September 2015: Die IAA-Besucher strömen noch durch die Messehallen in der Ludwig-Erhard-Anlage in Frankfurt, da braut sich fernab in den USA der größte Skandale der Branche zusammen: Dieselgate.
Die Fakten zur 67. Internationalen Automobilausstellung
Auf dem Messegelände an der Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt am Main.
Am 12. und 13. September ist die Messe nur für Medienvertreter geöffnet. Am 14. September wird die Messe offiziell von Kanzlerin Merkel eröffnet, allerdings auch dann nur für Fachbesucher. Vom 16. bis zum 24. September darf dann auch das breite Publikum gegen Eintritt die Messe besuchen.
2017 sind rund 1000 Aussteller auf einer wegen Bauarbeiten geschrumpften Fläche von etwa 200.000 Quadratmetern dabei. Mehr als 50 Automarken sind vertreten, wenn auch einige Hersteller auf einen teuren Messe-Auftritt verzichten.
Neben den Premieren wichtiger Modelle und Showcars zeigen die Hersteller auch ein Best-Of ihrer aktuellen Produkte. Wichtige Themen sind zudem die Digitalisierung und Vernetzung der Fahrzeuge sowie alternative Antriebe und fortschrittliche Verbrenner.
Fachbesucher: 45 Euro (47 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket Wochenende: 14 Euro (16 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket Werktag: 12 Euro (14 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket Schüler/Studenten: 7,50 Euro (7,50 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket ermäßigt: 7,50 Euro an den Kassen vor Ort
Auf der Messe selbst ließ sich Volkswagen um den damaligen Chef Martin Winterkorn vor zwei Jahren nichts anmerken. Schließlich sollte das Unternehmen nach dem Machtkampf mit Ferdinand Piëch in ruhigeres Fahrwasser manövriert werden. Nichts kam da gelegener als die Leistungsschau in Frankfurt und die dortige Premiere des neuen Tiguan, ein Bestseller der Marke VW. Dabei war im Hintergrund klar, dass VW Abgaswerte manipuliert und die Vorgänge vertuscht hatte. Kurz darauf platzte die Bombe.
Seit der 66. IAA und dem Abgasskandal ist die Autobranche im Umbruch. Abgas-Tricksereien, mögliche Fahrverbote für Diesel und die Zukunft der E-Mobilität bestimmen die Diskussionen. Was Sie zur IAA 2017 über den Diesel, Elektroautos und die Messe selbst wissen müssen.
Wird der Diesel das beherrschende Thema der Messe sein?
Jein. Bei ihren Präsentationen werden Volkswagen, Daimler und Co natürlich die für sie angenehmeren Themen in den Vordergrund rücken – und sich höchstens in einem Nebensatz mit Stickoxiden und Flottenverbräuchen beschäftigen. Im Zentrum der Shows werden Fahrzeuge wie der Smart Vision EQ Fortwo und das Mercedes-Maybach Vision 6 Cabriolet bei Daimler, der gerade überarbeitete i3 und die Studie eines Elektro-Mini bei BMW oder bei VW die weiterentwickelte Version der Elektro-Studie ID Crozz stehen.
Elektroautos, die vernetzt sind, autonom fahren und sich mit anderen Nutzern teilen lassen, sind ganz nach dem Geschmack von Dieter Zetsche, Matthias Müller und ihren Marketing-Strategen. BMW-Chef Harald Krüger will noch mit einem neuen Modell überraschen, dass er als „die Vision eines rein elektrischen Viertürers, angesiedelt zwischen dem i3 und dem i8“ bezeichnete. Details, wann das Auto auf den Markt kommen soll und mit welcher Reichweite, wurden im Vorfeld der Messe aber noch nicht genannt.
Verbrenner, Elektro, Brennstoffzelle: Antriebstechniken im Vergleich
Der vor allem in Deutschland populär gewordene Antrieb, 1892 von Rudolf Diesel zum Patent angemeldet, gilt als Jahrhundert-Erfindung. Er schuf eine Grundlage für den modernen Auto-, Schiffs- und Schienenverkehr.
Der Diesel heißt auch Selbstzünder, weil sich der unter hohem Druck in den Zylinder eingespritzte Kraftstoff von allein entflammt. Viele solcher Motoren sind daher im Vergleich zu Benzinern mit ähnlicher Leistung effizienter. Und ihr Verbrauch ist tendenziell geringer. Deshalb stoßen Diesel oft geringere Mengen des Klimagases Kohlendioxid (CO2) aus.
