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Auto Show Detroit Der US-Motor läuft und läuft und läuft

Die Auto-Show in Detroit hat begonnen und mit ihr ein neues Jahr, das beste Wachstumschancen auf dem amerikanischen Markt verspricht. Nur eine deutsche Marke fährt hinterher.

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Mehr Power für das Land
Audi Q7 Quelle: Audi
BMW M6 Quelle: BMW
Mini JCW Quelle: Mini
Mercedes GLE Quelle: Daimler
VW Cross Blue Coupé Quelle: Volkswagen
Cadillac CTS-V Quelle: Cadillac
Chevrolet Volt Quelle: Chevrolet

Das Thermometer zeigt 28 Grad Fahrenheit – zwei Grad Celcius unter Null, doch in den Messehallen bringen die Scheinwerfer das Autoblech zum Glühen. Die North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit, Michigan, hat ihre Tore geöffnet.

Die Schau in Detroit markiert traditionell den Auftakt des Autojahres in den USA. 2015 hat man allerdings den Eindruck, die Hersteller haben ihr Pulver bereits auf der Consumer Eletronics Show in Las Vegas verschossen. Audi ließ seinen A7 autonom aus dem Silicon Valley ins Casino-El-Dorado fahren, Daimler-Chef Dieter Zetsche brachte die selbstfahrende Konzeptstudie F015 mit und tönte: „Wir werden sicher schon in den nächsten Jahren auch mit höheren Geschwindigkeiten auf Strecken wie Autobahnen autonom unterwegs sein“.

Der futuristische Wagen mit weißen, zueinander ausgerichteten Schalensitzen im extralangen Fond ist jetzt ebenfalls in Detroit zu sehen. Schon im nächsten Jahrzehnt, so Zetsche, sehe er solche Fahrzeuge auf der Straße.

Drei Pick-ups an der Spitze
Das meistverkaufte Auto in den USA war 2014 erneut der Pick-up der Ford F-Serie. Trotz des bevorstehenden Modellwechsels entschieden sich 753.851 Kunden für den bulligen Allrader, wie aus einer Erhebung der Webseite „Good Car Bad Car“ hervorgeht. Im Vorjahr waren es noch 763.402 Neuzulassungen. Quelle: Presse
Rang zwei geht an das Konkurrenzmodell Chevrolet Silverado mit 529.755 Neuzulassungen. 2013 waren es noch 480.414, damit verkürzt Chevy den Abstand zu Ford. Quelle: Presse
Wie sich die Bilder gleichen: Die Chrysler-Tochter Ram (vormals Dodge) landet - natürlich - mit einem Pick-up auf Rang drei. 439.789 Modelle der Baureihe wurden 2014 in den USA verkauft. Quelle: Presse
Der bestverkaufte klassische Pkw in den USA war 2014 Toyotas Mittelklassemodell Camry; 428.606 Neuzulassungen reichten für Gesamtrang vier. Damit macht ein PKW 2014 Platz für ein Pick-up, denn im Vorjahr war der Camry noch mit 408.484 Neuzulassungen auf dem dritten Rang gelandet. Quelle: Presse
Generell sind die Asiaten stark: Mit dem Honda Accord, dem Toyota Corolla (hier im Bild) , dem Nissan Altima sowie den Honda-Modellen CR-V und Civic gehen auch die Plätze fünf bis neun an Importeure aus Fernost. Quelle: Presse
Generell sind die Asiaten stark: Mit dem Honda Accord, dem Toyota Corolla, dem Nissan Altima (hier im Bild) sowie den Honda-Modellen CR-V und Civic gehen auch die Plätze fünf bis neun an Importeure aus Fernost. Quelle: Presse
Auf Rang zehn findet sich der Ford Fusion, die US-Version des Ford Mondeo. Quelle: Presse

Daimler, aber auch die anderen deutschen Autobauer haben sich viel vorgenommen – auf dem amerikanischen Markt stehen die Chancen besonders gut, einiges davon rasch umzusetzen. Die Absatzaussichten sind hervorragend - besonders im Segment der SUV und Pick Ups, die allein im letzten Jahr 53 Prozent aller Autokäufe in den USA ausmachten. Daimler reist daher mit vier neuen oder runderneuerten SUV-Modelle nach Detroit - allen voran das erstmals gezeigte GLE Coupé, mit dem die Stuttgarter BMWs X6 Konkurrenz machen wollen. Zum Auftakt steigt Mercedes am US-Markt mit den hochpotenten AMG-Versionen GLE 63 und GLE 450 ein. Damit entspricht der Autobauer dem Wunsch der US-Händler, die in den über 500 PS starken Varianten das ertragsreichste Geschäft wittern. Audi zeigt die zweite Generation seines Fünf-Meter-SUVs Q7, BMW die überarbeiteten 560-PS-SUVs X5 M und X6 M.

Ja, in den USA liebe man nicht nur das Steak etwas größer, scherzt der Daimler-Chef. "Für einer Amerikaner ist es erstrebenswert ein großes Auto zu fahren", sagt Zetsche. Man müsse die Unterschiede zu Europa bedenken - riesige Entfernungen, die es zu überwinden gilt, ein abseits der Metropolen wenig ausgeprägtes öffentliches Verkehrswesen, aber auch größere Familien, mit mehr Platzbedarf. Kurz: viele gute Gründe für ein neues, möglichst großes Auto. 

