicht zimperlich. Sogar 35 Jahre Golf GTI wurden im vergangenen Jahr gefeiert, unter anderem mit einem Sondermodell für 30.425 Euro. Das ist diesmal nicht vorgesehen, obwohl der Anlass ungleich bedeutsamer ist. Vor 75 Jahren nämlich, exakt am 28. Mai 1937, wurde die GeZuVor gegründet, "Die Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH". Deren einziger Zweck: Den KdF-Wagen zu bauen. Es war die Geburtsstunde des VW-Konzerns, der seinen 75. aber nicht feiern mag. Vor allem wohl deshalb nicht, um einen Rückblick auf die Anfänge zu vermeiden, die eng mit dem NS-Unrechtsstaat verbunden sind.“
Mit dem ausgefallenen Jubiläum steht VW in diesem Jahr nicht allein. Auch Opel hätte 2012 allen Grund, ein großes Aufheben um sich zu machen, tut es aber nicht. Der Autobauer wird am Donnerstag exakt doppelt so alt wie Volkwagen: 150 Jahre. Dass der Rüsselsheimer Jubilar dennoch nicht jubelt, liegt nicht an einem düsteren Kapitel in der Vergangenheit, sondern an dunklen Wolken im Hier und Jetzt.