Nichts ist unmöglich – in der Autobranche war dieser Slogan über Jahre von Toyota reserviert. Nun kann der Spruch problemlos auf die Konkurrenz übertragen werden: SUV-Modelle von Sport- und Luxuswagenbauern wie Jaguar, Rolls-Royce, Bentley oder Maserati waren über Jahre schlicht undenkbar. Heute ist nichts mehr unmöglich.
Bentley hat inzwischen den Bentayga im Programm, der Stelvio von Alfa Romeo liegt in den letzten Entwicklungs-Zügen. Maserati hat vor wenigen Wochen zur ersten Ausfahrt mit dem Levante in die Toskana geladen, seit Mitte April steht mit dem F-Pace das erste SUV der Marke Jaguar bei den Händlern. Einzig bis der Rolls-Royce „for everywhere“ auf den Markt kommt, werden noch zwei bis drei Jahre vergehen. Gegen Crossover-Modelle haben sich dagegen McLaren und Ferrari entschieden. Doch wie lange die inzwischen teilweise börsennotierten Italiener dem SUV-Boom widerstehen können, ist offen.
Mit ihren Offroad-Modellen springen die Luxusmarken auf den größten Auto-Trend der vergangenen Jahre auf. Elektroautos haben sich noch nicht durchgesetzt, die zunehmende Vernetzung und das autonome Fahren werden von vielen Kunden kritisch gesehen. Nur eines scheint unaufhaltbar: Wer seine Stückzahlen erhöhen oder neue Kundengruppen erschließen will, kommt kaum am SUV vorbei.
Die beliebtesten SUV im Januar
Modell: Audi Q7
Neuzulassungen: 1.332 Fahrzeuge
Quelle: Kraftfahrtbundesamt
Modell: Hyundai Tucson
Neuzulassungen: 1.515 Fahrzeuge
Modell: Audi Q5
Neuzulassungen: 1.549 Fahrzeuge
Modell: Opel Mokka
Neuzulassungen: 1.818 Fahrzeuge
Modell: BMW X1
Neuzulassungen: 1.848 Fahrzeuge
Modell: Nissan Qashqai
Neuzulassungen: 1.854 Fahrzeuge
Modell: Ford Kuga
Neuzulassungen: 1.911 Fahrzeuge
Modell: Mercedes GLC
Neuzulassungen: 1.973 Fahrzeuge
Modell: Audi Q3
Neuzulassungen: 2.586 Fahrzeuge
Modell: VW Tiguan
Neuzulassungen: 4.426 Fahrzeuge
Ganz gleich, in welche Statistik man schaut: Die größten Gewinner auf dem deutschen Markt waren 2015 Ssangyong, Jeep und Land Rover – allesamt auf SUV spezialisiert. Auch auf Monatsbasis gehören die Offroader zu den größten Gewinnern: Geländewagen und SUV – in der Auswertung des Kraftfahrtbundesamtes getrennt aufgeführt – haben mit zusammengerechnet rund 60.000 Neuzulassungen Klein- und Mittelklassewagen längst überholt. Nur die Kompakten mit dem in Deutschland alles überragenden VW Golf haben noch die Nase vorn.
SUV sind der größte Wachstumstreiber
Doch während das Kompakt-Segment im April um 5,5 Prozent zugelegt hat, haben die SUV einen Sprung von 24,3 Prozent hingelegt. Die Treiber hier sind nicht die Exoten von Bentley und Maserati am oberen Ende der Skala, sondern die kleinen und mittleren SUV. Jaguar etwa rechnet damit, dass das Segment der Mittelklasse-SUV in den kommenden fünf Jahren um 50 Prozent wachsen wird – auf 1,4 Millionen Fahrzeuge pro Jahr.
Aus diesem Grund haben sich die Briten bei ihrem ersten SUV auch bewusst für einen Mittelklasse-Ableger entschieden. Zur Erinnerung: Die deutschen Premiummarken sind mit der Mercedes M-Klasse, dem BMW X5, Audi Q7 und Porsche Cayenne allesamt in der Offroad-Oberklasse eingestiegen. Jaguar erhofft sich hingegen den „Evoque-Effekt“: Als die Schwestermarke Land Rover vor fünf Jahren den eigenwilligen Geländewagen Freelander durch das stadttaugliche SUV Evoque ersetzte, wurde die Einstiegs-Baureihe auf Anhieb vom Ladenhüter zum Bestseller.
Ähnliche Erwartungen werden an den F-Pace gestellt, der seit dem 16. April im Handel ist. „Der F-Pace wird unser bestverkauftes Modell“, ist sich Jaguar-Land-Rover-Deutschlandchef Peter Modelhart sicher. „Land Rover ist seit zehn Jahren auf Wachstumskurs, jetzt nimmt Jaguar Fahrt auf.“ Die aktuellen Zahlen können Modelhart positiv stimmen: Mit den ersten Zulassungen des F-Pace auf Händler und Kunden kam Jaguar im April auf ein Wachstum von 85 Prozent. Im März – also gänzlich ohne den Einmal-Effekt des neuen SUV-Modells – lagen die Briten noch 69 Prozent im Plus.
Auch in den kommenden Monaten wird der F-Pace Jaguar kräftig im Plus halten. 1000 Kundenbestellungen liegen laut Modelhart bereits vor. Ein beachtlicher Wert, denn einschließlich April wurden in Deutschland in diesem Jahr rund 2500 Fahrzeuge mit der Raubkatze im Logo zum ersten Mal zugelassen.
Für Jaguar mag das viel sein, auf dem deutschen Gesamtmarkt ist es aber ein verschwindend geringer Anteil. Für 2016 geht das Analysehaus IHS Automotive von 3,35 Millionen Neuwagen aus, ein Plus von 5,5 Prozent. Angetrieben werde dieses Wachstum von „Modellneuheiten in boomenden Segmenten wie dem VW Tiguan und dem Audi Q2“.