95.200 Elektroautos So konnte Elon Musk sein Versprechen halten

Im zweiten Quartal hat Tesla einen Lieferrekord aufgestellt: 95.200 Elektroautos lieferte der E-Autobauer in den Monaten April, Mai und Juni aus. Quelle: imago images

Viel war in der Vorwoche gemunkelt worden, Tesla-Chef Elon Musk könnte seine Ankündigung eines neuen Auslieferungsrekords nicht halten. Doch es gelang ihm. Zur 100.000er-Marke fehlten Tesla nur 4800 Fahrzeuge. Ein großer Sprung.

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Der Appell von Elon Musk hat gefruchtet. Der Tesla-Chef hatte im Juni nochmal alle Mitarbeiter angespornt, beim Ausliefern von Teslas zu helfen. Auch die in der Verwaltung, Design und Entwicklung. Erst wenn die Käufer ihre Fahrzeuge persönlich in Empfang genommen haben, zählt es als offizielle Auslieferung. Am vergangenen Wochenende wurde deshalb bis in die Nachstunden rotiert.

Denn die Wall-Street-Analysten beäugen die Zahl der Auslieferungen besonders kritisch, um davon auf den Geschäftsverlauf zu schließen. In den vergangenen Monaten gab die Tesla-Aktie vor allem deshalb nach, weil wegen logistischer Probleme im ersten Quartal weit weniger Fahrzeuge als erwartet ausgeliefert worden waren. Da zudem die Versionen für den europäischen und chinesischen Markt die Produktion für US-Modelle im Stammwerk blockierte, mussten Kunden im heimischen Markt auf ihre Fahrzeuge warten.

Seit Jahresbeginn hat Tesla etwa 15 Milliarden Dollar an Börsenwert eingebüßt und lag am Dienstag vor Bekanntgabe der Zahlen bei 40 Milliarden Dollar.

Im zweiten Quartal hat Tesla nun einen Lieferrekord aufgestellt. Die 100.000er-Marke konnte Musk zwar nicht durchbrechen, doch stattliche 95.200 Elektroautos hat das Unternehmen in den Monaten April, Mai und Juni ausgeliefert. Das Gros davon mit dem Model 3 mit 77.550 Fahrzeugen, aber auch 17.650 Stück von den margenträchtigeren und teureren Model S und Model X. Ein beträchtlicher Sprung: Im ersten Vierteljahr waren es 50.900 Model 3 und 12.100 Model S und Model X gewesen. Analysten hatten im zweiten Quartal mit 4000 weniger Fahrzeugen gerechnet.

Allerdings half beim Rekord ein Überhang von Fahrzeugen, die sich im ersten Quartal im Transit zum Kunden befanden und deshalb nicht gezählt werden konnten. Trotzdem ist der Zuwachs beachtlich. Zugleich fertigte das Unternehmen im zweiten Quartal 87.048 Teslas, also 7000 Fahrzeuge pro Woche – etwa 1000 pro Tag. Martin Eberhard, der einst mit Marc Tarpenning Tesla startete, zog allerdings einen ernüchternden Vergleich via Twitter: Die Produktionszahl liege kaum über der des vierten Quartals 2018. Damals wurden 86.555 Fahrzeuge gefertigt.

Der neue Lieferrekord übertrifft allerdings den bisherigen Spitzenwert vom vierten Quartal 2018 deutlich. Damals waren es 90.700 Fahrzeuge gewesen. Jedoch wurde der Absatz damals durch das Auslaufen von Steuervergünstigungen im Kernmarkt USA befeuert. Bis Ende Dezember gab es noch den vollen Steuerrabatt von 7500 Dollar. Seit Januar hat er sich für Tesla-Fahrzeuge halbiert und ist am 1. Juli nochmal auf 1875 Dollar geschrumpft.

Für die Wall Street zählen vergangene Erfolge nicht. Sie spekuliert auf die Zukunft. Dass die Tesla-Aktie im nachbörslichen Handel bis zu sieben Prozent zulegte, liegt auch daran, dass in der vergangenen Woche noch 7400 Fahrzeuge zu Kunden unterwegs waren. Das gibt ein gutes Polster für das gerade angelaufene dritte Quartal, in dem Firmenchef Musk einen Gewinn erzielen will.

Doch Tesla plagen weiter Logistikprobleme in Europa, wo Fahrzeugpapiere fehlen oder Autos irrtümlich zum falschen Ort gefahren werden. In den kommenden Quartalen will Tesla die Zahl der in Transit befindlichen Fahrzeuge nicht mehr bekanntgeben, weil sie angeblich nicht mehr relevant sei. Investoren dürften das anders sehen.

Neue Herausforderungen für Tesla

Die Vorlage der Quartalszahlen wird für Ende Juli erwartet. Mark Spiegel von Stanphyl Capital, ein bekannter Tesla-Shortseller, erwartet einen beträchtlichen Verlust, den auch die zusätzlich verkauften Fahrzeuge nicht ausgleichen könnten. Ihm fiel auf, dass im Gegensatz zum ersten Vierteljahr diesmal in der Pressemitteilung die Jahresprognose von 360.000 bis 400.000 ausgelieferten Fahrzeugen fehlte.

Nun stehen für Elon Musks Autobauer die nächsten Hürden an: Noch immer sind Elektroautos für Normalverbraucher zu teuer im Vergleich zu Verbrennern, zumindest in der Anschaffung. Am Neujahrstag 2020 fällt in den USA die Steuervergünstigung für Tesla-Fahrzeuge – ausgenommen die Zuschüsse der Bundesstaaten, in Kalifornien beispielsweise bis zu 2500 Dollar – ganz weg. Bislang ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, den Herausforderer wie Volkswagen oder Jaguar nicht haben.

Musk will mit internationalen Verkäufen gegensteuern. Für den Herbst ist die Inbetriebnahme der neuen Fabrik in Shanghai geplant, die das Werk in Fremont entlasten soll und dort Platz für die Fertigung des neuen Hoffnungsträgers Model Y schaffen, die fürs nächste Jahr geplant ist. In Europa steht der Bau der nächsten Fabrik an, für die auch Deutschland noch als Standort im Rennen ist. Außerdem droht eine aufziehende Weltwirtschaftskrise. Doch die hängt über allen Unternehmen. Zwar hat Tesla an Wert eingebüßt. Doch am Mittwoch wird das Unternehmen voraussichtlich Ford beim Börsenwert wieder überholen.

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