Schon 2018 soll der südostasiatische Länder-Bund vier bis fünf Millionen Einheiten schwer sein. Damit steigt die Region zum sechstgrößte Automobilmarkt der Welt auf - wenn nicht noch höher.
Das Zentrum dieser Entwicklung ist Thailand. "Dort haben wir in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung gesehen mit Zuwachsraten von rund 20 Prozent", berichtet Manfred Bender. Vertriebsleiter für Europa und Asia/Pazifik der Industriellen Messtechnik von Carl Zeiss. Zeiss macht rund die Hälfte seines Umsatzes mit Messgeräten für die Automobilindustrie, mit denen in der Produktion Karosserie- und Motorenteile auf ihre korrekten Maße überprüft werden. Von der Entwicklung in Thailand konnte der Konzern enorm profitieren. Bender lobt die thailändische Infrastruktur und Logistik: "Thailand ist ein idealer Standort, weil sie von dort aus ganz Südostasien bedienen können."
Und ganz wichtig: Das politische Umfeld stimmt. Seit kurzem fördert die thailändische Regierung sogar alternative Antriebe mit steuerlichen Vergünstigungen. Ein Anreiz, dort neue Technologien anzusiedeln und auszuprobieren. Außerdem müssen Unternehmen in Thailand keinen heimischen Joint-Venture-Partner ins Boot holen - ausländischer Konzerne dürfen 100-prozentige Tochtergesellschaften gründen.
Jan Rönnfeld, Hauptgeschäftsführer der Auslandshandelskammer und Delegierter der deutschen Wirtschaft in Indonesien: "Die thailändische Regierung hat bereits vor zehn Jahren gezielt die Automobilindustrie mit einer Reihe von Fördermaßnahmen angelockt." Entstanden sind riesige, mehrere Quadratkilometer große Industriezonen, mit hunderten von Firmen. "Vor allem Japaner nutzen diese Zonen sehr stark", beobachtet Bender von Zeiss. Toyota, Honda und andere japanische Autobauer haben sich so in Thailand einen strategischen Knotenpunkt für Produktion und Vertrieb aufgebaut.
Mit Erfolg. Im vergangenen Jahr überholte Thailand den größten Rivalen in der ASEAN-Region: Indonesien. Jetzt ist Thailand größter Automarkt. Doch die Krone wird Indonesien den Nachbarn nicht lange überlassen. Analysten gehen davon aus, dass Indonesien innerhalb eines Jahrzehnts zum größten Automobilmarkt innerhalb der ASEAN-Region aufsteigen wird - mit rund 3 Millionen Einheiten.
Kfz-Produktion in ASEAN-Ländern 2012:
Land | Pkw | Nutzfahrzeuge | Insgesamt | Veränderung |
Thailand | 958.000 | 1,5 Millionen | 2,5 Millionen | + 68 % |
Indonesien | 744.000 | 322.000 | 1,1 Millionen | + 27 % |
Malaysia | 510.000 | 60.000 | 569.000 | + 7 % |
Philippinen | 26.000 | 49.000 | 75.000 | + 16 % |
Vietnam | 42.000 | 32.000 | 73.000 | - 27% |
Quelle: Asean Automotive Federation (AAF)
Spätestens 2015, wenn sämtliche Güter zwischen den ASEAN-Staaten zollfrei gehandelt werden, wird Indonesien einen Investitionsboom erleben, meinen Experten wie Roland Rhode. Er analysiert den indonesischen Automarkt für seinen Arbeitgeber Germany Trade & Invest - der Bundesgesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing. "Die Autokonzerne und ihre Zulieferer dürften sich dann mit ihren Investitionen auf Indonesien als größte Wirtschaft innerhalb der Zollunion konzentrieren".
Womit Indonesien punktet - und womit nicht
Mit 240 Millionen Einwohnern ist Indonesien das viertgrößte Land der Welt – und seit der Asien-Krise 1998 ein Markt mit konstanten Wachstumsraten. Trotz ethnischer Vielfalt gilt der demokratische Staat als politisch stabil.
Die Hauptstadt versinkt im Dauerstau, das Land ist auf 17.000 Inseln verteilt. Das erhöht die Logistikkosten und verlängert die Lieferzeiten. Für Hersteller zeitsensibler Güter ist das Land kein guter Standort.
Um die lokale Wertschöpfung zu steigern, erhebt Indonesien in Branchen wie Pharma- oder Ölindustrie hohe Zölle. Wer vor Ort investiert, kann sie umgehen. Ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indonesien fehlt.
Ohne Schmiergeld ist es schwer, an staatliche Aufträge zu kommen, klagen Investoren. Bei privaten Unternehmen laufen die Geschäfte sauber ab.
In Jakarta stehen über 150 Einkaufsmalls – größer, schicker und voller als deutsche Flaniermeilen. Die kaufkräftige Mittelschicht wächst.
Denn Indonesien vereint mit 240 Millionen Einwohnern fast vierzig Prozent der Bevölkerung der ASEAN-Region auf sich. Und obwohl die Städte von Staus verstopft sind, werden motorisierte Zweiräder, aber gerade auch Autos immer beliebter. Bisher haben nur 50 von 1000 Indonesiern ein Auto - der Aufholbedarf ist immens.
Kfz-Absatz in ASEAN-Ländern 2012:
Land | Pkw | Nutzfahrzeuge | Insgesamt | Veränderung |
Thailand | 694.000 | 742.000 | 1,4 Millionen | +81 % |
Indonesien | 781.000 | 335.000 | 1,1 Millionen | + 25 % |
Malaysia | 552.000 | 76.000 | 628.000 | + 5 % |
Quelle: Asean Automotive Federation (AAF)
Die Krux an der Sache: Die deutschen Hersteller profitieren bisher kaum von der Goldgräberstimmung in Indonesien - und laufen damit Gefahr den bereits in Gang gekommenen Aufschwung der Region zu verschlafen.