Premium-Markt in den USA erholt sich

Damit stellen die USA gemeinsam mit China den wachstumsstärksten Automarkt der Welt. Das CAR Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen geht davon aus, dass in diesem Jahr 48 Prozent aller Neuwagenkäufe von chinesischen oder amerikanischen Kunden ausgehen. "Schon 2016“, prognostiziert CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer, „wird der US-Automarkt mit einem neuen absoluten Verkaufsrekord von 17,45 Millionen Neuwagen abschließen.“ Das Horrorjahr 2009, in dem General Motors und Chrysler als Folge der Finanzkrise und des komplett zusammengebrochenen Automarktes Insolvenz anmelden mussten, wirkt wie ein böser Traum, aus dem alle endlich wieder erwacht sind. Jetzt es ist es Zeit für den neuen american dream der Autoindustrie.

 

Das Wachstum des amerikanischen Automarkts wird von mehreren Faktoren getrieben:

  • Dank Fracking – der Gewinnung von Brennstoff aus Schiefergas – sind Benzin und Diesel in den USA mittelfristig günstig zu haben

  • Die US-Bevölkerung wächst und sie ist verhältnismäßig jung und autoaffin

  • Innovationen aus dem Software- und IT-Sektor sorgen für ein hohes Tempo in Forschung und Entwicklung

  • Die USA stehen dem Autonomen Fahren weniger kritisch gegenüber als Deutschland und Europa

Das sollen die Autos der Zukunft sein
In sein erstes selbstfahrendes Auto baute der Internet-Gigant Google Lenkrad und Pedale nur ein, weil es gesetzlich noch vorgeschrieben ist. Technisch nötig wäre es bei dem Versuchsfahrzeug nicht mehr. "Unternehmen der Technologie-Branche rücken immer tiefer ins einstige Hoheitsgebiet der Autoindustrie vor", sagt Autoexperte Thilo Koslowski vom IT-Marktforscher Gartner. Das treffe nicht nur die Fahrzeuge, sondern - was viel gravierender ist - auch das Geschäftsmodell. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Mehrheit der Autoindustrie gewappnet ist, dem Druck der neuen Player standzuhalten", sagt der Gartner-Analyst. Quelle: Presse
Auch Branchenexperte Stefan Bratzel sieht neue Spieler im Anmarsch. "Insbesondere die Big-Data Player der IT-Industrie spielen künftig in der Wertschöpfungskette der Automobilindustrie eine sehr wichtige Rolle", analysiert er. Die Autobauer agierten derzeit nach dem Modell der "Co-opetition": Kooperation und Wettbewerb zugleich. So arbeiten sie einerseits vor allem mit Apple und Google zusammen, um Smartphones und Apps ins Auto zu bringen. "Andererseits sehen sie die IT-Player auch als künftige Konkurrenten für den Mobilitätskunden der Zukunft und wollen ihnen keinen umfassenden Zugang zum Auto gewähren", betont Bratzel. Quelle: Presse
In den nächsten Wochen wird der Kampf um die Zukunft des Autos gleich zwei Mal im Rampenlicht ausgetragen: Bei der Elektronik-Messe CES (6. bis 9. Januar) in Las Vegas und danach der Automesse in Detroit (12. bis 25. Januar), dem Herzen der amerikanischen Fahrzeugindustrie. Die CES, auf der früher traditionell eher Fernseher, Hifi oder Computer vorgestellt wurden, wurde in den vergangenen Jahren immer mehr auch zur Autoshow. Im vergangenen Jahr wurde Audi-Chef Rupert Stadler zu seiner Eröffnungs-Keynote in einem selbstfahrenden Auto des Unternehmens auf die Bühne kutschiert. Quelle: Presse
Diesmal übernimmt Daimler-Chef Dieter Zetsche diesen zentralen Auftritt. Kurz vor der Messe wurde eine wegweisende Partnerschaft bekannt: Der südkoreanische Elektronikriese LG soll mit seinen Stereokameras die "Augen" für die automatisierten Autos von Mercedes liefern. Quelle: Presse
Die Mercedes-Studie - hier mit CES-Messechef Gary Shapiro - namens F015 war dann tatsächlich ein gewaltiger Hingucker. Neben Design, Front und Rädern wirkt vor allem das Innenraumkonzept konsequent futuristisch. Selbstverständlich soll das Modell autonom fahren, die Insassen sitzen sich auf drehbarem Lounge-Gestühl gegenüber und beschäftigen sich anderweitig. Quelle: REUTERS
Luxury in motion ist der Beiname, den Mercedes der Studie F 015 gibt. Sie steuert gestützt auf Stereokameras, Ultraschall- und Radarsensoren durch den Verkehr. Dem Fahrer stehen Informationen auf einem breiten Hauptbildschirm im digitalen Armaturenträger sowie auf einem Head-up-Display zur Verfügung. Mit mit einer Länge von 5,22 Meter und 3,61 Meter Radstand hat die Studie Maybach-Abmessungen. Geprägt wird ihr Auftritt durch große Flächen, Alulook und 26 Zoll-Räder. Quelle: REUTERS
In der mit Leder, Edelhölzern und viel Glas gestalteten ambientebeleuchteten Lounge können Reisende während der Fahrt entspannen, kommunizieren und arbeiten. Die vorderen beiden Einzelsitze sind drehbar. Integrierte Monitore stellen cloud-basiert alle notwenigen Daten, Apps und Funktionalitäten bereit und werden per Gesten, Eye-Tracking oder Berührung gesteuert.   Quelle: REUTERS

Obwohl mit Bosch, Continental und ZF mit dem eben übernommenem US-Konzern TRW drei der weltweit führenden Zulieferer im Schlüsselbereich Vernetzung aus Deutschland stammen und ihre Technologien vorrangig bei den Premiumherstellern Einsatz finden, besteht die Gefahr, dass die deutsche Autoindustrie hier ins Hintertreffen gerät.

 

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