Dafür sind die Emissionen von Luftschadstoffen wie Stickoxiden (NOx) höher - ein Problem, das die Industrie durch moderne Katalysatoren-Technik eindämmen will. So verringert etwa die Beimischung des harnstoffhaltigen AdBlue den NOx-Anteil, es entstehen harmloser Stickstoff und Wasser.
Dies ist der klassische Benziner, der seinen Namen dem Co-Erfinder Nicolaus August Otto verdankt. Im Gegensatz zum Diesel benötigt er gesonderte Zündkerzen, durch die das zerstäubte Treibstoffgemisch zur Explosion gebracht wird.
Bei vergleichbarer Stärke haben insbesondere ältere Benziner einen geringeren Wirkungsgrad als der selbstzündende Diesel – also ein ungünstigeres Verhältnis zwischen am Ende nutzbarer und zuvor eingesetzter Energie. Moderne Varianten sind aber deutlich effizienter. Der Trend zum „downsizing“ brachte kleinere Hubräume in den Zylindern bei zugleich höherer Leistung.
Die (Super-)Kraftstoffe sind wie beim Diesel Gemische aus mehreren Kohlenwasserstoffen, die aus Erdöl durch Verarbeitung gewonnen werden. Ihre Zusammensetzung ist jedoch anders. Benziner-Typen, in denen die Verbrennung nicht so effizient läuft, haben tendenziell einen höheren CO2-Ausstoß.
Das Funktionsprinzip ist dasjenige der übrigen Verbrennungsmotoren, nur dass hier Luft und Erdgas – anstelle von Luft und flüssigem Sprit – im Zylinder gezündet werden. Die Gase reagieren dabei oft „sauberer“ und effizienter, so dass viele Gasmotoren eine gute Umweltbilanz aufweisen.
Einige Fahrzeuge laufen auch mit Autogas (LPG), manche können wahlweise mit Gas oder mit herkömmlichem Sprit fahren.
Er braucht keine flüssigen oder gasförmigen Treibstoffe, sondern erzeugt seine Antriebskraft aus einer mitgeführten Batterie. Die muss regelmäßig neu aufgeladen werden. Elektrische Energie wird hier also direkt in Bewegungsenergie umgewandelt.
Das Problem: Günstigere Batterien bringen heute noch keine großen Reichweiten. Und generell sind E-Autos bisher relativ teuer. Manche Hersteller wollen nun auch Modelle unterhalb der Oberklasse anbieten, die schon einige hundert Kilometer schaffen. Während es in Großstädten dichte Ladenetze gibt, ist die Abdeckung auf dem Land noch dünn.
Beim Elektromotor entstehen keine Emissionen, weil er keine Treibstoffe verbrennt. In der Ökobilanz ist aber zu beachten, dass auch die Art der Erzeugung des eingespeisten Stroms (erneuerbare oder fossile Quellen) sowie die Rohstoffe für Batterie und Motor (etwa Seltene Erden) berücksichtigt werden müssen.
Er kombiniert einen E-Antrieb, der meist im unteren Leistungsbereich läuft, mit einem Verbrenner, der sich zuschaltet.
Es gibt auch hier mehrere Formen. Manche Hybride gewinnen den Strom für den Elektromotor während des Fahrens – etwa durch die Nutzung der Energie, die beim Bremsen entsteht (Rekuperation). Beim Plug-in-Hybrid wird die Batterie wie bei einem reinen E-Fahrzeug per Stecker aufgeladen.
Er ist eine besonders einfache und zugleich umweltfreundliche Antriebsart. Grundprinzip ist meist die Verbrennung von Wasserstoff (H) mit Sauerstoff (O) zu Wasser – also das, was der Chemielehrer „Knallgas-Reaktion“ nennt. Im Brennstoffzellen-Auto läuft dies aber kontrolliert ab. Die erzeugte Energie treibt einen Elektromotor an.
Der Vorteil: Außer Wasserdampf, der ein natürliches Treibhausgas ist, kommt nichts aus dem Auspuff.
Nachteile: Die Technik ist bisher recht teuer. Und wie beim E-Auto muss man sich die gesamte Energiebilanz ansehen. Reinen Wasserstoff gibt es auf der Erde wenig, man muss ihn erst – oft durch starke Energiezufuhr von außen – aus Verbindungen lösen. Dabei kann dann CO2 entstehen. Es gibt jedoch auch Brennstoffzellen-Fahrzeuge, die mit dem einfachen Alkohol Methanol fahren. Ein Problem ist das noch dünne Tankstellen-Netz.
