Arbeiten, kochen, schlafen, reisen Jetzt kommen die elektrischen Büro-Wohnmobile

Auf der Basis des elektrischen Vans Zafira-e Life von Opel haben die Reisemobilbauer den Crosscamp Flex entwickelt. Quelle: Opel

Elektroautos boomen. Solaranlagen sind ein Mega-Trend. Statt im Homeoffice arbeitet man heute im Mobile Office. Kein Scherz: Bald gibt es das alles unter einem Dach.

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Angenommen, ein Team von Marktforschern dürfte ein Fahrzeug auf den Markt bringen, mit allem drin und dran, was gerade so trendet. Dabei könnte so etwas herauskommen: Ein Familien-Van, der geräumig ist, aber kompakt genug, um auf normale Parkplätze zu passen. Der vier Schlafplätze bietet und nach dem Aufstehen ein Küche mit Schränken, Spüle und Gaskocher für die Frühstückszubereitung. Der außerdem rein elektrisch unterwegs ist, in einer Dreiviertelstunde zu 80 Prozent geladen werden kann und bei gemütlichem Reisetempo gut 250 Kilometer weit kommt. Und den reiselustige Homeoffice-Arbeiter dank Zusatzbatterie, USB-Steckdosen, Licht und Schreibtisch als mobiles Büro nutzen können.

Diese Marktforscher gibt es – und das Auto auch: Bei Crosscamp, einer Marke des Wohnmobil-Herstellers Hymer. Auf der Basis des elektrischen Vans Zafira-e Life von Opel haben die Reisemobilbauer aus dem Allgäu den Crosscamp Flex entwickelt: elektrisch, kompakt und vor allem für eine junge Zielgruppe gedacht. „Urban Camper“ nennt sich das – ein Gegenentwurf zum Riesen-Wohnmobil für rüstige Rentner, die mit ihrem rollenden Haus in Südeuropa überwintern. 

Hymer setzt sich damit auf einen Mega-Trend: In Corona-Zeiten explodierten nicht nur die Verkäufe herkömmlicher Wohnmobile und Wohnwagen. Auch bei den Anbietern von umgebauten, kompakten Transportern und Vans und bei Anbietern von Umrüst-Kits klingelten die Kassen.  

Für reiselustige Homeoffice-Arbeiter haben neue Wohnmobilmodelle eine Zusatzbatterie, USB-Steckdosen, Licht und Schreibtisch, um das Fahrzeug ideal als mobiles Büro nutzen zu können. Quelle: Opel

Während es von den großen, klassischen Wohnmobilen noch kaum welche mit Elektroantrieb gibt, weil sich das hohe Gewicht und lange Reisestrecken mit der begrenzten Energie eines Elektroantriebs nicht gut vertragen, nimmt das Geschäft mit umfunktionierten, elektrischen Vans und Transportern an Fahrt auf. 

Das Angebot an solchen E-Fahrzeugen sei inzwischen gut, heißt es bei Hymer, außerdem steige mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur die Akzeptanz des Elektroantriebs. Noch im ersten Halbjahr 2023 wolle das Unternehmen mit der Produktion des Crosscamp Flex Zafira-e beginnen. Später solle die Basisvariante Crosscamp Lite Zafira-e mit reduzierter Campingausstattung folgen. Weil allein der elektrische Zafira-e schon über 60.000 Euro kostet, wird der Crosscamp sicherlich nicht unter 70.000 Euro zu haben sein. 

Auch ein elektrischer Urban Camper und ebenfalls kein Schnäppchen ist das Wohnmobil, das auf dem elektrischen Mercedes-Van EQV basiert. Die Schweizer Firma Sortimo Walter Rüegg ist einer der Anbieter, die die Großraumlimousine mit Stern zum eCamper umbauen. Anders als bei Verbrenner-Wohnmobilen, die Mercedes als eigene Baureihe unter der Marke Marco Polo anbietet, überlassen die Stuttgarter bei den Elektro-Campern bislang solchen externen Dienstleistern das Feld. 

Das Elektro-Wohnmobil gibt es bei Sortimo in zwei Varianten. Ist der EQV 300 die Basis, dann verfügt der Camper über eine 100 Kilowattstunden-Batterie, die eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern bietet. Die günstigere Variante auf Basis des EQV 250 dürfte mit einer Akkuladung maximal 200 Kilometer weit kommen. Wie beim Zafira-e gibt es ein Doppelbett unter einem Aufstelldach und eine weitere Schlafeinheit im Fonds, dazu eine Küche im Kofferraumbereich. Der Camping-Mercedes kostet mindestens 71.000 Euro. Und mehr geht immer: Beim niederländischen Umrüster Tonke gibt es auch eine 90.000-Euro-Variante. 

Elektrischer Minicamper für zwei
Auf der Stuttgarter Freizeitmesse CMT (Caravaning, Motor, Touristik) feiert ein erster Camper-Ausbau für den ID.Buzz Premiere Quelle: SPX Michael Lennartz
Der Bankunterbau wird für drei Schubladen genutzt. Eine davon beherbergt eine 20-Liter-Kompressor-Kühlbox, die anderen beiden dienen als Stauraum Quelle: SPX Michael Lennartz
Mit einem Tarif deutlich jenseits der 80.000 Euro ist zu rechnen Quelle: SPX Michael Lennartz
 pinecamper, ein kleiner Hersteller und Spezialist für Mini-Camper verwandelt den E-Bulli in ein hippes Fahrzeug für das boomende „Vanlife“ Quelle: SPX Michael Lennartz

Ganz ähnlich wie der Sortimo-Umbau ist das Konzept des Konkurrenten Yellowcamper. Doch anders als Sortimo, wo man für die Stromversorgung von Innenraum und Klimaanlage eine zusätzlich eingebaute Batterie nutzt, verwendet das ebenfalls schweizerische Unternehmen Yellowcamper dafür die Antriebsbatterie. Diese unterschiedlichen Ansätze führen zu einer grundlegenden Frage: Sind Elektrofahrzeuge als Wohnmobile besonders gut geeignet, weil sie durch ihre Antriebsbatterie stets eine große Strommenge mitführen? 

Eigentlich wäre das naheliegend: Die Antriebsbatterie würde für eine 230-Volt-Stromversorgung im Innenraum reichen, klassische Steckdosen inklusive. Der Anschluss von Handyladegerät, Fernseher, E-Bike oder Elektrogrill wäre ein Kinderspiel. Das setzt aber eine ausgeklügelte Elektronik und Stromregelung voraus – etwas, das viele der kleinen Umrüster überfordert. 

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