Fiat hat wichtige Entwicklungen für eine erfolgreiche Zukunft angestoßen. Dem Konzern fehlt zum Beispiel noch eine ausgefeilte Modulbauweise, wie sie Volkswagen derzeit perfektioniert. Stefan Bratzel: "Marchionne braucht gute Ingenieure und gute Prozesse. Bis Fiat soweit ist, wird es aber noch Jahre dauern." Marchionne weiß, dass Fiat die Schlagkraft fehlt, um gegen Riesen wie Toyota, VW oder GM anzukommen. In China - dem Wachstumsmarkt der Branchen - tut sich der Konzern noch extrem schwer. Die Hoffnung liegt auf der chinesischen Guangzhou Automobile Group. Gerade hat Fiat die Zusammenarbeit mit dem Partner ausgeweitet und will künftig gemeinsam Jeeps in China bauen. Bisher läuft die Mittelklasselimousine Fiat Viaggio in einer gemeinsamen Fabrik vom Band - mit einem Volumen von 140.000 Stück ist die Produktion noch sehr überschaubar.
Weitere zarte Banden hat Marchionne mit dem japanischen Autobauer Mazda geknüpft. Der neue Alfa Spider, der 2015 erwartet wird, wird gemeinsam mit dem dann weitgehend baugleichen Schwestermodell Mazda MX-5 im Werk Hiroshima vom Band laufen. Optisch sollen sich die Modelle aber klar unterscheiden und auch unterschiedliche Motoren bekommen. Alfa Romeo-Fans fürchteten eine Verwässerung der Kult-Marke.
Nichts fürs Massengeschäft
Autoexperte Bratzel sieht in der Kooperation ein "Zugeständnis an die Realitäten". Marchionne sei klar, dass man Fahrzeuge nur bauen kann, wenn man die entsprechende Stückzahlen generiert. "Das muss nicht mit der Verletzung der Markenpersönlichkeit einher gehen." Der Marke Alfa Romeo führte unter Fiat lange ein Schattendasein, obwohl sie gemeinhin als hochemotional und interessant gilt. VW-Patriarch Ferdinand Piech hat ein Auge darauf geworfen, blitzt bei Marchionne aber regelmäßig ab. Wenn Fiat in den kommenden Monaten mit einem Modell punkten kann, dann zweifellos mit dem neuen Alfa Romeo 4 C. Im Massengeschäft wird der sportliche Flitzer aber ebenso wenig taugen, wie die Nobelmarken Maserati und Ferrari, die ebenfalls unter dem Fiat-Dach leben.
Fiat muss also darauf hoffen, dass seine Fiat L-Modelle auf dem europäischen Markt einschlagen wie eine Bombe und sein zweifelsohne erfolgreicher Fiat 500 in den USA weiter zulegt. In den USA haben die Italiener im vergangenen Jahr 44.000 Stück des Modells verkauft - mehr als BMW vom vergleichbaren Mini oder Mercedes von Smart absetzen konnte. Marchionne will mit Fiat ausharren, bis die Krise vorbei ist.
Bis dahin will er weiter mit der italienischen Regierung verhandeln, mit Gewerkschaften sprechen und versuchen, die Arbeitsplätze in den italienischen Werken zu erhalten. Erst für 2016 geht er davon aus, den Break-Even-Point in Europa zu erreichen.