Doch es wird auch andere Stimmen geben. Warum die deutschen Autobauer immer noch Elektro-Showcars präsentieren, während Tesla das Model 3 bringt und Nissan bereits die zweite Generation des Leaf, von dem die Japaner über 300.000 Exemplare verkauft haben?
Dazu kommt, dass andere Autobauer die Probleme der deutschen Konzerne ausnutzen und sich profilieren. „Die Importeure werden auf der Messe die aktuelle Lage in Deutschland nutzen“, sagt Norbert Dressler, Partner und Automotive-Experte bei Roland Berger. „Sie werden zeigen, in welchen Punkten sie weiter sind, etwa beim Hybrid.“
Die wichtigsten Premieren der IAA
Mit dem elektrischen Maybach Vision 6 Cabrio und einem 3 Millionen Euro teuren AMG-Sportwagen auf Formel-1-Basis sprengt Mercedes-Benz die üblichen Dimensionen. Auf höhere Stückzahlen dürfte die neue X-Klasse kommen, mit der Daimler in die Pick-up-Sparte startet. Mit dem Concept EQ zeigen die Schwaben ihre Elektro-Kompetenz. Technisch interessant ist auch der GLC F-Cell, der weite Strecken mit der Brennstoffzelle zurücklegt und über eine Batterie mit Strom geladen werden kann, wenn keine Wasserstoff-Tankstelle in der Nähe ist.
Bei Volkswagen ist der neue Polo die wichtigste Innovation. Der einstige Kleinwagen ist längst auf Golf-Niveau gewachsen und soll 2018 auch als SUV kommen. Aus dieser überaus beliebten Fahrzeugklasse stammen auch der etwas größere T-Roc und der „City-SUV“ Arona der Konzerntochter Seat. Deren Schwester Skoda hat mit dem Karoq ebenfalls einen neuen Hochbeiner im Programm. Die VW-Nobelmarke Audi stellt mit dem A8 ihr neues Flaggschiff vor, das bis 60 km/h vollständig autonom unterwegs sein soll. Der Elektro-Bulli I.D.Buzz gibt einen Ausblick in die elektrische Zukunft von Volkswagen.
Porsche lässt einstweilen die Finger von Stickoxid-verdächtigen Diesel-Motoren und präsentiert den dritten Cayenne-SUV vorerst ausschließlich mit zwei markentypischen Benzin-Sechszylinder-Motoren mit 340 beziehungsweise 440 PS.
Der zum französischen PSA-Konzern gewechselte Hersteller Opel kann bereits die zweite Kooperation mit den Franzosen vorzeigen. Nach dem Crossland kommt auf Basis des erfolgreichen Peugeot 3008 der Grandland als mittelgroßes SUV angefahren.
Auch BMW will weiter gut am SUV-Boom verdienen und stellt mit X3 und X2 gleich zwei neue Modelle in die Schauräume. Das etablierte Elektro-Mobil i3 wird um ein sportliches Modell i3s erweitert.
Noch ziemlich weit von der Serie entfernt sind autonome Fahrzeuge, die bei der IAA auf einem Extragelände unterwegs sind. Auf dem Parcours vor der Halle 3 sind unter anderem VW, Audi, Daimler sowie die Zulieferer Continental, ZF und Bosch aktiv.
Volvo hat unlängst angekündigt, den Verbrenner nach und nach auslaufen zu lassen und bald in jedem Auto einen Elektromotor zu verbauen – auch wenn am Anfang noch ein Benziner oder Diesel mit an Bord ist. Im Vorfeld der IAA legte Jaguar Land Rover mit einem ähnlichen Versprechen nach. Die beiden Hersteller haben natürlich den Vorteil, dass sie deutlich weniger Autos verkaufen als Mercedes oder BMW und damit eine nicht so breite Kundschaft ansprechen müssen.
Spätestens wenn die Tore der Messehallen am 16. September für das Publikum geöffnet werden, rücken aber auch wieder jene Modelle in den Vordergrund, mit denen die Autobauer heute ihr Geld verdienen. SUV, Limousinen, Kombis und Sportwagen – bis auf die letztgenannten oft mit Dieselmotor.